Editorial

Dump your brain, please!


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/12

     

Wissen ist Macht, wenn man in der entsprechenden Position sitzt. Doch Wissen ist heute vor allem auch Zeit und somit Geld. Ganze Branchen leben vom Wissen ihrer Mitarbeiter und von deren Beziehungen zu anderen Menschen mit ergänzendem Know-how. Die Problematik dabei ist die Volatilität des Wissens, das nicht ohne weiteres aufbewahrt oder von anderen genutzt werden kann. Wissen kann zwar vermittelt werden, doch ist dazu die Bereitschaft desjenigen nötig, der das Wissen besitzt. Und etwas Zeit, die er vielleicht gerade nicht hat. Oft wird dieser Zeitmangel zum Dauerzustand, der so lange andauert, bis der Wissensträger sein Unternehmen wechselt oder in Pension geht. Dann geht sein Wissen dem Unternehmen verloren, was natürlich einen Wertverlust bedeutet.


Doch nicht nur der Verlust von Wissen stellt heute in vielen Unternehmen ein Problem dar. Auch das Wissen, das zwar bei einer Person vorhanden wäre, aber aus Unwissenheit anderer Mitarbeiter über dieses Vorhandensein nicht effizient genutzt werden kann, wird mit zunehmender Unternehmensgrösse zur Regel. Was im Marketing gegenüber Kunden schon lange vermittelt wird – nämlich was ein Unternehmen zu bieten hat –, wird firmenintern auf individueller Ebene oft nicht kommuniziert. Dabei wäre es mit den heutigen technischen Mitteln ein leichtes, das Profil jedes Mitarbeiters gleich bei dessen Eintritt zu erfassen und zum Beispiel im Rahmen von Qualifizierungsgesprächen regelmässig zu aktualisieren. Der Mitarbeiter kann gewisse Informationen auch selber pflegen und bestimmen, welchem Personenkreis er sie zur Verfügung stellen möchte. Dadurch ist auch der Datenschutz gewährleistet.



Neben diesem «Skills»-Profil tragen auch andere Informationen dazu bei, die Kartografie über das Wissen der einzelnen Personen im Unternehmen zu vervollständigen. Zum Beispiel weiss man ja ziemlich genau, wer woran arbeitet, und kann anhand der dokumentierten Arbeitsresultate und deren Zugehörigkeit zu einzelnen Fachgebieten oder Projekten Rückschluss auf das Wissen einer Person ziehen. Das lässt sich sogar automatisieren, so dass das Profil mit jedem neuen Dokument, das ein Mitarbeiter erstellt, kompletter wird. Mit einem solchen Ansatz werden auch die Hauptprobleme, nämlich die Unlust des Mitarbeiters, sein Wissen zu dokumentieren, und sein Zeitmangel, der diese Lust auch nicht unbedingt fördert, elegant umgangen, denn der Mitarbeiter wird in seiner Arbeit überhaupt nicht tangiert. Und im Unterschied zu den unstrukturiert angelegten Dokumenten, die jemand im Laufe seiner Karriere schreibt und deren Inhalt für Dritte nicht ohne weiteres von Nutzen ist, ergibt sich plötzlich ein allgemein verständliches Bild über das Wissen, das sich hinter den Informationen versteckt.


Bleibt das Problem des Wissensverlustes beim Austritt des Mitarbeiters, das auch mit einem noch so guten Profil nicht verhindert werden kann. Immerhin weiss man aber durch das Profil viel besser, welches Wissen verlorengeht, und kann entsprechend reagieren. Und vielleicht wird es ja eines Tages möglich sein, den Inhalt unserer Gehirne auf eine Festplatte zu kopieren. Dann blieben die gescheiten Ideen auch der Nachwelt erhalten.




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