Editorial

IT muss inszeniert werden


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/09

     

Der Graben zwischen IT- und Business-Nutzern ist gross. Die IT wird in den meisten Unternehmen primär als Kostenfaktor und als etwas schwierig zu benutzendes wahrgenommen. Ein Grund dafür ist die traditionelle IT-Kultur: coole Kunden­ignoranz, die ihren Ausdruck in miserabler Usability und falscher Funktionalität findet. Ein interner Hang zu Bleeding-Edge-Technologien und Hacker-Divenkult, der viele Projekte scheitern lässt. Und die Unfähigkeit, Produktmaturität vor dem Ausliefern zu erreichen. Alles Kultureigenschaften, die langsam transformiert werden müssen hin zu einer echten Ingenieurs­kultur. Doch darauf zu warten, dass dies gelingt, dauert zu lange – zumal die Wahrnehmung der IT eines Unternehmens auch vom Ruf der ganzen Branche mitbestimmt wird. Deshalb hilft nur eine gekonnte IT-Inszenierung im eigenen Unternehmen.


In der Entwicklungsphase muss die Anwendungslogik durch Interaktion im Kleinen zwischen Entwicklern und Mitarbeitern aus dem Business definiert werden. Eine Inszenierungsmethodik dafür ist Extreme Programming mit Businessleuten im Entwicklungsteam. Zusätzlich muss die IT im Unternehmen permanent vermarktet werden, um breite Akzeptanz zu gewinnen. Und Vermarkten heisst: Geschichten erzählen und Marketing-Shows liefern.



Zynisch gesagt: Das Business ist für die IT, was die Aktionäre einer grossen Publikumsgesellschaft für die Geschäftsleitung sind – Eigentümer, die geführt werden müssen. Ein CEO, der seine Aktionäre nicht im Griff hat, wird nicht viel bewegen und hat bald auch sein Unternehmen nicht mehr im Griff. Eine Unternehmens-IT, die ihre Nutzer nicht im Griff hat, ist ineffizient, ineffektiv und eine ewige Quelle von Frustration für alle Betroffenen. Nur zu häufig tritt das Problem auf, dass Informatiker meinen, es sei selbstverständlich, dass Business-Leute IT sinnvoll einsetzen müssen und ihr Potential zur

Prozessvereinfachung nutzen – weil das ja logisch ist. Doch mit Logik und Moral lassen sich Menschen selten überzeugen.
Was aber hilft, ist immer und immer wieder zwei oder drei vergangene und eine geplante Erfolgsgeschichte des IT-Einsatzes im Unternehmen zu erzählen. Am besten in Dutzenden verschiedenen Versionen. Gerade die Zukunftsgeschichte sollte in verschiedenen Vorträgen jeweils aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt werden, sodass der Kern der Story immer der gleiche ist. Bis er sich so bei den Zuhörern einprägt, dass sie ihn für ein Faktum halten. So hat es beispielsweise die öster­reichische Verwaltung geschafft, Europameister im E-Government zu werden. Durch konsequentes Marketing nach innen und aussen.


Neben dem Geschichten erzählen sind auch Marketing-Shows nützlich, die die Menschen beim Gefühl packen, statt sie intellektuell oder gar mit fachlichen Argumenten zu überzeugen. Diese Shows sollten allerdings nicht als IT-Laientheater, sondern nach allen Regeln der Theaterkunst inszeniert werden. Und vor allem sollten sie fertig produziert sein und nicht Theaterproben gleichen und mit Vorführeffekten glänzen. Wobei freilich die höchste Kunst jene Shows sind, die vorgeben, amateurhaft zu sein und Vorführeffekte bewusst inszenieren. Wird dieser Trick gekonnt eingesetzt, erreicht er das eigentliche Hauptziel, nämlich die Business-Leute emotional in die in IT-Community zu integrieren und zu Verbündeten der IT-Abteilung zu machen!




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