Outsourcing wird Normalität

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen machen Auslagerung attraktiv.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/10

     

Die schwachen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der letzten drei Jahre haben in der Schweiz dazu geführt, dass der Kostendruck in den Unternehmen weiter massiv zugenommen hat und auch im Bereich der Informationstechnologie permanent zusätzliche Kostensparpotentiale ausgelotet werden. Auch wenn im laufenden Jahr IT-Projekte wieder verstärkt unter dem Aspekt der Ertragssteigerung in Angriff genommen werden, so überwiegen weiterhin Projekte unter dem Arbeitstitel der Kostensenkung, Konsolidierung und Optimierung. Als Folge davon hat die Diskussion um die Auslagerung ganzer oder partieller Teile der IT deutlich zugelegt. Die Ausgaben der Unternehmen im Bereich des IT-Outsourcing sind im Vergleich zum reinen IT-Beratungs- und Projektgeschäft 2003 überdurchschnittlich gestiegen. Dies zeigt auch eine neue Multi-Client Studie der MSM Research AG, welche im Februar abgeschlossen wurde und den Stand der Dinge im Auslagerungsmarkt Schweiz analysiert.




Inzwischen haben rund zwei Drittel der Schweizer Unternehmen Erfahrungen mit der Auslagerung der IT an einen externen Dienstleister, wobei der grosse Teil davon auf die selektive Vergabe (Teile der IT) entfällt, wie etwa Webhosting und Applikationsentwicklung. Das Geschäft mit Outsourcing Services ist mittlerweile ein schwergewichtiger Milliardenmarkt geworden. 2003 erreichten die Gesamtausgaben im Schweizer IT-Outsourcing-Markt 1,95 Milliarden Franken.




Hemmschwellen gegen ICT-Outsourcing


Vier Hauptgründe

Waren die 90er Jahre vor allem geprägt durch Outsourcingdeals der grossen Unternehmen, so diskutieren heute vermehrt mittelständische Betriebe die Möglichkeit der Auslagerung an einen spezialisierten IT-Dienstleister. Dabei stehen in der Diskussion vier Herausforderungen im Mittelpunkt:


• Die Globalisierung zwingt die Unternehmen zunehmend zu einer Präsenz gegenüber Kunden, Lieferanten und Partnern rund um die Uhr. Die dafür nötige Aufrechterhaltung des Vertriebs, der Serviceleistungen und Datenverfügbarkeit verlangen einen reibungslosen Betrieb von Datacenters (7x24 Stunden), Call Centers und Logistik.


• Time to Market ist für viele Unternehmen entscheidend im globalen und auch lokalen Markt. Die variablen Lasten in der Informationsverarbeitung verlangen nach IT auf Abruf (Computing on Demand).


• Der Kostendruck wird die Unternehmen weiterhin beschäftigen und dazu führen, sich verstärkt auf die Kernprozesse zu konzentrieren. Die Auslagerung schafft hier Freiräume für die Firmen.


• Abschliessend ist zu beobachten, dass gerade auch mittlere Unternehmen bemüht sind, ihr Asset- und Cashmanagement zu optimieren. Sie wollen nicht gewichtige Mittel in der IT-Infrastruktur gebunden haben.


Aus einer Position der Stärke

Insgesamt kann festgehalten werden, dass Unternehmen, welche aus kurzfristigen Überlegungen heraus (meist kostengetrieben) den Ausweg in der Auslagerung der IT suchen, den Schritt weniger durchdacht angehen als Unternehmen, welche die Auslagerung basierend auf strategischen Kriterien ins Auge fassen. Den Entscheid zur Auslagerung sollte ein Unternehmen daher immer aus einer Position der Stärke und mit Blick auf den strategischen Nutzen fällen.





Die Ausgangslage der Diskussion um pro und contra der Auslagerung ist in den meisten Fällen vergleichbar: Die heutigen IT-Infrastrukturen und die steigenden Anforderungen des Wettbewerbs, welche an sie gestellt werden, werden immer komplexer und teurer und überfordern oftmals ein Unternehmen in seinen Bemühungen, entsprechend Schritt zu halten. Und auch die Kosten zur Erbringung dieser Leistungen beginnen mehr und mehr die Möglichkeiten des Unternehmens zu übersteigen. Darin ist einer der wichtigsten Antriebsfaktoren zur Auslagerung der IT begründet: langfristig Kosten einzusparen und die Erträge zu steigern.


Partnerschaftliche Zusammenarbeit

Die wichtigsten Entscheidungskriterien für das Auslagern der IT sind aus Sicht der Anwender die partnerschaftliche Zusammenarbeit, gute Branchenkenntnisse und Businessexpertise des IT-Dienstleisters, sowie ein auf ihn abgestimmtes technisches Know-how.
Was zeichnet aber die partnerschaftliche Zusammenarbeit aus? Es ist dies ja kein rational messbares Kriterium und entspringt eher der emotionalen Entscheidungsebene. Es ist sicherlich eine Vielzahl von Faktoren, welche aus Sicht des Anwenders die Basis für die partnerschaftliche Zusammenarbeit ausmachen. So sind dies beispielsweise faire und transparente Verhandlungen, eine offene und proaktiv geführte Kommunikation, die Einbindung des Topmanagements beider Seiten, regelmässig geführte Projekt- und Auditmeetings und eine auf die jeweiligen Verhältnisse angepasste Flexibilität der Partner.


Angst vor Know-how-Verlust

Als Hemmschwellen gegen die Auslagerung wurde in persönlichen Gesprächen mit Anwendern immer wieder die Angst vor Know-how-Verlust und Bedenken vor der Unmöglichkeit einer späteren Rückführung der IT ins eigene Haus genannt. Wenn sich die Diskussion ernsthaft um den Verlust von Know-how dreht, darf nicht ausgelagert werden, denn hier betrifft die Diskussion in den meisten Fällen Bereiche der Kernkompetenz. Es gilt der gilt der Grundsatz: Wettbewerbsdifferenzierende Prozesse dürfen nicht ausgelagert werden!




Doch vielfach bezieht sich die Angst vor Know-how-Verlust auf die IT selber. In einer Zusammenarbeit, in welcher der Projektablauf und die betroffenen Prozesse transparent dargestellt und gemeinsam gemanagt werden, geht aber kaum wichtiges Know-how verloren. Im Gegenteil, aufgrund der Expertise und Spezialisierung des Dienstleisters werden in der Regel erhebliche Synergie- und Skaleneffekte erzielt.





Bezüglich einer Rückführung der ausgelagerten IT ins eigene Haus sollten auf der Basis einer offenen und fairen Verhandlung die Spielregeln für ein Ausstiegsszenario festgehalten werden. Auch für Veränderungen während der Laufzeit der Projekte sind im Sinne einer Change-Management-Vereinbarung entsprechende Schritte festzuhalten. So kann sichergestellt werden, dass eine Rückführung oder Modifikation an den Prozessen zu keinen Überraschungen führt.


Positive Erfahrungen

Doch welche Erfahrungen haben Unternehmen gemacht, welche bereits ausgelagert haben? Was waren die Antriebsfaktoren für entsprechende Projekte? Wie zufrieden sind die Anwender? Auch diese und weitere Untersuchungspunkte waren Gegenstand der MSM-Research-Studie.
Hinsichtlich der Antriebsfaktoren der Unternehmen in Auslagerungsprojekte einzusteigen, stehen wie bereits erwähnt zu erwartende Kostenreduktionen, aber auch die Planbarkeit und Transparenz der Kosten im Vordergrund. Die Erwartungen wurden aus Sicht der Anwender zum grossen Teil erfüllt. Dabei kann festgehalten werden, dass selektive Outsourcing-Projekte und Auslagerungen im Bereich der Kommunikation mit Blick auf die Erwartungserfüllung höher bewertet wurden als Projekte im Segment des Full-Outsourcing.




In den Fällen, wo Projekte scheiterten, waren aus Sicht der Anwender zur Hauptsache Differenzen bezüglich der Qualität und Kontrolle Schuld daran. Pflichtenheft, Blueprints und die bereits genannten Kriterien hinsichtlich einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit können hier aber sicherstellen, dass die Vorstellungen beider Seiten in die gleiche Richtung zielen. Die Durchführung eines Outsourcingprojektes benötigt auf beiden Seiten grosse Anstrengungen und erzieherische Massnahmen.
Heute steht dem Anwenderunternehmen ein Leistungsangebot an reifen Auslagerungsservices zur Auswahl zur Verfügung. Wenn der Anbieter dann auch noch die gleiche Sprache spricht, den Dialog mit dem Kunden pflegt und sich permanent um die Ansprüche, Ziele und Bedürfnisse des Kunden kümmert, können Auslagerungsprojekte erfolgreich realisiert werden - für beide Seiten.




Antriebsfaktoren für ICT-Outsourcing


Der Autor

Philipp A. Ziegler ist Geschäftsführer der Schaffhauser Marktforschungsfirma MSM Research, die im Februar 2004 eine umfassende Studie zum Outsourcing-Markt Schweiz druchgeführt hat.




Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wie hiess im Märchen die Schwester von Hänsel?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER