Mike Widmer, Präsident von Openlaw

«Die Urheberrechtsrevision kann Open Source gefährden.»

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/21

     

Bis Ende Januar 2005 läuft die Vernehmlassung zur Revision des Urheberrechtsgesetzes. Welche Neuerungen bringt es?

Die wesentlichsten Neuerungen betreffen die Einführung des Umgehungsverbotes für technische Schutzmassnahmen (DRM), die Klarstellung des On-Demand-Rechts und die Einführung einer Geräteabgabe sowie neuer Schutzausnahmen.





In der Open-Source-Gemeinde regt sich Widerstand gegen das novellierte Urheberrechtsgesetz. Weshalb?

Der Entwurf führt mit Art. 39a E-URG den rechtlichen Schutz technischer Massnahmen ein, die Rechtsinhaber im digitalen Umfeld einsetzen, um die Nutzung ihrer Werke zu kontrollieren oder unerlaubte Verwendungen zu verhindern. Solche technischen Massnahmen (Digital Rights Management), könnten in Kombination
mit dem rechtlichen Schutz dazu führen, dass Open Source Software nicht mehr auf Computern installiert werden kann oder DRM-geschützte Werke (Musik, Literatur etc.) von Open Source Software nicht wiedergegeben werden können. Es ist somit die konkrete Ausgestaltung und nicht das DRM als solches, welches für Open Source eine indirekte Gefahr darstellt.



Gilt das Open-Source-Prinzip nur für Software?

Nein, das Prinzip lässt sich auch auf andere Werkarten (Musik, Literatur, Kunst) übertragen. In den USA hat Creative Commons (www.creativecommons.org) diverse standardisierte Lizenzen erarbeitet, welche dem Urheber auf einfache Art und Weise erlauben, die Bedingungen der Weiterverwendung seines Werkes zu bestimmen. Im International Commons Projekt werden diese Lizenzen in vielen Ländern übersetzt und an das nationale Recht angepasst. In der Schweiz wird dies von Openlaw durchgeführt und koordiniert.



Soll das Urheberrecht abgeschafft werden?

Nein, denn ohne das Urheberrecht hätte der Entwickler nicht das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und unter welchen Bedingungen sein Werk verwendet wird. Folglich könnte er nicht durchsetzen, dass seine Software nur unter den Bedingungen einer Open-Source-Lizenz verwendet werden darf. Open Source ist somit wie die proprietäre Softwareindustrie auf das Bestehen des Urheberrechts angewiesen. Im Gegensatz zu letzterer verwendet Open Source das Urheberrecht allerdings dazu, dem Benutzer umfassende Nutzungsfreiheiten einzuräumen und zu
sichern.



Kann man sich an der Revision beteiligen?

Wer seine Meinung im Bereich Open Source/Open Content einbringen möchte, kann sich bei Openlaw, der Plattform für Recht und freie Software (www.openlaw.ch – siehe Seite 57 Usergroup), melden und bei der Vernehmlassungsantwort mithelfen.




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