Aus Fehlern lernen

Flops und Pleiten machten das Wort Berater zum Unwort. Heute schauen die Unternehmen den Consultants viel genauer auf die Finger.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/20

     

Thomas Ghisletti, Leiter Informatik der Zürcher Kantonalbank, spricht vielen Anwendern aus der Seele, wenn er sagt, dass er während der New-Economy-Zeit auch viele negative Erfahrungen mit den Beratern gemacht habe. Die Riesenpleite im Zusammenhang mit dem YOU-Projekt der Bank Vontobel und zahlreiche andere E-Business-Kapriolen bei Grossbanken und Versicherungen sind noch nicht vergessen. Bis die Unternehmen den Consultants diese Sünden restlos vergeben werden, dürften noch Jahre vergehen.



Kommt hinzu, dass Consultants in dieser Zeit nicht nur das Blaue vom Himmel herunterversprochen, sondern auch höllisch abgezockt haben. Tagesansätze um 8000 Franken waren selbst für blutjunge Anfänger nicht selten, die Preise gerieten damals völlig aus dem Lot. "Das Preis/Leistungsverhältnis stimmte bei einzelnen Unternehmen nicht", sagt Ghisletti diplomatisch.




Ghisletti und viele seiner Kollegen habe ihre Erfahrungen mit IT-Consultants gemacht, und entsprechend haben sie den Umgang mit ihnen geändert. Am Anfang stehen immer "klare Leistungsaufträge", sagt Kurt Uhlmann, Leiter Informatik Strategie/Controlling bei Coop. Dabei schauen sich die IT-Chefs auch genau das Personal an, das ihnen das Beratungsunternehmens ins Haus schickt. "Wir akzeptieren nur qualifizierte Leute, sonst werden sie kurzfristig ausgetauscht", lauten die klaren Spielregeln von Uhlmann.



Wenn diese Vorarbeiten in aller Härte durchgeführt werden, sieht es meist auch mit der Zufriedenheit nicht allzu schlecht aus. Die Migros macht laut IT-Chef Rudolf Schwarz deshalb "gute Erfahrungen, weil wir vor der Vertragsunterzeichnung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter evaluieren und dazu in unseren Verträgen harte Selektionskriterien formuliert haben".



Wenn die Berater auf diese Weise an verbindliche Regeln gebunden werden, wenn sie bewiesen haben, dass sie etwas können, werden sie auch von den internen Mitarbeitern akzeptiert. Akzeptanzprobleme, wie sie früher vorkamen, kennen sowohl Ghisletti als auch Uhlmann und Schwarz keine.



InfoWeek: Haben Sie derzeit externe Berater in Projekten involviert? Wenn ja, um welche Art von Projekten handelt es sich dabei?

Thomas Ghisletti, ZKB: Die ZKB Informatik setzt punktuell Berater ein. Insbesondere werden Berater für eine zweite Meinung engagiert und/oder wenn es darum geht, gezieltes Know-how zu transferieren.

Kurt Uhlmann, Coop: Ja. Wir arbeiten mit Beratern zusammen bei der Einführung beziehungsweise dem Customizing der SAP R/3-Module Retail, HR und CRM.

Rudolf Schwarz, Migros: Ja, wir arbeiten in den grossen SAP-Retail-Projekten mit externen Implementierungspartnern zusammen.



Welche Erfahrung haben Sie mit externen Beratern generell gemacht?

Thomas Ghisletti: Auch die ZKB Informatik machte in der Vergangenheit sowohl positive als auch negative Erfahrungen mit Beratern. Insbesondere während der New-Economy-Zeit stimmte das Preis/Leistungsverhältnis bei einzelnen Unternehmen nicht. Dies wurde aber bei uns im Verlauf der letzten zehn Monate weitgehend korrigiert und wir haben die notwendigen Konsequenzen gezogen. Im übrigen bevorzugen wir Berater, die auch bei der Realisierung von Projekten Verantwortung übernehmen.

Kurt Uhlmann: Die direkte Zusammenarbeit mit SAP in der Schweiz und Deutschland hat sich bewährt. Wir akzeptieren nur qualifizierte Leute, sonst werden sie kurzfristig ausgetauscht. Wir erteilen dabei klare Leitungsaufträge.

Rudolf Schwarz: Wir haben gute Erfahrungen gemacht, weil wir vor der Vertragsunterzeichnung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter evaluieren und dazu in unseren Verträgen harte Selektionskriterien formuliert haben.



Haben die Berater immer noch ein Akzeptanzproblem bei internen Mitarbeitern?

Thomas Ghisletti: Die Zusammenarbeit zwischen ZKB-Mitarbeitenden und externen Beratern verläuft ohne Probleme.

Kurt Uhlmann: Berater mit qualifiziertem Know-how und Umsetzungsvermögen haben eine gute Akzeptanz.

Rudolf Schwarz: Das Problem stellt sich bei uns nicht, weil die Teams an einem Ort und miteinander am Projekt arbeiten und die internen wie die exteren Mitarbeiter von einem (internen) Projektverantwortlichen geführt werden.



Schindler baut One Single Client

Ein weltweit operierender Konzern hat typischerweise verschiedene Projekte gleichzeitig am Laufen. So auch der in Ebikon ansässige Aufzug- und Rolltreppenkonzern Schindler. "Wir haben verschiedene grössere und kleinere Projekte in Arbeit. Ein Vielzahl davon wird von unserer eigenen IT-Firma bearbeitet", sagt Riccardo Biffi, zuständig für die Unternehmenskommunikation. Aber bei einigen Projekten seien auch externe Berater involviert. Die Führung liege dabei aber immer bei den Leuten von Schindler.




Zu den wichtigsten derzeitigen Projekten zählt die Entwicklung eines neuen "One Single Client Systems" für alle europäischen Schindlergesellschaften, sagt Biffi. Darunter versteht das Unternehmen die Schaffung einer einheitlichen IT-Plattform, über die sämtliche Businessprozesse geregelt werden beziehungsweise darauf zugegriffen werden kann. Dabei setzt Schindler auch schwergewichtig auf das Know-how von Beratern. Und fährt nicht schlecht dabei: "Unsere Erfahrungen mit Beratern sind insofern gut, als die Führung bei eigenen Leuten liegt und weil beim One-Single-Client-Projekt der Definition der Prozesse eine ganz entscheidende Rolle zukommt." Die Definition erfolgt intern, die "Übersetzung in die IT" extern.



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