Mehr als nur Bug-Fixes
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/13
Service Packs sind meist in erster Linie Sammlungen von Fehlerkorrekturen. Nicht so beim Service Pack 1 für den Exchange Server 2003 – darin gibt es auch eine ganze Reihe an interessanten Neuerungen.
Das beginnt mit dem «Recover Mailbox Data» genannten Assistenten, mit dem sich Informationen aus Postfächern einfacher wieder herstellen lassen. Dieser Assistent ist in die Oberfläche des Exchange System Manager integriert und basiert auf dem Konzept der RSG (Recovery Storage Group).
Vereinfacht haben die Entwickler die Verwaltung von RPC/HTTP-Topologien, einem wichtigen Kommunikationsmechanismus beim Exchange Server. Wenn nun mit Front-end-Servern unter dem Exchange Service Pack 1 gearbeitet wird, lassen sich die Einstellungen für gültige Ports auf RPC-Proxy-Servern automatisch setzen und pflegen. Die Verwaltung erfolgt auch hier über den zentralen System Manager.
Auch bei den Connectoren gibt es Erweiterungen. So unterstützt der Domino-Connector nun auch den Lotus Notes R6-Client. Das ist zwar keineswegs mehr die aktuellste Version, nachdem IBM schon bei 6.51 angelangt ist und die Beta der Version 7 bereits zum Test bereitsteht, für die meisten Anforderungen von produktiven Systemumgebungen dürfte dies aber genügen. Zusätzliche Werkzeuge wurden in den Active Directory Connector integriert, mit denen insbesondere CAs (Connection Agreements) besser gesteuert werden können.
Bei Outlook Web Access (OWA) ist die wichtigste Neuerung dagegen schon fast bedeutungslos: Mit Arabisch und einigen nordischen Sprachen unterstützt die Rechtschreibprüfung nun eine grössere Sprachpalette. Ausserdem können unter sehr restriktiven Bedingungen nun auch mehrere MAPI Public Folder-Speicher in einem Cluster angelegt werden.
Auch bei Outlook Mobile Access wurde die Sprachunterstützung ausgebaut. Allerdings bringt auch das für den deutschen Sprachraum keine nennenswerten Erweiterungen. Wichtiger ist da schon das integrierte Device Update 4, mit dem weitere mobile Endgeräte unterstützt werden. Diese Updates erscheinen durch die hohe Frequenz des Marktes für mobile Endgeräte in kürzeren Abständen als die Service Packs.
Bei Outlook Mobile Access wurde auch die Benutzerschnittstelle verbessert, was ja ohnehin eine der grossen Herausforderungen bei mobilen Endgeräten mit ihrer niedrigen Auflösung ist. Dazu gehören beispielsweise ein grösseres Eingabefeld für Text, die Unterstützung von Suchordnern und eine verbesserte Navigation im Menü.
Erwähnenswert sind schliesslich einige Optimierungen bei der ESE-Datenbank. Dazu gehören eine schnellere Verarbeitung von Log-Dateien nach Fehlern und eine veränderte Allokation von Speicher. Letzteres ist insofern wichtig, als dadurch Trigger in Monitoring-Anwendungen eine zu hohe Speichernutzung anzeigen können, weil store.exe nun mehr Speicher zugeordnet ist.
Die vielleicht wichtigste Neuerung ist aber die erweiterte Unterstützung für die Konsolidierung von Sites. Standorte sind eines der tragenden Konzepte beim Exchange Server. Viele Exchange-Infrastrukturen sind historisch mit einer relativ grossen Zahl von Standorten aufgebaut worden. Bei der heute verfügbaren leistungsfähigen Hardware und wesentlich niedrigeren Leitungskosten für Standortverbindungen spricht aber vieles dafür, mit weniger Exchange-Servern für Postfächer und andere Funktionen zu arbeiten und mehr Dienste zu konsolidieren. Das setzt aber die Konsolidierung bestehender Standorte voraus. Die bisherigen Bereitstellungstools sind optimiert und erweitert worden, um diese Umstellung effizienter vornehmen zu können. Microsoft möchte damit offensichtlich auch die Migration von Exchange 5.5 beschleunigen, die oft mit solchen Standortkonsolidierungen verbunden ist.
Interessant dabei ist, dass viele dieser Änderungen eigentlich schon Erweiterungen sind. Zusätzlich wird es aber ein Web Release 1 (WR1) geben, in dem die eigentlichen neuen Funktionen zu finden sind, so dass Kunden die Fehlerkorrekturen und neue Funktionen getrennt installieren können – was aber durch die bunte Mischung der Funktionen in SP1 und WR1 nicht wirklich klappt. Im WR1 gibt es beispielsweise die Unterstützung für die Domain-Rename-Funktionalität des Windows Server 2003, was eher in ein Service Pack gehören würde.
Im Web Release finden sich aber vor allem auch viele Erweiterungen für Outlook Web Access, wie beispielsweise die Steuerung von Registry-Parameter über eine Web-Administrationsschnittstelle für OWA. Neu ist auch ein Auto-Accept-Agent, der Besprechungsanforderungen ohne Benutzerinteraktion verarbeiten kann. Dieser Ansatz ist performanter als die Verwendung von Scripts. Wesentlich erweitert wurden auch die Funktionen für die Filterung von Mails, was in Anbetracht der wachsenden Flut an Spam-Mails auch zwingend ist. Allerdings wird man auch weiterhin kaum um zusätzliche Produkte für die Spam-Filterung entweder auf dem Server oder den Clients herumkommen.
Das Service Pack 1 für den Exchange Server 2003 ist mit diesen Änderungen und Erweiterungen und natürlich den verschiedenen Patches, die darin zusammengefasst wurden, eine sinnvolle und wichtige Erweiterung für bestehende Exchange Server 2003-Infrastrukturen. Auch wenn sicher nicht jeder Anwender von jeder der neuen Funktionen profitiert, gibt es doch wohl für jeden Einsatzbereich wichtige Neuerungen. Dadurch, dass die Funktionen auf das schon verfügbare Service Pack und das noch anstehende Web Release aufgeteilt sind, wird man allerdings fast zwangsläufig beide Aktualisierungen installieren müssen. Daher ist es auch überlegenswert, vor dem Update noch auf das Web Release zu warten.
Das Service Pack 1 für Exchange Server 2003 kann seit Ende Mai in neun Sprachversionen von Microsofts Website unter www.microsoft.com/exchange/downloads/2003/sp1.asp heruntergeladen werden. Für diejenigen, denen der Umfang von rund 102 MB für den Download zu gross ist, bietet Microsoft auch die Möglichkeit, bei der lokalen Microsoft-Niederlassung eine CD zu bestellen.