Gebrauchte Software ist eine praktische Sache: Sie ist günstig, sie nutzt sich nicht ab, und unbenötigte Lizenzen von Standardsoftware wie Windows oder Office gibt es in Konkursverfahren und aus Umstrukturierungen von Unternehmen zur Genüge. Aber ist sie auch legal? In Deutschland ist darüber ein erbitterter Streit mit Worten, Strafanzeigen und Klagen entbrannt. In München klagte Oracle gegen den Weiterverkauf ihrer Lizenzen – mit Erfolg, weil die Software online und nicht auf CD verkauft wurde. In Hamburg dagegen ging ein Microsoft-Händler erfolglos gegen Werbung für Secondhand-Software vor; das Gericht befand den Gebrauchtprogrammhandel auch im Rahmen von Volumenlizenzen ohne CD als zulässig. Für Microsoft & Co. steht einiges auf dem Spiel: Mit einem Kauf von 2000 «gebrauchten» Windows-2000-Professional-Lizenzen konnte etwa die Stadt München jüngst über 50 Prozent der Lizenzkosten einsparen – und Microsoft verdiente nichts mehr daran.
Unbestrittenermassen auch hierzulande erlaubt ist der Wiederverkauf von Software-
paketen, die rechtmässig in den Handel gelangt sind. Wer also einen PC mit Windows und Office kauft, kann diese separat weiterverkaufen, wenn er auf seinem Gerät Linux installiert. Schon etwas kritischer wird es mit Volumen-
lizenzverträgen: Hier liegt nur noch, wenn überhaupt, eine CD vor. Die Lizenz umfasst das Recht, gegen eine einmalige Gebühr die Software von der CD auf einer bestimmten Anzahl von Arbeitsplätzen zu installieren und auf Dauer zu gebrauchen. Auch dies wird – wenn die CD mitverkauft und die Originalinstallation gelöscht wird – mehrheitlich als zulässig erachtet. Denn das Urheberrecht sieht für diesen Fall vor, dass sich die Rechte des Rechteinhabers «erschöpfen» und der Erwerber ein Gebrauchsrecht erwirbt.
Ob diese Argumentation aber wirklich funk-
tioniert, wenn nur eine CD für viele Installa-
tionen zur Verfügung steht oder die Software gar nur per Download angeboten wird, ist nicht abschliessend geklärt. Ein Risiko geht auch derjenige ein, der nicht mehr benötigte Lizenzen verkaufen will: Hat er sich vertraglich verpflichtet, dies nicht zu tun, könnte er wegen Vertragsverletzung belangt werden. Daher kommt es vor allem bei konkursiten Firmen zum Verkauf nicht mehr benötigter Software ohne Zustimmung des Softwareherstellers.
Ist Secondhand-Software für Schweizer Unternehmen also noch kein Thema? Mitnichten. Wo die Original-CD mitgeliefert wird, sollte diese Option in Betracht gezogen werden. Steht ein grösseres Volumen zur Diskussion, kann die Variante Gebrauchtsoftware auch für Preisverhandlungen genutzt werden. Doch selbst Unternehmen, für welche dies kein Thema ist, sollten in ihren Verträgen die Übertragbarkeit ihrer Lizenzen (und dazugehörender Wartung) zumindest in beschränktem Masse vorsehen. Denn sie ist nicht nur für den Secondhand-Software-Handel nötig, sondern etwa auch dort, wo der IT-Betrieb – mitsamt Lizenzen – an einen Outsourcing-Provider auslagert werden soll oder eine Firmensparte verkauft und die von ihr genutzten Gruppenlizenzen abgetrennt werden müssen. Wer das frühzeitig regelt, ist später nicht dem Preisdiktat der Hersteller ausgeliefert. Die Rechtsgrundlagen, die den Gebrauchtprogrammhandel ermöglichen, können auch hier Argumente liefern.
Ob Gebrauchtsoftware in absehbarer Zeit grössere Bedeutung erlangen wird, ist jedoch fraglich: Mit der geschickten Anpassung der Lizenzmodelle, technischen Schranken und dem Einsatz von Wartungsverträgen zur Bindung ihrer Kunden werden die Softwarehersteller die für sie ungünstige urheberrechtliche «Erschöpfung» zu unterlaufen wissen.