Hand in Hand statt Sieg des Stärkeren!
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/10
Kein vernünftiger Bauherr wird einem Architekten vorschreiben, mit welchem Material dieser zu bauen hat – und schon gar nicht wird er ihn erst dann mit Planung und Umsetzung eines Bauvorhabens beauftragen, wenn das Fundament bereits gegossen ist. Vielmehr begreift der Bauherr die Innovationskraft des Architekten als Inspiration und nutzt dessen Ideen (sofern nicht zu weltfremd), um darauf aufbauend seine Wünsche zu entwickeln. Der Architekt seinerseits versucht, mit seinen Möglichkeiten die Anforderungen des Bauherrn auf optimale Weise zu erfüllen. Selbstverständlich geht das nicht ohne fortwährenden Dialog, will man nicht nach Abschluss der Bauarbeiten aufgrund fehlender oder missverständlicher Kommunikation eine Fertigteilgarage vorfinden anstatt der gewünschten Villa.
Warum also sieht die Sache in Unternehmen zwischen Management- und IT-Seite oft so anders aus? Warum ziehen nicht auch hier alle Beteiligten an einem Strang? Warum lässt man der IT nicht den kreativen Spielraum, den man einem Architekten zubilligt? Vielleicht schlägt sie ja etwas vor, das man sich insgeheim wünscht, aber noch für unmöglich hält! Und vielleicht ist dieses Neue ja mit einem wesentlich geringeren Budget realisierbar als angenommen und bringt zudem einen viel grösseren Nutzen, Arbeitserleichterung und einen Wettbewerbsvorteil? Kein Unternehmen kann sich heutzutage den Verzicht auf moderne IT-Hilfsmittel erlauben, will es am Markt konkurrenzfähig bleiben – und trotzdem wird die IT nur selten in ihrer ganzen Bedeutung als Produktionsinstrument und wesentlicher Faktor für den Unternehmenserfolg gesehen. Der Krebsschaden dabei: mangelhafte Kommunikation. Denn neben dem CIO, der für Nicht-Informatiker unverständlich kommuniziert, muss sich auch die Geschäftsleitung fragen lassen, wann und in welcher Form sie die IT in wesentliche Unternehmensentscheidungen eingebunden hat.
Doch leider ist der CIO allzu oft ein Enfant perdu. Um nicht länger auf verlorenem Posten zu stehen, braucht er deshalb Unterstützung durch das Management; im Idealfall sollte er sogar selbst vollwertiges Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglied sein. Statt dessen wird er nur selten frühzeitig in die strategische Unternehmensplanung einbezogen, was die Ausrichtung der IT an der Geschäftsstrategie verzögert, wenn nicht sogar verhindert. Sie gerät in einen rein reaktiven Modus. Ihre Vorschläge werden nur aus der bestehenden technologischen Ist-Situation heraus vorangetrieben (Ölheizung), anstatt strategisch und innovativ ausgelegt zu sein (Solarkollektoren). Langfristig muss die IT ihre Sonderstellung verlieren und als ein wesentlicher Bestandteil der Value Chain gesehen werden – nicht als x-beliebiges Produktionsmittel oder reiner Kostenfaktor. Mit diesem Bewusstsein wird es gelingen, einen höheren Mehrwert aus der Informationstechnologie herauszuholen und ihr einen neuen Stellenwert im Unternehmen zu geben.
Volkmar Eich ist Geschäftsführer von Avanade Schweiz GmbH.