Editorial

Strategische Orientierung ist nötig!


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/19

     

Prozess-Exzellenz ist nicht gut genug. Einzelne Geschäftsprozesse durch die IT hervorragend zu unterstützen ist zwar wichtig, bei Firmen, die wachsen wollen, reicht dies für den dauerhaften Erfolg aber nicht aus. Dafür ist eine klare strategische Positionierung notwendig und eine konsequente Ausrichtung der Weiterentwicklung der IT-Architektur auf diese. Die Positionierung sollte selbstverständlicher Teil der Corporate Identity sein und aus IT-Sicht insbesondere sechs Perspektiven festlegen: jeweils den Umfang oder Grad der Prozess-Standardisierung, der Prozess-Integration, der Prozess-Flexibilität und der Prozess-Transparenz sowie die Wachstumsstrategie (und die Compliance-Richtlinien). Zusammen mit der aktuellen IT-Maturität definiert dies die Anforderungen für die Weiterentwicklung der betriebseigenen IT. Und auch die benötigten fachlichen Kompetenzen der betriebseigenen IT-Abteilung hängen davon ab. Eigentlich müssten alle IT-Abteilung danach rufen. Sie tun es aber nicht, denn die IT krankt noch immer an der Präferenz für Bottom-Up-Perspektiven, wie sie sich aus dem Programmieren ergeben.




So wichtig es ist, dass das IT-Management vom Programmieren etwas versteht, so falsch ist die Hoffnung, dass mit modernen Entwicklungsmethoden irgendwann viele Hacker die Anforderungen des Business verstehen und zur strategischen Positionierung des Unternehmens beitragen werden. Genausowenig gibt es Grund anzunehmen, dass irgendwann die Managementexperten viel von IT verstehen werden. Heute herrscht im Top-Management (ausgenommen dem CIO/CTO) meist eine krasse Unkenntnis über die Bedeutung der IT als Grundlage für das Business im Allgemeinen und über den tatsächlichen, aktuellen Zustand der eigenen IT-Infrastruktur im Besonderen.





Zum Ausgleich wird von Seiten der IT die Notwendigkeit von unternehmerischen Top-Down-Perspektiven sehr selten zur Kenntnis genommen, weil diese als abstrakt und zu wenig konkret gelten. Oder schlichtweg als minderwertig. Wer keinen richtigen Code schreiben kann, der redet übers grosse Ganze, und das möglichst wenig konkret, so die landläufige Meinung. Doch was einem Programmierer in seiner Rolle ansteht, das taugt für einen IT-Manager nichts.
Diese müssen sich von der Tradition des Bottom-Up-Denkens der IT lösen, ohne dessen Konstrukte wie Patterns, Anti-Patterns und Design-Prinzipien zu verlernen und ganz in die Geschäftswelt abzuheben. Denn die eigentliche Aufgabe des IT-Managements ist die Umsetzung der strategischen Positionierung durch eine tatsächlich implementierte – nicht nur auf dem Papier bestehende – reife IT-Architektur. Diese setzt sich unter anderem aus den erwähnten Bottom-Up-Konstrukten (auf verschiedenen Abstraktionsstufen) zusammen.




Natürlich können wir eine ganz auf die Technik bezogene hohe IT-Maturität erreichen, die grundsätzlich eine tolle Basis für das Business schafft, aber es hat ohne Ausrichtung auf die strategische Positionierung in Bezug auf Standards, Integration, Flexibilität, Transparenz und Wachstum keinen Sinn. Denn selbst wenn es beliebig viel Geld dafür gäbe, würde das Business den Nutzen gar nicht begreifen und auch nicht ausreizen. Nur in einem Punkt haben die Hacker recht: Die strategische Positionierung muss ganz und gar konkret und unzweideutig sein. So dass man daraus eine Beurteilung der Qualität der IT-Architektur ableiten kann. Sonst taugt sie auch nichts.




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