Editorial

Outsourcing ist out - Co-Sourcing ist in

Gegen den gefährlichen Sog des Outsourcing hilft nur ein erweitertes Involvement: Das Unternehmen muss in jedem IT-Projekt dauernd integriert bleiben - egal wie viele externe Fachleute mitwirken.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/16

     

Es gibt verhängnisvolle Trends in Wirtschaft und Gesellschaft, die auf breiter Front ignoriert werden. Erst wenn eine Airline oder ein Energiekonzern ach so unerwartet und geräuschvoll abstürzt, wissen hinterher alle, dass man es hätte kommen sehen müssen. Natürlich steckt der Teufel immer im Detail, aber - viel einfacher - er steckt auch drin in der kurzatmigen Hatz nach noch schneller wachsenden Umsatz- und Ertragszahlen.




Und derselbe Teufel hat in den Boomjahren den Managern eingeredet, Quartalszahlen seien viel wichtiger als längerfristige Strategien und nachhaltige Entwicklung. Die Folgen: Geschäftsprozesse wurden dramatisch beschleunigt, Projekte mussten in äusserst kurzen Fristen durchgezogen werden. Auf Teufel komm raus eben.


Outsourcing als Universalrezept?

Fehlten im eigenen Unternehmen die Ressourcen oder die Kompetenz, hiess das Schlagwort immer häufiger und unbedenklicher: Outsourcing!



Man konnte sich solches ja leisten, das Mengenwachstum bügelte auch grobe strategische Missgriffe einigermassen aus. Unbegreiflich nur, dass oft auch geschäftskritische Prozesse zur Abwicklung an Consultingfirmen - die mit "Business Process Outsourcing" (!) warben - vergeben wurden. Ein fahrlässiges Vorgehen, weil nur der Kunde sein Business à fond kennt.




Und damit war der Rubikon überschritten! Denn zwangsläufig ging damit die für Unternehmen existentielle "Hinterfragungskompetenz" verloren. Es fehlte zunehmend an der Integration der Prozesse, am Feedback, an der Kontrolle und vor allem an der strategischen Ausrichtung. Und letztlich war es die Strategieschwäche, die viele Highflyer zum Absturz brachte.



Nun, da es der Wirtschaft bis auf weiteres eher mittelprächtig geht, könnte wieder das Bewusstsein entstehen für übergeordnete Zusammenhänge und für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung.



Das wohl beste Leitfossil für diesen Denkansatz ist die IT. Sie ist in wenigen Jahren zu einer tragenden Säule für jedes Unternehmen geworden. Entsprechend kritisch sind die Abhängigkeiten und der Entwicklungsdruck. Hier hilft gegen den gefährlichen Sog des Outsourcing nur ein erweitertes Involvement: Das Unternehmen muss in jedem IT-Projekt dauernd integriert bleiben - egal wie viele externe Fachleute mitwirken. Das Management muss die Visionen und Strategien selber vorgeben, die Prozesse selber überwachen und bei der Umsetzung eigenes Personal (in gemischten Teams) mitarbeiten lassen. Konsequent angewandt entspricht diese Haltung einem methodischen Wechsel vom Outsourcing zum Co-Sourcing.




Keine Spielerei

Co-Sourcing ist aber nicht einfach eine semantische Spielerei. Seine Philosophie ist eine ganz andere, die - viel eindeutiger definierte - Schnittstelle hat sich verschoben. Vom Consulting-Unternehmen auf der anderen Beziehungsseite werden Teams gefordert, die vor allem umsetzungsstark sind, breite Erfahrung aus vergleichbaren Projekten mitbringen und einheitliche Methoden anwenden. Benötigt werden Mitarbeiter, die extrem flexibel, motiviert und kundenorientiert sind. Sie müssen quasi nebenbei auch erfolgreich Projektmanagement betreiben können. Co-Sourcing-Teams mit "Spirit" arbeiten oft längerfristig zusammen und bauen eine enge Beziehung zum Kunden auf - ohne ihn deswegen in die Abhängigkeit zu treiben.



Für den Auftraggeber ist Co-Sourcing aufwendiger - er muss "sich kümmern". Er erhält dafür (Kosten-) Transparenz und kann das Projekt jederzeit hochfahren oder bremsen. Nebenbei generiert er Know-how, für das er in einem Folgeprojekt nicht nochmals bezahlen muss.




Die Frage der Verantwortlichkeit (Definition der "Deliveries"!) lässt sich im Rahmen der Projektorganisation lösen. Die "Standards" dafür sind normalerweise in den Consulting-Verträgen bereits eingebaut.



Dass Co-Sourcing die externen Kosten senkt, lässt man sich gerne gefallen. Strategisch wichtiger aber: Es senkt auch das Risiko, dass Consultants ihr eigenes Steckenpferd reiten, statt die Unternehmensstrategien und -ziele zu verfolgen. Glücklich, wer hier noch nie Lehrgeld bezahlen musste. Den andern sei ein Versuch mit Co-Sourcing empfohlen...



Lesen Sie in der Print-Ausgabe den InfoWeek-Report zum Thema Hosting & Outsourcing.



Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wie hiess im Märchen die Schwester von Hänsel?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER