Projektmanagement als Grundlage einer EAI

Damit die Einführung eines Middleware-Layers auch den erhofften Nutzen bringt, empfiehlt sich eine iterative Projektmethodik.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/05

     

Ohne effektives Projektmanagement kann EAI (Enterprise Application Integration) in einem Unternehmen zu einer Büchse der Pandora werden. Denn Integration ist keine punktuelle Angelegenheit, sondern ein komplexer, länger dauernder Prozess.
EAI definiert als Ziel die uneingeschränkte Benutzung von Daten und Geschäftsprozessen unter allen möglichen verbundenen Anwendungen und Datenquellen in einem Unternehmen. Dies soll möglich sein, ohne dass Applikationen oder Datenstrukturen dafür aufwendig verändert werden müssen. Nur wenn dies gelingt, kann EAI funktionell und wertvermehrend sein.
In den meisten Fällen genügt allerdings bereits eine Teilintegration der Systeme, um eine markante Steigerung der Effizienz zu erreichen. Grundsätzlich kann man sich auch bei EAI an die bekannte 20/80-Faustregel halten, nach der 80 Prozent der Ziele mit 20 Prozent des Aufwands erreicht werden können.


Was bringt EAI

Die traditionelle Middleware arbeitet mit Message-Queuing oder RPC (Remote Procedure Call). Sie bietet nur Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zwischen jeweils zwei Systemen. Das Einbinden weiterer Systeme führt in einer solchen Landschaft mit der Zeit zu einer komplexen Verwicklung der Verbindungen, und die Applikationen oder die Datenspeicher müssen aufwendig angepasst werden. Es entsteht so eine dezentralisierte und schwer zu wartende Architektur, ohne zentrale Kontrolle und zentrales Management, in der Änderungen nur mit einem grossen Aufwand zu bewerkstelligen sind, und man endet schliesslich bei einem Flickwerk ohne übergeordnete Strategie.





Moderne EAI-Architekturen setzen demgegenüber auf einen Middleware-Layer. Damit lassen sich die Anzahl Verbindungen enorm reduzieren und damit die meisten der oben erwähnten Probleme verringern. Diese Middleware übernimmt die Kommunikation mit den beteiligten Systemen, konvertiert die Informationen in ein einheitliches Format – meistens XML (Extensible Markup Language) – und verteilt die Informationen wieder an die Zielsysteme über die dort verfügbaren Kommunikationseinrichtungen und im daselbst erwarteten Format.
Sichere Übertragung, Geschäftsprozesssteuerung, transaktionale Verarbeitung, Prozessmonitoring, Partnermanagement und Sicherheit (sowohl Identifikation des Senders gegenüber dem Empfänger wie auch Verschlüsselung und Zertifizierung) sind weitere Funktionen, die von einem solchen Middleware-Layer bereitgestellt werden sollten.
Mit BizTalk Server 2004 steht heute für Microsoft-Umgebungen eine Middleware zur Verfügung, die diese Bedürfnisse dank einer Vielzahl von Adaptern auch in heterogenen Systemumfeldern abdecken kann.







Mit der Zeit, wenn ein Grossteil der internen und externen Schnittstellen eines Unternehmens über einen Middleware-Layer realisiert sind, ergeben sich noch weitere Vorteile: Neue Schnittstellen können erheblich schneller implementiert werden, und hochintegrierte, monolithische Anwendungen, deren Wartung und Migration meist einem Alptraum gleicht, können einfach in kleine, übersichtliche Module überführt werden.




Komponenten des Microsoft BizTalk Server 2004


Iterative Projektmethode

Die vielen Vorteile dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass EAI-Projekte zu den komplexesten Informatikaufgaben gehören. Um alle möglichen Fallstricke zu umgehen, ist ein gutes Projektmanagement unumgänglich. Heute steht dafür eine Reihe von Projektmethoden zur Verfügung. Bewährt haben sich insbesondere Vorgehensweisen, die iterativ und inkrementell ausgelegt sind. 1eEurope hat mit Team1 Engagement Cycle eine solche Methode entwickelt.
Bevor ein Unternehmen die Grundsatzentscheidung Middleware-Layer oder Punkt-zu-Punkt fällt, muss es erst einmal seine IT-Architektur aus der Vogelperspektive betrachten. Die Prozesse und Daten, die im Unternehmen vorhanden sind, müssen in ihrem Kontext verstanden werden. Wenn dieser Zusammenhang geklärt ist, gilt es, diejenigen Applikationen zu bestimmen, die Informationen austauschen müssen und auf welche Weise dies geschehen soll. Sind diese grundsätzlichen Anforderungen bekannt, so können in einem nächsten Schritt Architektur und Technologie, welche die Probleme lösen sollen, evaluiert werden.


Nutzen sichtbar machen

Technologie wird in einem Unternehmen nicht der Technologie wegen eingesetzt. Sie muss einen messbaren Nutzen bringen. EAI ist da keine Ausnahme. Eine ganzheitliche Projektmethode berücksichtigt darum ganz am Anfang den möglichen Geschäftsnutzen und den ROI (Return on Investment), um einem künftigen Anwender schon früh ein Gefühl für das Potential «seiner» EAI zu geben.
Während für einen Techniker der Nutzen eines Middleware-Layers klar sein mag, stellt sich nämlich das Management eines Unternehmens ganz andere Fragen: Wird der Aufwand für die Implementierung eines solchen Layers durch einen Zugewinn an Qualität und/oder Leistung im Unternehmen gerechtfertigt? Bekomme ich durch die Middleware einen Wettbewerbsvorteil gegenüber meinen Konkurrenten? Wird die Kundenfreundlichkeit gesteigert? Ist dieser Middleware-Layer eine kurzfristige oder langfristige Angelegenheit? Und, vielleicht am wichtigsten, mit welchen Kennzahlen kann der Erfolg gemessen werden?


Geschäftsprozesskennntnis ist zwingend nötig

Um diese Fragen überhaupt beantworten zu können, muss eine Grundbedingung erfüllt sein: An einem EAI-Projekt muss zwingend jemand beteiligt sein, der die Geschäftsprozesse im Unternehmen gänzlich kennt. Nur in Kenntnis dieser Informationen kann der Grad der Integration bestimmt werden, denn die Prozesse, die in Frage kommen, müssen mit Hilfe der Technologie erst einmal optimierbar sein.


Messgrössen definieren

Damit der Zugewinn, den ein Middleware-Layer bringen würde, berechnet werden kann, müssen Messgrössen bestimmt werden, die den Erfolg in Zahlen ausdrücken. Dabei können aus den aktuellen Unternehmenszahlen die Zielvorgaben definiert werden. Diese werden dann mit dem geplanten Aufwand und dem erwarteten Ertrag des Middleware-Layers verglichen, um daraus den erwarteten Mehrwert zu bestimmen.





Denn die richtige Middleware kann einen signifikanten wirtschaftlichen Nutzen bringen: Pirelli hat als erstes Unternehmen der Reifenbranche ein Integrationsprojekt in die Wege geleitet, um die Vertriebspartner in die eigene Datenverarbeitung zu integrieren. Dafür wurden mehr als 6000 Firmen mit 100 verschiedenen Anwendungen und Übertragungstechniken zusammengeführt. Durch die Integration konnten die Prozesskosten um 8 Prozent, das Marketingbudget um 10 Prozent und die Vertriebsausgaben gleichfalls um 10 Prozent gesenkt werden. Zusätzlich stiegen dank der effizienteren Prozesse die Verkäufe um 5 Prozent.






Durch dieses Beispiel wird ersichtlich, dass auch anfänglich hoch erscheinende Investitionskosten eines Middleware-Layers durch verbesserte Kennzahlen und eine gesteigerte Kundenzufriedenheit mehr als wettgemacht werden können.




Anwendungsgebiete für Middleware-Layer


End-to-End-Begleitung

Damit diese Versprechen auch Realität werden können, ist ein gutes Projektmanagement nötig. Ein solches begleitet den Anwender vom ersten Kontakt über die Auslieferung bis zum Support. Eine saubere Organisation bietet dabei Transparenz in jeder Phase und sichert die Budgetkontrolle. Für eine optimale Begleitung und damit sichergestellt ist, dass der kritische Pfad nicht verlassen wird, empfiehlt sich ein iteratives Vorgehen. Das Projektmanagement muss dabei einen anwenderspezifischen und zielgerichteten Ansatz verfolgen. Neben einer lückenlosen Dokumentation und dem Einbinden aller Stakeholder innerhalb des Unternehmens ist auch ein permanentes Monitoring der Projektrisiken verbunden mit einer Konzentration auf die vitalen Interessen des Unternehmens unerlässlich. Dazu gehört unter anderem auch, dass die getroffene Technologiewahl in einer frühen Projektphase noch einmal überprüft wird.





Der Team1 Engagement Cycle


Iteratives Vorgehen

1eEurope setzt mit Team1 (siehe Abbildung des Engagement Cycle) eine Methode ein, die in definierten Iterationen durch das Projekt führt. In einem ersten Schritt (Vorprojekt) werden mit dem Kunden eine Vision entwickelt und ein mögliches Vorgehen erarbeitet sowie die Iterationen geplant. In jeder Iteration werden dann alle Phasen durchlaufen. Dieses Vorgehen ermöglicht es, auch grosse EAI-Projekte zu bewältigen. Der Auftraggeber erhält so die Sicherheit, dass das Projekt bezüglich des Zeitplans und des Budgets auch realisiert werden kann. Am Ende jeder Iteration steht ein zuvor klar definiertes und damit überprüfbares Ergebnis.
Eine gut geplante und implementierte Middleware bringt eine enorme Steigerung der Produktivität, der Durchlaufzeiten, der Kundenzufriedenheit und des Auftragsvolumens eines Unternehmens. Grundvoraussetzungen für ein erfolgreiches Projekt sind ein umfassendes Wissen über die zu integrierenden Systeme, eine seriöse Risikoanalyse und das Einbinden aller betroffenen Kreise, begleitet von einem effektiven und sauber strukturierten Projektmanagement.


Gründe für die Einbindung eines Middleware-Layers


• Applikationen und Daten existieren auf unterschiedlichen Umgebungen und verhindern daher den optimalen Zugriff auf relevante Daten.


• Das Unternehmen ist durch Fusion oder Akquisition gewachsen und besitzt dadurch eine heterogene Informatik-Umgebung.


• Die Architektur im Unternehmen ist unkontrolliert erweitert worden.


• Im Unternehmen findet man sehr grosse verteilte Anwendungen mit Hunderten oder Tausenden von Benutzern, unterschiedlichsten Plattformen und diversen Proto-
kollen.


Der Autor

Simon Blättler ist dipl. Ing. FH in Informatik und arbeitet zurzeit als Technology Consultant bei der 1eEurope (Switzerland) AG. Er beschäftigt sich schwergewichtig mit EAI- und BizTalk-Server-Lösungen.




Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Was für Schuhe trug der gestiefelte Kater?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER