Noch vor nicht allzu vielen Jahren wurden Computerprobleme von einem Techniker aus dem eigenen Hause gelöst. Bei einem Problem mit der Hardware, Anwendungen oder Netzwerkverbindungen hat der Anwender einfach beim IT-Support angerufen und ein Techniker ist vorbeigekommen. Dieser hat dann vermutlich sein ganzes Arsenal eingesetzt: seine Erfahrung, verschiedene Bedienungsanleitungen, Schulungswissen und natürlich Informationen, die er bei einem Telefonanruf den Lieferanten entlockt hat. Mit etwas Glück hat der Techniker das Problem oft auf der Stelle gelöst.
So war das damals. Wenn die Technologie noch immer auf diese Art und Weise gewartet werden würde, würde die IT-Abteilung exorbitanten Kosten, drohenden IT-Ausfällen, unzufriedenen und unproduktiven Endanwendern anheimfallen und die Geschäftsleitung den Wert der IT schliesslich in Frage stellen.
Heute gibt es deshalb bei den meisten IT-Unternehmen mindestens einen Service-Desk, der sich der Probleme der Endanwender annimmt. Um jedoch den steigenden Anforderungen und dem zunehmenden Kostendruck standhalten zu können, muss der Service-Desk zu einer ausgefeilten Schaltstelle für Fehlerbehebung werden, der Endanwender rund um den Globus unterstützt. Bei den Unternehmen, die am Puls der Zeit agieren, wird der Service-Desk im Jahr 2010 mit dem heutigen nicht mehr viel zu tun haben.
Die Notwendigkeit der Änderung
Immer mehr CEOs verlangen eine rationellere Arbeitsweise des IT-Supports, da der tagtägliche Betrieb in wesentlich höherem Umfang auf Technologie aufbaut und weil sie die Möglichkeit erkannt haben, sich durch Technologie einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Von der IT wird zunehmend erhofft, dass sie den Weg für Verbesserungen der Geschäftsabläufe bereitet. Da IT-Abteilungen jedoch mit dem Beheben von technischen Problemen ausgelastet sind, wird dadurch die Fähigkeit zu Verbesserungen von Geschäftsabläufen, die zusehends von dieser Technik abhängig sind, zunehmend beeinträchtigt.
Nicht nur Führungskräfte stellen höhere Ansprüche an die IT, Endanwender tun dies gleichermassen. In den letzten fünf Jahren hat sich nicht nur die Abhängigkeit von der Technik immer mehr zugespitzt, sondern auch der Anspruch an den IT-Support. In einer kürzlich durchgeführten Studie über den Unisys-Support für Endanwender in mehr als 250 Unternehmen stellte sich heraus, dass in rund drei Vierteln der grossen Unternehmen (mit einem Erlös von mindestens einer Milliarde Dollar) 90 Prozent der Mitarbeiter mit Computern oder anderen digitalen Geräten arbeiten. In fast zwei Dritteln der Unternehmen werden Computer oder andere digitale Geräte an einem Arbeitstag mindestens 50 Prozent länger eingesetzt als noch vor fünf Jahren. In fast jedem dritten der untersuchten Unternehmen hatte sich die Dauer der Computernutzung mindestens verdoppelt.
Die IT steckt damit in der Zwickmühle: Einerseits soll mehr Wert geschaffen und nicht nur die Technologie repariert werden, andererseits soll mehr Technologie als je zuvor repariert werden – schneller und kostengünstiger. Um der Zwickmühle zu entkommen, müssen die IT-Abteilungen den verschiedenen Aspekten mit einer ausgefeilten Strategie zu Leibe rücken:
- Ressourceneinsatz: Dem effizienten Einsatz der Ressourcen kommt eine entscheidende Bedeutung zu, da der enormen Nachfrage nach IT-Support mit begrenzten Mitteln entsprochen werden muss. Deshalb muss festgelegt werden, welche Mitarbeiter, Positionen und Funktionsbereiche den meisten Support benötigen, und der Support ist dann an die verschiedenen Endanwenderkategorien anzupassen. In jeder grossen Organisation haben manche Funktionsbereiche (und sogar die Mitarbeiter eines Funktionsbereichs) einen wesentlich grösseren Einfluss auf die täglichen Einnahmen als andere und hängen in höherem Umfang von der Technik ab als andere. Die Einteilung der Endanwender verbessert die betriebliche Effektivität dadurch, dass die Bereiche mit dem grössten Einfluss eine höhere Priorität erhalten.
- Investitionen: IT und Geschäftsabläufe von Weltrang werden nicht über Nacht eingerichtet. Dazu gehören jahrelange Erfahrung, Schulungen und die Investition in spezifische Ressourcen. Technologien wie beispielsweise Ferndiagnosesoftware können die Effizienz und Effektivität des Endanwender-Supports durch die Verlagerung auf kostengünstigere und schnellere Lösungen verbessern. Durch solche Technologien werden auch die Supportmitarbeiter sachkundiger und effektiver. Dafür sind jedoch erhebliche Investitionen erforderlich. Der Kauf der richtigen Technologien und deren Beherrschung müssen für einen IT-Support, der auch zukünftig erfolgreich sein will, zum Mittelpunkt des Handelns und zur Kernkompetenz werden.
- Sourcing-Entscheidungen: Angesichts dieser Erwartungshaltung sehen sich führende IT-Unternehmen dem Problem gegenüber, die Fachkräfte und finanziellen Mittel für Management, Verfahren, Technologien und Fähigkeiten bereitzustellen, die für herausragende Leistungen in allen Bereichen erforderlich sind. Mehr als je zuvor müssen Unternehmen eine effektive Sourcing-Strategie zum Mittelpunkt ihrer internen IT-Investitionen machen und Ressourcen für diejenigen Bereiche zur Verfügung stellen, durch die sich das Unternehmen deutlich abgrenzen kann. Daher müssen Routinebetrieb und Nicht-Kernkompetenzen verstärkt ausgelagert werden. Durch das teilweise oder gesamte Outsourcing des Supports können IT-Dienstleister den Weg frei machen, um sich auf die Verbesserung der Produktivität der wichtigsten Endanwender eines Unternehmens zu konzentrieren.
Anforderungen an den Service-Desk 2010
In einer Zukunft, in der IT-Unternehmen einen ausgeklügelten Endanwender-Support bereitstellen müssen, wird sich der Service-Desk drastisch vom heutigen unterscheiden. Mit der Optimierung des Ressourceneinsatzes durch eine Kategorisierung der Endanwender, der Investition in Supporttechnologien und der Erstellung des richtigen Outsourcing-Modells werden IT-Dienstleister zunehmend auf den Service-Desk als Kommando- und Kontrollzentrum zurückgreifen müssen. Im Jahr 2010 wird der Service-Desk:
- Wesentlich mehr Probleme ohne Eskalation bearbeiten
Je grösser die Anzahl der Probleme ist, die ohne einen Support-Techniker oder anderweitige Eingriffe gelöst werden können, desto niedriger sind die Kosten für die Bereitstellung des Supports. Technologie spielt eine entscheidende Bedeutung dabei, die Art des Supports vom Reparieren vor Ort hin zu zentralisiertem Fernsupport zu verlagern. Unter der Voraussetzung, dass die Investitionen vorgenommen wurden (und 91 Prozent der Unternehmen in der Unisys-Studie, die hervorragenden Support bieten, arbeiten bereits mit der Ferndiagnose der Endanwendertechnologie), wird der Service-Desk eine erheblich höhere Anzahl an Störungen bearbeiten können, ohne einen spezialisierten Techniker in Anspruch nehmen zu müssen. Jeder wiederholbare Supportvorgang, der ohne einen Eingriff vor Ort behoben werden kann, stellt eine mögliche Lösung durch den Service-Desk dar.
Da sich die Bandbreite der Probleme erhöht, mit denen der Service-Desk zurechtkommen muss, müssen auch die Supportmitarbeiter über wesentlich umfangreichere technische Kenntnisse, analytische Fähigkeiten und Lösungskompetenzen verfügen, um technologische Probleme kompetent beheben zu können. Dazu werden die Mitarbeiter umfassende technische Schulungen erhalten und mit den verwendeten Wissensdatenbanken und Supportsystemen vertraut sein.
Die gründliche Dokumentierung der Supportvorgänge in einem integrierten Wissensmanagementsystem wird zur täglichen Routine des Service-Desk gehören. Mit den Informationen – vor allem Angaben über Endanwender (Wer sind diese? Welche Aufgaben haben sie? Welche Geräte, Software und Netzwerkverbindungen werden verwendet?), Supportvorfälle, Verfahren, mit denen solche Vorfälle in der Vergangenheit gelöst wurden, technische Spezifikationen, Zugangsrechte zu Informationen und Sicherheit – wird eine komplexe Datenbank für den Service-Desk entstehen, durch die noch mehr Probleme gelöst werden können. Unabhängig von der Anzahl der Service-Desks in einem globalen Unternehmen werden diese als Einheit funktionieren und ihr Wissen regions- und bereichs-
übergreifend gemeinsam nutzen. Ein Problem, das von einem Service-Desk in Osteuropa behoben wurde, wird umgehend von einem Mitarbeiter in den USA aufgerufen werden können, der mit einem ähnlichen Problem konfrontiert ist.
Die Wissensmanagementsysteme werden in den Prozess der Leistungserbringung eingegliedert, wenn Probleme an spezialisierte Supportteams eskaliert werden müssen. Erhalten die Mitarbeiter des Service-Desk Service-Tickets, Benachrichtigungen mit detaillierten Angaben über den Endanwender, Geräte, frühere Störungen und darüber, wie andere Techniker das aktuelle Problem gelöst haben, dann verfügen sie über bessere Voraussetzungen, um ihre Arbeit kompetent zu erledigen.
- Vorausschauendes Service- und Infrastrukturmanagement
Durch Supporttechnologien wird nicht nur die Kapazität für ferngesteuerte Diagnosen und Reparaturen erhöht, sondern der Service-Desk kann auch hinsichtlich der Infrastruktur vorausschauender handeln. Angesichts der Tatsache, dass viele technische Störungen aus der Ferne behoben werden, wird der Service-Desk in höherem Umfang das tägliche Management der technischen Anlage und Geräte übernehmen können. Der Service-Desk muss über die Fertigkeiten verfügen, eine mögliche Störung zu antizipieren und nach Bedarf neue Versionen, Patches und anderweitige Software an die Mitarbeiter zu übermitteln.
- Kundenzentrierte Services
Im Jahr 2010 werden Supportunternehmen den Kundenstamm, das heisst die Endanwender, je nach Bedeutung für das Unternehmen in Kategorien eingeteilt haben. Dadurch entstehen strukturierte Endanwender-Services, die einen besseren Support, verschiedene Services und vorrangigen Support für die wichtigsten Mitarbeiter des Unternehmens darstellen. Das ist eines der grundlegenden Prinzipien des Customer Relationship Management (CRM), das in anderen Branchen schon seit langem angewandt wird, um die Ressourcen speziell in den Bereichen einzusetzen, in denen die höchsten Erträge erwirtschaftet werden.
Für den IT-Support bedeutet das, dass CRM weit über das blosse Festlegen der Servicelevel für die verschiedenen Endanwendergruppen hinausgeht. Der IT-Support wird über ein Portfolio an Services, Verfahrensweisen und Bearbeitungszeiten verfügen, die dem Bedarf der unterschiedlichen Kundenkategorien entsprechen. Für den Service-Desk bedeutet das ein System, mit dem schnell interne Kunden und deren Servicebedarf ermittelt werden können. Für die Mitarbeiter des Service-Desk bedeutet das, dass sie vielseitig sein müssen, um sowohl sehr dringende und mitarbeiterintensive Bedürfnisse als auch Routineanfragen bewältigen zu können.
Alle Mitarbeiter eines Unternehmens sind in höherem Umfang auf die Technik angewiesen, daher bestehen heutzutage höhere Anforderungen an den Service, die zukünftig sogar noch anspruchsvoller werden. Trotz der Vielfältigkeit des Supports, den sich Endanwender untereinander bieten, müssen sich die Verantwortlichen des Service-Desk eine neue, kundenzentrierte Denkweise zulegen. Ein herausragender Kundenservice muss bei jeder Störung oberste Priorität haben. Die Mitarbeiter des Service-Desk werden über eine grössere soziale Kompetenz und Offenheit im Umgang mit technisch versierten Endanwendern verfügen. Sie werden ebenso über die Fähigkeit verfügen, sich über verschiedene Kommunikationskanäle und nicht nur über das Telefon zu verständigen. Die Service-Desks werden für die wichtigsten Endanwender jeden Tag rund um die Uhr zugänglich sein – unabhängig davon, ob sie sich in ihrem Büro befinden oder an verschiedenen Orten rund um den Globus. Zudem werden die Service-Desks über variable Ressourcenmodelle verfügen, damit die Kapazitäten bei hoher und geringer Nachfrage unkompliziert und wirtschaftlich eingesetzt werden, während den Kunden ein einheitlich hoher Servicestandard geboten wird.
- Kontinuierliche Verbesserung der Effizienz und der Effektivität
Durch Kostendruck und Qualitätsanforderungen werden Support-Unternehmen zu einem reibungslosen Ablauf gezwungen. Sogar leistungsstarke Unternehmen werden solche Methoden wie Six Sigma zur kontinuierlichen Verbesserung des tagtäglichen Geschäftsbetriebs einsetzen müssen. Mit standardisierten Prozessen auf globaler Ebene im Servicemanagement und der Leistungserbringung werden IT-Support-Unternehmen die nötige Kontrolle erhalten, um effektiv und effizient zu arbeiten. Damit der Service-Desk die Arbeitsabläufe optimieren kann, wird der IT-Support über umfangreiches Wissen im Bereich Service-Desk sowie über Kenntnisse der jeweiligen Branche und üblichen Geschäftsprozesse verfügen müssen.
Dieser Aspekt wird zunehmend an Bedeutung gewinnen, da die Services den Kundenkategorien angepasst werden. Die vom Service-Desk gepflegten Wissensdatenbanken werden eine unschätzbare Quelle sein, um Entwicklungen und Ursachen technologischer Problemen auf die Spur zu kommen. Dadurch können Störungen schnell behoben und zukünftige Servicevorfälle antizipiert werden. Der Wert von Ad-hoc- und projektspezifischen Analysen hat einige führende Unternehmen bereits davon überzeugt, Analytiker in ihre Service-Desk-Teams aufzunehmen. Mit den entsprechenden analytischen Fertigkeiten, Fokus und Zielstellungen sowie der Durchführung der Analysen und Verbreitung der Informationen innerhalb des Supportunternehmens kann der Service-Desk ausserordentlich zur Verbesserung der Performance beitragen.
Fazit
Der Service-Desk der Zukunft wird zum zentralen Element und Impulsgeber des Supportunternehmens für Endanwender werden: Zentraler erster Ansprechpartner in Sachen Support für Endanwender, Löser der grossen Mehrzahl von Servicevorfällen, vorausschauender Technologiemanager zum Ausbau der Fertigkeiten zur Vermeidung von Servicefällen, Zentrale zur Verfolgung des Services über ein integriertes Supportnetzwerk hinweg und nicht zuletzt Hüter von Wissensdatenbanken, mit deren Hilfe der Service verbessert werden kann.
Um diese Rollen zu erfüllen, müssen die Mitarbeiter des Service-Desk über technische Kompetenz und umfangreiches Wissen über das Geschäft und die Technologie verfügen sowie über die Kenntnisse, Wissensdatenbanken und Systeme für den Support nutzen zu können. Zu ihren Eigenschaften wird eine hohe soziale Kompetenz gehören, die Fähigkeit, sich über viele Kommunikationskanäle verständigen zu können, sowie der Wille, aus eigenem Antrieb einen ausgezeichneten Kundenservice zu bieten. Im Jahr 2010 muss der Service-Desk auf wesentlich ausgereiftere Abläufe zurückgreifen können, um eine vielschichtigere und anspruchsvollere Endanwender-Gemeinschaft zu unterstützen.
Der Autor
Peter Ronchetti ist Mitglied der Geschäftsleitung, Global Outsourcing and Infrastructure Services, bei Unisys.