Filemaker 9: Die Leichtigkeit des Seins


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/15

     

Mit den Versionen Pro, Pro Advanced, Server und Server Advanced versteht sich Filemaker als Datenbanksystem, das sowohl für Einsteiger wie für Geschäftsumgebungen geeignet ist. Die Advanced-Varianten enthalten zusätzliche Entwicklerwerkzeuge, die bei Pro vor allem die Erstellung einer Runtime-Version der entwickelten Applikationen erlauben und in der Serverversion Web-Publishing und Datenquellen betreffen.
Die neue Version von Filemaker bringt viele kleinere und einige tiefgreifende Verbesserungen. Die spektakulärste dürfte der Umgang mit SQL-Datenbanken sein.



Vom umfassenden Umgang mit SQL-Datenquellen waren Filemaker-Anwender bisher ausgeschlossen. Theoretisch war es zwar möglich, eine SQL-Datenquelle von einer Filemaker-Datenbank aus abzufragen. SQL-Datensätze konnten jedoch nur importiert und nicht verändert werden. Es handelte sich also eher um einen Datenaustausch als einen Datenbank-Zugriff. Da dies zudem relativ umständlich zu realisieren war, scheuten sich die meisten Entwickler davor.


Referenz auf SQL-Datenbanken

Mit Filemaker 9 funktioniert der Zugriff auf eine SQL-Datenbank jetzt einfach und direkt, und er verlangt nicht einmal SQL-Kenntnisse. Dahinter steckt die mit Filemaker 7 eingeführte Referenz auf eine Datenquelle, mit der die Daten eines Dokuments genutzt werden können, als ob sie in der eigenen Datenbank lägen. Dies ermöglicht, Applikationen zu entwickeln, welche die Daten in einem Dokument speichern, die Layouts und Scripts jedoch in einem andern Dokument ablegen. So kann etwa eine Adressdatenbank von der Debitorenbuchhaltung aus benutzt und verwaltet werden.

Mit Filemaker 9 ist es nun möglich, eine solche Referenz auch zu einer SQL-Datenbank herzustellen. Ist der entsprechende ODBC-Treiber installiert, kann man auf SQL-Datenbanken zugreifen und Ansichten und Tabellen der aktuellen Datenbank hinzufügen. Zertifiziert wurden dafür bisher Microsofts SQL Server 2000 und 2005, Oracle 9g und 10g sowie MySQL 5.0 in der Community Edition. Entdeckt Filemaker im Dialog «Externe Datenquellen» eine dieser Datenbanken, braucht man sie nur noch anzuwählen und sich zu authentifizieren.



Obwohl die Daten in der SQL-Datenbank bleiben, kann man mit Filemaker 9 damit arbeiten, als handle es sich um Filemaker-Daten, und sie für Formeln und Zusammenfassungen benutzen. Durch die Verbindung werden sie immer automatisch auf dem neuesten Stand gehalten. Sie lassen sich editieren und in die Datenbank zurückschreiben. Mit den entsprechenden Rechten können sogar Datensätze kreiert oder gelöscht werden. Diese Rechte liegen natürlich weiterhin beim SQL-Datenbank-Administrator und müssen von diesem vergeben werden.
Änderungen an der SQL-Datenbankstruktur sind von Filemaker aus allerdings nicht möglich, denn er versteht sich als eigenes Datenbanksystem und nicht etwa als SQL-Front-end.


Peer-to-Peer oder Server?

Dank Peer-to-Peer-Verbindungen zwischen Filemaker-Arbeitsplätzen können sich kleine Unternehmen eine Lizenz für Filemaker Server sparen, da nun wieder bis zu neun Mitarbeiter gemeinsam an einer Filemaker-Datenbank arbeiten können. In der letzten Version waren es nur vier. Um eine entsprechende Vernetzung zu beschleunigen, lässt sich über den Link-Befehl im Dateimenü per E-Mail ein Hyperlink an andere Anwender schicken, den diese nur anzuklicken brauchen, um Zutritt zu bekommen.

Dennoch dürfte auch für kleinere Arbeitsgruppen Filemaker Server letztlich die bessere Lösung sein, insbesondere, da dessen Installation mit Version 9 vereinfacht wurde. Selbst Anfänger sollten es jetzt in weniger als einer halben Stunde schaffen, Filemaker 9 Server aufzusetzen.



Filemaker Server kommt mit einer neuen Adminkonsole, die jedem Rechner im Netzwerk zur Verfügung steht. Eine Software­installation auf den Clients ist nicht nötig, da die Applikation Java-basiert ist und über den Browser aufgerufen wird. Damit ist der Server problemlos auch remote administrierbar. Alle installierten Dienste und deren Status sind mit einem Blick zu übersehen.


Ein Backup-Assistent hilft, Datenverluste zu vermeiden, indem er erlaubt, Dateien zeitgesteuert zu sichern. Sogar ScriptMaker-Scripts lassen sich auf dem Server zeitgesteuert ausführen. FileMaker 9 Server kann zudem automatisch Mails an den Administrator schicken, um ihn zu informieren, etwa ob die zeitgesteuerte Ausführung der Scripts funktioniert hat.
Der Server erlaubt das parallele Einbinden von 250 Anwendern. Zusätzlich bietet sich Server Advanced als ODBC/JDBC-Datenquelle an und gestattet bis zu 100 Usern, parallel Instant-Web-Publishing zu nutzen.


Web-Publikation

Im Web-Bereich ist die Unterstützung von PHP neu. Für die Programmierung von Web-Anwendungen bedeutet dessen Einbindung in Filemaker 9 Server eine interessante Ergänzung zu den bisher eingesetzten XML- und XSLT-Technologien.


Mit den neuen Features können selbst PHP-unerfahrene Anwender Informationen auf externen Webseiten publizieren, Angaben über Web-Besucher sammeln und neue Lösungen kreieren. Ein PHP-Assistent nimmt ihnen dabei das Erstellen der Seiten ab. Aber selbst erfahrenere Web-Designer können beim Aufbauen eines Grundgerüsts vom PHP-Assistenten profitieren. Und selbstverständlich übernimmt auch das Hochladen der Datenbanken auf den Server ein Assistent.
Gleich nach der Installation lässt sich alles live anhand einer Testseite mit Beispieldatenbanken und PHP- und XLST-Elementen überprüfen und ausprobieren.


Bessere Scriptverwaltung

Wer mit Filemaker komplexere Anwendungen programmiert, kommt um Scripts nicht herum, die sich schnell epidemisch vermehren können. Auch hier bietet Filemaker einige interessante Neuerungen.

Die Scriptverwaltung ermöglicht nun, die Listenansicht der Scripts einerseits in Gruppen zu ordnen und anderseits mit Trennstrichen zu unterteilen. Ein neu hinzugekommenes Suchfeld im Scriptfenster bietet die Möglichkeit, nach Worten in den Scriptnamen zu suchen, um so die Zahl der aufgelisteten Scripts einzuschränken. Auch die Gruppen können einzeln gezeigt werden. Entwickler und Anwender haben auf diese Weise kürzere und sinnvoll sortierte Scriptlisten vor sich.
Die für Entwickler wahrscheinlich interessanteste Neuerung ist jedoch die Möglichkeit, mehrere Scriptfenster gleichzeitig offen zu halten. Damit wird der Austausch von Scriptschritten via Copy/Paste einfacher, und man erspart sich manch überflüssiges Klicken. Auch das lästige Schliessen des Scriptfensters, wenn man einen Test fahren will, ist nicht mehr nötig. All dies erleichtert Entwicklern die Arbeit.
Irritierend ist dabei höchstens, dass für Kopieren und Einsetzen nur die Tastenkürzel zur Verfügung stehen und auch ein geändertes Script nicht mit einem Button im Fenster gesichert oder verworfen werden kann. Dies ist nur über das Scriptsmenü möglich. Versucht man allerdings, das Fenster zu schliessen oder das Script abzuspielen, erfolgt eine entsprechende Warnung..


Ein paar kleinere Verbesserungen hat auch der Script-Debugger erfahren, was Tests vereinfacht und transparenter macht. So lassen sich beispielsweise Feldinhalte und die Werte von Variablen während des Debugging komfortabler verfolgen.


Produktiv arbeiten

Wer sich mit Design und Pflege von Datenbanken beschäftigt, weiss auch kleine Vereinfachungen zu schätzen. Besonders interessant ist die Funktion «an PDF anhängen». Seit Version 7 können Filemaker-Datensätze als PDF gesichert werden. Nun gibt es zusätzlich einen Scriptschritt, mit dem sich als PDF exportierte Layouts an ein bereits bestehendes PDF-Dokument anhängen lassen, etwa die Abrechnung vom August an diejenige von Juni und Juli.

Das funktioniert sogar mit unterschiedlichen Layouts. Die Funktion erweist sich als praktisches Feature für die Archivierung und zum Erstellen von Reports mit unterschiedlichen Layouts. Doch Vorsicht: Das Feature funktioniert in einer Runtime-Version so wenig wie der PDF-Export – wahrscheinlich aus lizenzrechtlichen Gründen. Hier muss nach wie vor auf einen PDF-Drucker zurückgegriffen werden.


Neu ist die Möglichkeit, Felder mit dynamischen Formatierungen zu versehen. Im Informationsdialog zum Objekt lassen sich Anker setzen, die bestimmen, ob eine Seite eines Objekts einen festgelegten Abstand zu einzelnen Fensterrändern hat, um es mit wechselnder Fenstergrösse mitwachsen zu lassen.



Dass Felder automatisch in Abhängigkeit von den enthaltenen Werten formatiert werden, liess sich bisher nur über zusätzliche Formelfelder realisieren. Eine überfällige Rechnung rot erscheinen zu lassen, war entsprechend aufwendig.
Mit dem Punkt «Bedingte Formatierung» im Kontextmenü kann nun jedes Feld einzeln auf Feldinhalte geprüft und festgelegt werden, wie dies die Formatierung beeinflusst. Dabei wird entweder auf den Feldwert oder auf das Ergebnis einer Formel abgestellt. Beim Check von Feldwerten stehen Zahlen-, Datums- und String-Vergleiche zur Verfügung, für Formelberechnungen das Standard-Formel-Fenster.

Neu kann auch die Breite von Registern unabhängig von der Länge des Namens fixiert werden, und beim Layoutwechsel lässt sich festlegen, welche Register aktiv sind.

Schliesslich wurde noch die Rechtschreibeprüfung verbessert. Bisher konnte sie nur für die gesamte Datenbank ein- oder ausgeschaltet werden. Da eine Prüfung aber für viele Inhalte nicht sinnvoll ist, wurde sie meist einfach beiseite gelassen. Mit Filemaker 9 lässt sich die Rechtschreibung jetzt für jedes einzelne Feld in der Verhalten-Dialogbox beliebig ein- oder ausschalten. Während also beispielsweise Name oder URL nicht überprüft werden, bleibt die Option für einen vom Anwender individuell zu schreibenden Textblock eingeschaltet, denn dort kann sie sehr wohl nützlich sein.
Alles in allem bleibt festzustellen, dass Filemaker auch in der neuen Version mit den erweiterten Funktionen eine flexible und benutzerfreundliche Datenbanklösung geblieben ist, die sich für Anfänger und Fortgeschrittene gleichermassen eignet.




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