Interview mit Rey Schallberger, CEO von Brainware


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/06

     



InfoWeek: Wie schätzen Sie das Thema «Client Management as a Service ein»? Gibt es hier wirklich ein Potential?




Rey Schallberger: Neben kleinen Firmen, bei welchen die Grundaufwände für ein Client Management heute oft als «zu hoch» eingeschätzt werden, haben auch grössere Firmen in den letzten Jahren damit begonnen, bestehende Lizenz- und Arbeitsmodelle in Frage zustellen. Dies sind offensichtlich direkte Folgen der schwächeren Wirtschaft der vergangenen Jahre, in denen Investitionsbudgets kurz gehalten wurden. Dabei kommt beim Kunden immer mehr der Wunsch auf, «Arbeitsresultate von anderen» nutzen zu können. Dies gemischt mit Outsourcing führt logisch zu Client Management as a Service und liegt damit durchaus im Trend. Ebenfalls förderlich sind hier die immer weiter steigenden Bandbreiten im Internet, mit welchen die Auslagerung von Infrastruktur immer einfacher wird. In Japan zum Beispiel werden bereits im laufenden Jahr über 10 Millionen Haushalte mit 1GBit-Leitungen angeschlossen, womit solche Dienstleistungen selbst für Selbständige und Private attraktiv werden. Es ist nur eine Frage von 2 bis 3 Jahren, bis dies auch hier Einzug halten wird.






Marktbeobachter sehen das grösste Potential für Client Management as a Service im Bereich der Firmen mit etwa 10 bis 150 Rechnern, weil für diese die Installation einer lokalen Client-Lifecycle-Management-Lösung zu aufwendig ist. Wo sehen Sie das grösste Marktpotential?




Das Potential in der Sparte der Kleinfirmen ist definitiv vorhanden. Der Aufwand, ein Client-Management-System so in Betrieb zu nehmen, dass sich daraus tatsächlich eine Ersparnis oder eine spürbare Verbesserung des Systembetriebs ergibt, fordert einen gewissen zeitlichen und finanziellen Einsatz. Deshalb setzen diese Firmen meist allenfalls Imaging zur Automation ein. Damit gibt es aber einen Markt, in dem Anbieter nicht über Verdrängung, sondern mit Neuakquise arbeiten können.
Das Sparpotential durch Client Management as a Service wäre aber auch für grössere Firmen sehr interessant, bei denen wir oft völlig überdimensionierte Client-Management-Teams mit tiefem Wirkungsgrad antreffen. Leider blockiert die Mentalität des Schweizers, «alles selber machen zu wollen», hier oft die Möglichkeit nachhaltiger Verbesserung.






Haben Sie schon konkrete Erfahrungen mit Client Management as a service?




Wir sind bereits seit 18 Monaten aktiv an der Definition solcher Services und haben auch einige spezifische Veränderungen hierzu an unseren Produkten vorgenommen. Vor einigen Wochen konnten wir unsere ersten Verträge mit grossen Anbietern in Japan und Südafrika unterzeichnen, welche in den nächsten Monaten in Angeboten für die Endkunden resultieren. Pro Anbieter wird hier mit rund 1000 neuen Firmen pro Jahr gerechnet, welche die Angebote in Anspruch nehmen werden. Die immense Grösse der Märkte Japan und Südafrika sind hier natürlich ein wichtiger Bestandteil der Kalkulation, zu der man solche Dienste einführen kann.






Nachdem Sie das Thema im japanischen Markt starten, wie schätzen Sie den Schweizer Markt ein? Gibt es hier auch ein solches Potential – und wann?




In der Schweiz wissen wir von mehreren Projekten in dieser Richtung, es scheint aber doch noch einiges an Überwindung zu brauchen, bis die Anbieter den Schritt wagen. Reale Angebote konzentrieren sich hier bisher eher in ASP-ähnlichen Lösungen für Inventarisierung und Lizenz­wesen, womit leider nur ein kleiner Teilbereich des Potentials genutzt wird.
Die Anbieter, welche heute an dem Thema arbeiten, tun dies natürlich nicht nur mit dem Hintergrund des Client Management as a Service, sondern wollen dem Kunden eine Gesamtleistung vom Verkauf der Hardware über den Betrieb der Netze bis hin zum Management der Clients anbieten. Dieses Gesamtpaket sieht funktional betrachtet sehr positiv aus, führt aber dazu, dass der Kunde einen «alles oder nichts»-Entscheid fällen muss – darin sind wir Schweizer nicht besonders gut.
Aus Marketing-Sicht kann ich diesen Ansatz aber gut verstehen, weil die Verkaufspotentiale (Stückzahlen) in der Schweiz halt einfach kleiner sind als in vielen anderen Ländern. Im Ausland sind diese Angebote wesentlich feiner abgestuft und erlauben dem Kunden, optional seine bestehende Infrastruktur beizubehalten.
Wir gehen davon aus, dass in der Schweiz im nächsten Herbst erste Angebote am Markt erscheinen werden – es wird aber sicherlich noch 18 Monate dauern, bevor sich hier eine nennenswerte Menge an Verkäufen abzeichnet.






Sehen Sie das Angebot Microsoft Live OneCare als Konkurrenz für klassische Client-Lifecycle-Management-Anbieter?





Microsoft hat sich in solchen Bereichen immer wieder als Anbieter gezeigt, der eher ein Bedürfnis anregt als dieses in letzter Konsequenz abzudecken.
Client Management besteht zur völligen Lösung aus relativ vielen Disziplinen. Adressiert man diese zufriedenstellend für ein kleines Publikum, so erhält man die perfekte Lösung – aber zu einem hohen Preis. Je breiter man nun das Publikum fasst (also beispielsweise «die ganze Welt» im Falle von Microsoft), desto konkurrenzfähiger (finanziell) wird der Dienst, aber desto mehr Wünsche bleiben auch beim einzelnen Konsumenten übrig, weil die Spezialisierung nicht mehr möglich ist.
Dies hat in der Vergangenheit Fremdanbietern immer genügend Platz neben Microsoft gelassen und wird auch weiterhin so sein – man wird sich aber anstrengen müssen, genau diese «bessere Nähe zum Kunden» auch zu nutzen, um bessere Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können.




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