IT-Chef A. ist sauer. Soeben hat er an der Geschäftsleitungs-Sitzung erfahren, dass sein Evaluationsprojekt für die Migration auf Windows Vista «vorerst» auf Eis gelegt ist. Der CEO und der Finanzchef begründen dies damit, dass die Umstellung auf Windows XP vor zweieinhalb Jahren erfolgreich durchgeführt wurde, dass dieses Betriebssystem zuverlässig seine Dienste verrichte und dass es deshalb vor allem auch kostenseitig nicht opportun sei, bereits jetzt wieder ein Migrationsprojekt zu starten.
Im Prinzip ist IT-Chef A. zwar mit der Einschätzung, dass übertriebene Vista-Hektik fehl am Platz ist, durchaus einverstanden. Auch mit dem Argument, vor der Veröffentlichung des Service Pack 1 (SP1) – voraussichtlich Anfang 2008 – gebe es keinen Grund, auf das neue Microsoft-OS zu migrieren. Diesen Vorbehalt hat er sogar selber zur Sprache gebracht, allerdings aus einem anderen Grund: Er wollte damit der versammelten Geschäftsleitung zu verstehen geben, dass ein Umstieg auf Vista gut überlegt sein will, es aber an Fahrlässigkeit grenzt, wenn man nicht frühzeitig mit der Evaluation, Planung und Konzeption der Migration beginnt. Angesichts der Tatsache, dass ein solcher Umstieg in einem grösseren Unternehmen wie diesem alles in allem bis zu 18 Monate in Anspruch nehme, könne man nicht beliebig lange zuwarten, warnte er.
Der Ärger von IT-Chef A. ist begreiflich, vor allem, weil er auch mit seiner Forderung, nach Erscheinen des SP1 mit der Migrationsplanung vorwärtszumachen, auf taube Ohren gestossen ist. Seine Argumente pro Vista – massiv verstärkte Sicherheitsfunktionen, bessere Einbindung von mobilen Anwendern, erweiterte Kollaborations-Features und leichtere Verwaltbarkeit – haben «vorerst» nicht gefruchtet.
So verständlich der Ärger von IT-Chef A. ist, so nachvollziehbar ist auch der Entscheid der Geschäftsleitung – nachvollziehbar, aber nicht unbedingt richtig. Denn auch wenn Windows XP zuverlässig läuft, sollte ein grosses Unternehmen wissen, dass die nächste Migration zumindest als Möglichkeit ins Auge gefasst und diskutiert werden muss. Nur schon der übliche Drei-Jahres-Zyklus bei der Hardware-Neubeschaffung legt eine frühzeitige Evaluation und Planung im Hinblick auf Vista nahe. Diesbezüglich – das zeigen alle einschlägigen Umfragen – haben Unternehmen, die noch mit Windows 2000 oder gar NT 4 operieren, kaum die Qual der Wahl. Für die meisten von ihnen ist klar: Die Migration auf Vista muss noch im Jahr 2008 stattfinden, sonst ist zum Teil mit weitgreifenden Risiken zu rechnen.
Doch auch XP-Anwenderfirmen wie im oben skizzierten fiktiven Beispiel müssen sich bewusst sein: Die Frage lautet nicht ob, sondern wann und wie der Umstieg auf Vista bewerkstelligt wird. Und dies ist weniger ein technologischer als vielmehr ein strategischer und businessrelevanter Entscheid. Denn die erwähnten Verbesserungen in Windows Vista haben direkte Auswirkungen auf die Flexibilität und Produktivität im Unternehmen selber und in seiner Interaktion mit Kunden und Geschäftspartnern – vor allem im Zusammenspiel mit Office 2007, SharePoint 2007 und dem kommenden Office Communications Server 2007. Das oft gehörte Argument, viele ältere Applikationen seien auf Vista gar nicht oder nur beschränkt lauffähig, sticht auch nicht wirklich. Mit Hilfe von Applikations-Virtualisierung lassen sich diese nämlich in jedem Fall in Vista betreiben.