Editorial

Ja zum integrierten Virenschutz in Windows


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/03

     

Einmal mehr feuerte Symantec-CEO John W. Thompson an der diesjährigen RSA-Konferenz gegen Microsoft. Thompson nimmt es dem Betriebs­systemriesen übel, dass dieser eigene Antivirus-Produkte vermarktet und somit in das Kerngeschäft von Symantec vorstösst; schliesslich könne es nicht sein, dass ein Buchhalter seine eigenen Bücher prüfe. Mit diesem Vergleich wirft er Microsoft einen Interessenkonflikt vor. Letzten Herbst konzentrierten sich die Vorwürfe des gelben Securityspezialisten noch primär auf mangelnde Informationen über das Windows-Defender-API in Windows Vista. Windows Defender ist ein kostenloses dediziertes Antispyware-Produkt. Diese Art von Schutzsoftware ist heute meist ein fester Bestandteil einer Antivirus-Suite. Das wiederum bedeutet, dass Microsoft schon heute einen Teil einer üblichen Antiviren-Lösung bei seinem Betriebssystem mitliefert.




Warum sollte Microsoft keine Antiviren-Produkte anbieten? Der Vergleich mit einem Buchhalter, der seine eigenen Bücher prüft, hinkt doch sehr stark. Demnach dürfte Microsoft auch keine Personal Firewall und Antispyware-Software integrieren. Ich werde bei solchen Diskussionen einfach das Gefühl nicht los, dass hier Symantec seine massiven Antiviren-Umsätze wegschmelzen sieht. Doch soweit ist es noch nicht. Der Antiviren-Client ist bei Microsoft kostenpflichtig. Erst wenn dieser gratis und als Bestandteil des Betriebssystem abgegeben wird, werden die Umsätze der heutigen Marktführer in grossem Masse zurückgehen. Da kommen bei mir sofort Erinnerungen an den einstigen Browser-Krieg zwischen Microsoft und Netscape auf. Doch damals ging es wenigstens um eine Software, die dem Anwender Zusatzfunktionen brachte und die Zukunft des Internets stark beeinflussen konnte.





Ich sehe absolut nicht ein, weshalb ich nach dem Kauf eines Betriebssystems nochmals Geld ausgeben muss, um damit überhaupt arbeiten zu können. Bei Windows ist das heute aber der Fall, denn eine Antiviren-Lösung gehört zu den zwingenden Anwendungen. Als Kunde möchte ich aber einfach einen Computer kaufen, bei dem ich nicht noch zwingend weitere Software-Produkte zusätzlich beziehen muss.
Eigentlich würde ich es sogar begrüssen, wenn Microsoft ein Antiviren-Tool fest in Windows integriert. Lange genug konnten sich Antiviren-Hersteller mit für den Kunden oft nicht transparenten Produkten eine goldene Nase verdienen. Wer heute in einem Kaufhaus vor dem Software-Regal steht, wird regelrecht erschlagen von Client-Security-Paketen. Kaum jemand hat dabei noch den Überblick, welches Produkt wirklich nötig ist und wovor es genau schützt. Dabei wird auch geschickt mit der Angst gespielt. Da kann es nicht schlecht sein, wenn der elementare Schutz bereits mit dem Betriebssystem mitkommt. Dabei muss natürlich gewährleistet sein, dass sich Drittprodukte einfach und ohne Probleme installieren und nutzen lassen.




Weiter könnte die neue Konkurrenzsituation durchaus den positiven Nebeneffekt haben, dass im Antivirus-Bereich neue, innovative Technologien auf den Markt kommen, die effizienter vor Viren, Würmern und Co. schützen. Die auf Signaturen basierenden Antiviren-Produkte zeigen immer wieder, wie schlecht die Erkennungsgrate bei neuen Viren ist. Andere, häufig gross angepriesene Methoden wie beispielsweise die Heuristik haben bis jetzt herzlich wenig gebracht. So nenne ich diese denn auch liebevoll «Voodoo-Methoden».




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