Hilfe, morgen werde ich Chef

Der erste Führungsjob ist ein entscheidender Schritt auf der Karriereleiter. Um erfolgreich zu sein, braucht es gewisse Qualitäten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/11

     

Führen ist ein schwieriges Geschäft. Und noch schwieriger ist es, den Idealen einer guten Führungskraft zu entsprechen, die schon fast der perfekte Mensch sein sollte. Ein Personalleiter würde sich folgende Eigenschaften wünschen:




• fachlich versiert und gleichzeitig sozial kompetent,




• durchsetzungsfähig, daneben aber auch teamorientiert,




• organisatorisch geschickt, dabei flexibel und innovativ,




• zudem belastbar und stressresistent.



Dr. Hans H. Meli (39), CEO von Namics, hat seinen ersten Führungsjob mit 22 Jahren übernommen. "Der Wille, Vorbild zu sein, Berechenbarkeit und Raschheit in der Entscheidungsfindung sind die wichtigsten Voraussetzungen, um in einem Führungsjob erfolgreich zu sein" erklärt Meli. Unbedingt vermeiden sollte man seiner Meinung nach "Wasser predigen und Wein trinken, handeln nach dem Motto alle sind gleich, aber einige sind gleicher sowie ewiges Drehen und Winden vor Entscheiden".



Die perfekten Führungskräfte gibt es nicht, denn jeder hat Schwachpunkte. Gerade bevor man den ersten Job in der Führungsetage annimmt, ist es wichtig, seine eigenen Stärken und Schwächen kennenzulernen. Sind einem die eigenen Mängel bewusst, kann gezielt daran gearbeitet werden (beispielsweise durch die Belegung eines Kurses), oder man bekommt die Möglichkeit, einen Assistenten zu wählen, der dort seine Stärken hat, wo die eigenen Schwachstellen liegen.



Je qualifizierter, selbstständiger und verantwortungsbewusster die Mitarbeiter sind, desto schwieriger wird der Führungsjob. Die Teammitglieder von heute wollen ernst genommen und in Entscheidungen einbezogen werden. Gefordert wird statt des autoritären Entscheiders ein Chef, der Coach und Therapeut ist und seinen Mitarbeitern die Rahmenbedingungen für ihre Arbeit so optimal wie möglich gestaltet.


Der neue Führungsjob

In den ersten Wochen ist die wichtigste Aufgabe, die Fachkenntnisse der Teammitglieder kennenzulernen und sich einen Eindruck über deren Stärken und Schwächen zu verschaffen, um die Leute entsprechend einzusetzen. Denn: Die Führungskraft darf nicht alles selber erledigen, sie muss aber dafür sorgen, dass alles gemacht wird - und das möglichst gut!



Lorenz Weber (22) hat mit 18 in der Schaffhauser Altstadt zusammen mit Freunden einen Computerladen eröffnet, der in der Zwischenzeit zu einem professionellen E-Shop für PC-Systeme und Zubehör geworden ist. Mittlerweile ist Weber IBM Business Partner, Partner von MSN.ch und SwissOnline. "Erfolgreich ist, wer mit verschiedenen Menschen zugleich umgehen kann. Jeder ist einzigartig, und daraus ein einheitliches Unternehmen zu gestalten, ist schwierig. Ausserdem sollte auf die Probleme und Wünsche der Mitarbeiter eingegangen werden. Kommunikation ist extrem wichtig. Daran scheitern viele Verhältnisse."




Ebenso wichtig ist es, die Einstellung der Mitarbeiter gegenüber der Arbeit und dem neuen Chef auszuloten. Gerade der junge Chef, der auch ältere und vor allem dienstältere Mitarbeiter führen muss, sollte Arroganz und Selbstherrlichkeit vermeiden. Die folgenden Fehler könnten schnell zum Fall führen:




• erst mal zeigen, wer jetzt Herr im Haus ist,




• vollmundige Ankündigungen wie "Jetzt wird alles besser",




• ängstliche Versuche, weiterhin mit allen gut Freund zu sein.



Als nächstes gilt es, das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen und die durch die Hierarchie gegebene Autorität glaubhaft zu verkörpern. Die Mitarbeiter haben Anspruch auf Respekt und Mitsprache, der Chef auf Engagement und Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen. Anweisungen zu geben, ist nur kurzfristig leichter als zu diskutieren und zu überzeugen. Dass man es in einer leitenden Position niemals allen recht machen kann, ist jedem klar - unpopuläre Entscheide müssen gefällt werden. Das Ziel darf nicht sein, bei allen beliebt zu sein, sondern respektiert zu werden.



Laut einer Umfrage des Managementzentrums St. Gallen haben Jungmanager die grössten Schwierigkeiten beim Delegieren und Geben von Feedback. Wenn alle Rückmeldungen auf das Jahresendgespräch aufgespart werden, rätseln die Mitarbeiter in den übrigen 11 Monaten, wie sie da stehen. Regelmässiges Feedback trägt bei, Sicherheit zu schaffen.



Allen, die morgen ihren ersten Chef-Job antreten, rät Meli: "Seien Sie sich selbst, entwickeln Sie Ihren eigenen Stil und lernen Sie, auch auf den Bauch zu hören trotz der vielen Analysen, Tabellen, Zahlen."



In der InfoWeek-Ausgabe vom 4. April stellen wir die verschiedenen Führungsstile vor und erläutern, wann Sie auf keinen Fall einen Führungsjob annehmen sollten.



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