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Mit Software als Service zum Erfolg

Software as a Service, das Web 2.0 für die Geschäftswelt, setzt sich in immer mehr Anwendungsfällen als die bessere Alternative durch. Wir stellen die Gründe vor.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/02

     

Können Sie sich vorstellen, dass Ihre wichtigsten Kundendaten auf Servern ausserhalb Ihres Einflussbereiches gespeichert werden? Dass Sie Unternehmenssoftware für die Führung und Organisation Ihres Betriebes einsetzen, aber keine eigenen Server besitzen und betreiben, die Software nicht kaufen, sich nicht selbst um Datensicherung und Verfügbarkeit kümmern und trotzdem ruhig schlafen? Die über 27’000 Unternehmen, die zum Beispiel das Software-as-a-Service-Unternehmen Salesforce.com als Kunden bezeichnet, können das offenbar. Dabei handelt es sich nicht um waghalsige Kleinstbetriebe, die vielleicht nicht viel zu verlieren haben, sondern immer öfter um etablierte Unternehmen wie Dell oder Avis. In nicht allzu ferner Zukunft – wir sprechen von 5 bis 10 Jahren – wird wahrscheinlich der grösste Teil der Geschäftsanwendungen im Software-as-a-Service-Modell betrieben werden.


Nicht nur Mietsoftware

Software as a Service, kurz SaaS, ist nicht einfach Mietsoftware, wie das Prinzip im SAP- und Microsoft-Umfeld gerne bezeichnet wird. Es handelt sich dabei auch nicht um einen gehosteten Server, sondern um eine grundlegend auf die Möglichkeiten und Vorteile des Internets ausgelegte Software- und Systemarchitektur mit dazugehörendem Geschäftsmodell.
Die Grundidee ist denkbar einfach und jedem Internetnutzer bekannt. Jedes Mal, wenn man ein Produkt auf Amazon.com kauft oder zum Beispiel eine Suche in Google startet, wird Software benutzt, die als Service zur Verfügung gestellt wird. Die Millionen von Anwendern benutzen in diesen Fällen dieselbe Anwendung auf einer gemeinsamen Infrastruktur und verwenden nichts anderes als den Webbrowser, um mit der Applikation zu arbeiten.
Genau dieses Prinzip wird den vielen Business-Anwendungen zugrundegelegt, die unter Namen wie Software as a Service, Software On Demand, Business Web oder Enterprise Web 2.0 angepriesen werden.


Vorreiter Salesforce.com

Die kalifornische Salesforce.com gehört dabei zu den ersten Unternehmen, die diese Vision konsequent umzusetzen begannen, und gilt momentan als die führende Plattformanbieterin in diesem Bereich. Was 1999 als relativ simple CRM-Lösung mit ein paar wenigen Funktionen begann, ist heute eine komplette Applikationsplattform, auf welcher beliebige Anwendungen im Browser zusammengeklickt und, wo nötig, durch eigenen Code mit der entsprechenden Geschäftslogik versehen werden können. Diese Anwendungen können auf einer Art Austauschplattform namens App­Exchange angeboten respektive von dieser bezogen und mit wenigen Mausklicks in der eigenen Umgebung installiert und mit eigener Geschäftslogik integriert werden. Und das, ohne dass der Browser verlassen oder eine Zeile Code programmiert werden muss. Applikationen mit eigenem Code anzureichern ist natürlich auch möglich, aber nicht zwingend. So können Eingabefelder erstellt oder mit komplexen Formeln verschiedenste Berechnungen durchgeführt werden. Datenmasken lassen sich mit Drag & Drop direkt im Browser an die Bedürfnisse der Anwender anpassen. Daten können als Bericht dargestellt oder exportiert werden.


Weil es sich bei Software as a Service um Web-Anwendungen handelt, ist es auch überhaupt kein Problem, andere Applikationen zu integrieren. Die sogenannten Mashups, ein wichtiges Web-2.0-Konzept, erhalten im Business-Web eine erfolgsrelevante Bedeutung. So lässt sich beispielsweise mit Hilfe von Google Maps eine Karte mit den Regionen mit den grössten Umsatzeinbussen der letzten Monate anzeigen, oder es kann jeder Kontakt mit einem Xing-Profil verknüpft werden.
Eine echte SaaS-Plattform ist auch immer eine Service-orientierte Plattform und bietet daher in der Regel Web Services in Form einer API an. Salesforce.com gilt auch hier unter Entwicklern als ein Vorzeigebeispiel für eine gut dokumentierte, beispielhafte Service-orienterte Architektur. So kann nicht nur die API kostenlos verwendet werden, es werden auch gleich eine umfangreiche Dokumentation sowie Tools für diverse Sprachen von Java bis PHP und Plug-ins für IDEs wie Eclipse angeboten.






Architektur-Unterschiede zwischen SaaS und ASP


SaaS ist nicht ASP

Hierzulande wird das SaaS-Paradigma meistens mit dem als Geschäftsmodell gescheiterten ASP (Application Service Providing) in Verbindung gebracht. Es wird allenthalben sogar behauptet, SaaS sei alter Wein in neuen Schläuchen. Auch wenn einige grundlegende Konzepte in der Tat sehr alt sind und bis in die Anfänge der Informatik zurückgehen, unterscheiden sich SaaS und ASP in einem wichtigen Punkt: Die den echten SaaS-Systemen zugrundeliegende Multi-Tenant-System­architektur mit den dazugehörenden Geschäftsmodellen.





Am besten lässt sich die SaaS-Idee mit der Art und Weise vergleichen, wie heute der «Service» Strom bezogen wird. Es hat nicht jedes Unternehmen seinen eigenen Generator im Hinterhof stehen (auch On Premise genannt), sondern bezieht in der Regel den Strom von einem spezialisierten Anbieter, der mit grossen Kraftwerken Strom für alle produziert und ihn den Kunden zuteilt. Die gescheiterten ASP-Anbieter mit dem Single-Tenant-Modell setzen dagegen auf einen Generator pro Abnehmer, betreiben ihn aber nicht im Hinterhof des jeweiligen Unternehmens, sondern bei sich. Das führt natürlich zu keinerlei Kostenvorteilen, im Gegenteil, die Kosten werden durch den zusätzlichen Kommunikationsaufwand mit dem ASP-Anbieter noch erhöht.
Im Multi-Tenant-Modell betreibt der SaaS-Anbieter eine Plattform für alle Kunden. Dieser kleine, aber feine Unterschied hat gravierende Folgen und sollte bei der Beurteilung eines SaaS-Anbieters auf jeden Fall betrachtet werden. Dabei geht es um so wichtige Dinge wie Wiederherstellungszeit bei Ausfällen, Wartungs-, Update- und Upgradeprozeduren und damit verbunden Kosten für den Anbieter.


Druck der Masse

Auch wenn viele Anwender besorgt sind, dass die Zuverlässigkeit einer gehosteten Software tiefer liegt als diejenige einer Inhouse-Installation, ist oftmals das Gegenteil der Fall. Durch die Vielzahl der Anwender und den Einfluss von Grosskunden ist der Druck auf die Anbieter sehr hoch, eine möglichst gute Verfügbarkeit zu bieten. Entsprechend hoch sind auch die Investitionen, die zu diesem Zweck getätigt werden und durch die Skaleneffekte weit jenseits der Möglichkeiten eines durchschnittlichen Unternehmens mit einer Inhouse-Installation liegen.
Ein weiterer Vorteil liegt natürlich in den tieferen Kosten für die Verteilung der Lösung an die Kunden. Bei einem Multi-Tenant-System führt der SaaS-Anbieter einmal ein Upgrade durch, und alle Kunden verfügen über die neuen Funktionen. Bei einer Single-Tenant-Architektur, wie man sie bei Microsoft Dynamics, SAP oder SugarCRM findet, muss das für jede Instanz separat gemacht werden, was nicht nur höhere Kosten, sondern auch jedes Mal neue Probleme bedeuten kann.


Vorsicht bei Hybriden

Noch viel grössere Einsparungsmöglichkeiten liegen auf Seiten des Anbieters, schliesslich muss er die Software nur auf seine Plattform zuschneiden und nicht wie bei On-Premise-Lösungen auf die Kompatibilität mit verschiedenen Betriebssystemen, Service Packs und Patches hin prüfen. Dies ist auch der Fall bei Hybriden, also Software, die wahlweise On Demand oder On Premise erhältlich ist und meist mit dem Argument angepriesen wird, dass man zuerst mit On Demand beginnen und später auf On Premise mit einer lokalen Installation umstellen kann. Denn hier muss der Anbieter dafür sorgen, dass die Software sowohl für den On-Demand-Einsatz taugt als auch mit allen Kundensystemen zusammenspielt.


Monatliche Kosten

SaaS-Anwendungen werden in der Regel zu monatlichen Abopreisen angeboten. Die Modelle variieren dabei von Anbieter zu Anbieter und können die Anzahl User, die die Applikation benutzen, den Speicherplatzbedarf oder die benötigte Bandbreite berücksichtigen oder eine Kombination dieser Abrechnungsarten darstellen. Das bedeutet, dass im Preisvergleich mit On-Premise-Angeboten immer eine TCO-Berechnung (Total Cost of Ownership) notwendig ist. Die Kosten für die lokale Applikation beschränken sich ja nicht auf die Lizenzkosten der Software. Unter anderem müssen Hardware bereitgestellt und abgeschrieben sowie Administratoren angestellt und ausgebildet werden, die sich um Betrieb, Datensicherung und Ausfallsicherheit kümmern. Ganz zu schweigen von den Kosten für die Evaluation einer Lösung, die ja oft mit dem Aufbau eines nahezu produktiven Systems verbunden ist. Alle diese Aspekte sowie die in den meisten Fällen nicht unerheblichen Kapitalkosten für eine Infrastrukturinvestition sollten in eine TCO-Betrachtung miteinbezogen werden, die dann mit dem SaaS-Angebot verglichen werden kann. Diese Überlegungen zeigen, dass es dem SaaS-Modell in keiner Art und Weise gerecht wird, von Mietsoftware zu sprechen. Ein SaaS-Kunde mietet nicht Software, sondern bezieht einen Infrastruktur- und Applikationsservice im Abonnement. Es geht hier letztlich um die Frage, ob sich eine Organisation um ihr Kerngeschäft oder ihre Infrastruktur kümmern will.


Auswahl eines Anbieters

Wie bei jeder Auswahl eines Geschäftspartners sollte auch vor dem Einsatz einer SaaS-Anwendung der Anbieter auf Seriosität und Professionalität geprüft werden:




- Die Anzahl und Art der Kunden, die das System bereits einsetzen, die Dauer, seit der die Lösung am Markt verfügbar ist, die Transparenzangaben über die Infrastruktur­investitionen und über die Verfügbarkeit der Plattform sowie Erlebnisberichte von bestehenden Kunden geben erste Anhaltspunkte.





- Lassen Sie sich Angaben zur Systemarchitektur machen: Handelt es sich um ein Multi-Tenant- oder Single-Tenant-System? Wie erwähnt, deuten Hybrid-Lösungen auf Single-Tenant-Systeme hin, die vermutlich keine grosse Zukunft haben.




- Können die Daten jederzeit und ohne Inanspruchnahme von Mitarbeitern des Anbieters in Standardformaten (XML, CSV) exportiert werden?




- Testen Sie das System. Ein SaaS-Provider bietet in der Regel kostenlose Demo-Accounts an. Diese sollten Sie online und ohne Intervention des Anbieters einrichten und uneingeschränkt während einer gewissen Zeit (meistens 10 bis 30 Tage) nutzen können.




- Achten Sie dabei vor allem auf die Möglichkeiten der Anpassung an Ihre Bedürfnisse (Customizing). Unter Umständen ist die Zusammenarbeit mit einem auf SaaS spezialisierten Dienstleister gerade in der Testphase sinnvoll, da dieser die Anwendung mit wenig Aufwand auf Ihre Bedürfnisse vorkonfigurieren kann, sodass Sie mit Ihren eigenen Daten und Ihren Anwendungsfällen arbeiten können. Diese Möglichkeit des vorgängigen Testens ohne Anpassung an Ihre eigene Informatikinfrastruktur ist ein weiterer Vorteil des SaaS-Modells gegenüber lokalen Installationen. Sie brauchen nur einen Webbrowser und können sofort mit der Arbeit beginnen. Dadurch werden Projektzeiten für Anwendungseinführungen massiv reduziert. Business-Software, wie zum Beispiel eine CRM-Lösung mit mehreren hundert Usern in 3 Monaten einzuführen, ist keine Seltenheit bei SaaS. Durch so kurze Einführungszeiten sinken natürlich die Projektrisiken und -kosten erheblich.


Vorhandene Anwendungen

Der Markt der SaaS-Anbieter ist immer noch relativ dünn besiedelt. Insbesondere in Europa weicht die Vorstellung, die Informatik im eigenen Haus zu haben, erst allmählich der Erkenntnis, dass das SaaS-Modell sehr viele Vorteile bietet.
Dadurch ist es zur Zeit noch so, dass viele Produkte nur für den US-Markt angeboten werden und nicht für Europa lokalisiert sind. Eine grosse und wichtige Ausnahme bildet hier der Marktführer Salesforce.com, dessen Plattform in 11 Sprachen vorhanden ist und mit der sich alle erdenklichen CRM-Anwendungen unter anderem für Verkaufsprozesssteuerung und Marketingautomation umsetzen lassen. Aber auch SaaS-Anbieter für andere Bereiche wie Projektmanagement, Content-Management und Document-Management schiessen derzeit wie Pilze aus dem Boden (siehe Marktübersicht).
In der Schweiz sind die Angebote noch relativ dünn gesät. Aber Unternehmen wie Skip5 oder DemandIT machen immer mehr auf sich aufmerksam, und es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis sich auch die hiesige Software-Industrie vom On-Premise-Modell verabschiedet. Denn die Chancen, die sich durch das SaaS-Prinzip den Schweizer Softwareherstellern bieten, sind enorm. Vor allem auch, weil dadurch der weltweite Markt viel einfacher angepeilt werden kann.


Verfügbarkeit und Sicherheit

Ein häufig kritisierter Punkt von SaaS-Applikationen ist die Abhängigkeit von einer Internetverbindung. Diese Abhängigkeit ist zwar gegeben, dank der Zuverlässigkeit kabelgebundener Access-Technologien und der bald flächendeckenden Verfügbarkeit von breitbandigen Mobiltechnologien wie UMTS oder WLAN aber weit weniger einschränkend als früher.
Ein weiterer heikler Punkt ist die Sicherheit, auch wenn es sich hierbei oft um einen Glaubenskrieg handelt. Am Ende geht es um die Frage, ob Sie als SaaS-Kunde Ihrem Anbieter vertrauen oder nicht, wie immer in der Geschäftswelt. Es ist klar, dass das Thema Sicherheit wichtig ist und auch wirklich seriös betrachtet werden sollte. Allerdings dürften die Daten bei einem professionellen SaaS-Anbieter weitaus sicherer aufgehoben sein als bei den meisten KMUs mit eigener Informatikabteilung. Wenn die IT-Strategen der grössten weltweit tätigen Firmen zum Schluss kommen, dass ein bestimmter SaaS-Anbieter für ihre Bedürfnisse sicher genug ist, dann wird er mit grösster Wahrscheinlichkeit auch für die Unternehmen hierzulande sicher genug sein.
Dadurch, dass alle Daten «im Internet» gespeichert sind, ergibt sich noch ein weiterer Vorteil: Wird beispielsweise ein Notebook gestohlen, muss man sich keine Sorgen um die Daten im SaaS-System machen. Sie sind nur im Netz gespeichert, können also nicht zusammen mit dem Notebook abhanden kommen. Und man kann auf jedem PC sofort weiterarbeiten.




Auswahl von SaaS-Anbietern


Der Autor

Andreas von Gunten ist Unternehmer und Geschäftsführer von Parx, die auf Dienstleistungen rund um SaaS und Salesforce.com spezialisiert ist
( www.andreasvongunten.com).




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