StarOffice im Bundesgericht: Einfach, effizient und kostengünstig


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2004/07

     

Das Bundesgericht in Lausanne und das Eidgenössische Versicherungsgericht in Luzern sind grosse «Papierproduzenten»: Jährlich sprechen sie über 7000 Urteile, abgefasst auf 200’000 Seiten. Dass eine solche Organisation auf eine leistungsfähige und flexible Informatik angewiesen ist, versteht sich von selbst. Seit 2001 verlassen sich die beiden organisatorisch verknüpften Gerichtshöfe auf StarOffice und haben damit gute Erfahrungen gemacht.
Die Arbeit am Bundesgericht stützt sich seit 1988 auf EDV. Damals wurde All-in-1 eingerichtet, eine integrierte Office-Solution auf der Grundlage von VAX/VMS. Diese Plattform ermöglichte den Zugriff auf eine umfangreiche Datenbasis (Urteile, Prozessakten), was den Richtern und Angestellten optimale Arbeitsbedingungen schuf. Zehn Jahre später war es jedoch an der Zeit, eine neue Lösung einzuführen, nicht weil die bisherige Mängel gehabt hätte, sondern weil der Druck von aussen gestiegen war: Externe Stellungnahmen erreichten das Gericht oft in inkompatiblen Dateiformaten.


Sehr gute Erfahrungen

Zunächst standen drei Varianten zur Auswahl: Eine Java-Version von Lotus (die bald ausschied, weil deren Beständigkeit ungewiss erschien), Microsoft Office 2000/Beta-Version und StarOffice Version 5. Folglich hatte das Gericht zu wählen zwischen zwei sehr guten, in mancherlei Hinsicht ebenbürtigen Suites. Die wichtigsten Entscheidungskriterien waren neben den Sicherheitsaspekten die Integrierbarkeit in die bestehende Plattform, Betrieb in einer zentralisierten Informatikinfrastruktur ein Ansatz, der damals wenig in Mode war, sich jedoch aktuell
wieder durchsetzt, wie etwa Thin Clients oder die entsprechende Version von Sun belegen sowie die Gesamtkosten, also Anschaffungs- und Betriebskosten.




Der Chefentwickler der deutschen Star-Division (StarOffice gehörte damals noch nicht zu Sun) überzeugte uns 1998 mit seiner Präsentation, so dass wir 1999 ein Pilotprojekt starteten. Dieser Test sowie die Mitte 1999 erfolgte Ankündigung, Sun werde StarOffice übernehmen, entschied das Verfahren zugunsten von StarOffice; nun war gewährleistet, dass die Weiterentwicklung von StarOffice in guten Händen liegt. Sun und Solaris wurden als Plattform für die gesamte Beschaffung von Hard- und Software bestimmt alles aus einer Quelle verringerte die Risiken, die darin bestanden, dass die meisten Partner des Bundesgerichts, vorab die Bundesverwaltung, mit Microsoft Office arbeiten.
StarOffice passte, und das war das ausschlaggebende Argument, von allen evaluierten Produkten weitaus am besten in die bestehende Architektur, gerade wegen der offenen Standards wie Java. Zudem war StarOffice einfach zu installieren und zu instruieren (wer zuvor auf Word gearbeitet hatte, brauchte bloss einen halben Tag Umschulung) sowie zentral zu betreiben. StarOffice Writer war zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Anwender: lange Berichte, enthaltend Tabellen, Inhaltsverzeichnisse, Grafiken und Fussnoten. Das Einrichten von Templates war einfacher als mit Word. Für den Betrieb von StarOffice auf 350 Arbeitsplätzen zahlt das Bundesgericht heute 12’000 Franken Wartungskosten pro Jahr Microsoft Office hätte ein Mehrfaches gekostet.




Unsere Erfahrungen mit StarOffice im Arbeitsalltag sind sehr gut. Die Anwendungen sind schnell, auch wenn sie über unsere 34-Mbit-Standleitung nach Luzern laufen. Wenn sich andere über Virenangriffe beklagen, kostet uns das bloss ein müdes Lächeln, denn StarOffice ignoriert die Macros von Microsoft Office. Überzeugend sind zudem die Sprachversionen und die Import- und Exportfilter, die uns erlauben, die alten All-in-1-Dokumente ohne Neu-Formatierung zu öffnen. Überdies sorgen neue Templates dafür, dass die Urteilsschriften alle gleich aussehen und standardisierte Ausdrucksweisen verwenden. Kurz: Wer etwas gegen die Monopolisierung im Softwarebereich unternehmen will, findet in StarOffice eine gleichwertige, jedoch wesentlich kostengünstigere Alternative zu Microsoft Office.


Erfolgreiches XML-Projekt

Das Bundesgericht hat Ende des letzten Jahres bereits das erste XML-Projekt (auf Basis der neusten StarOffice-Version) erfolgreich abgeschlossen. In diesem Projekt wird das Sachregister der Amtlichen Sammlung für die Bundesgerichtsentscheide in StarOffice verarbeitet. Für den Druck des Buches werden mit StarOffice nun direkt die PDF-Dateien erstellt, welche anschliessend von der Druckerei direkt und ohne zusätzlichen Aufwand zum Druck gebraucht werden. Die Informationen des Sachregisters hat das Bundesgericht auch auf das Internet aufgeschaltet. Dazu werden die Daten monatlich mittels StarOffice (neuste Version) in XML-Dateien umgewandelt und anschliessend der Öffentlichkeit durch die spezifischen Programme auf dem Internetserver des Bundesgerichts (www.bger.ch) zur Verfügung gestellt.





Zur Zeit wird am Bundesgericht grundsätzlich noch StarOffice Version 5.2 eingesetzt. Ein genereller Wechsel auf die Version 7 ist auf Ende dieses Jahres geplant. Mit der neuen Version werden dem Benutzer wesentlich verbesserte Import- und Export-Filter zu andern Office-Systemen zur Verfügung gestellt. Ferner kann, für den Dokumentenaustausch mit anderen Stellen, ohne Umwege über andere Produkte eine PDF-Datei generiert werden. Mit der neuen Version werden aber auch technische Verbesserungen wie die einfachere Handhabung der «API» beim Programmieren und eine schnellere Ausführung der Macros sowie eine optimale Unterstützung des XML-Formates hinzukommen. Im weiteren können die Konfigurationsparameter der StarOffice-Benutzer in einem LDAP-Verzeichnis verwaltet werden.


Der Autor

Dipl. Ing. Marc von Weissenfluh, Leiter Informatikdienst Schweizerisches Bundesgericht.




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