Grossraumbüros sind in

Lärm ist einer der grössten Stressfaktoren, auch im Grossraumbüro. Trotzdem haben Schweizer Firmen nur gute Erfahrungen gemacht.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/02

     

Beim Thema Grossraumbüro scheiden sich die Geister. Eine Studie von Psychologen der Cornell University in Ithaca hat gezeigt, dass Arbeiten im Grossraumbüro krank macht. Bereits geringer Lärm verursacht Stress und beeinträchtigt die Leistungskapazität. Grossraumbüros sollen für das Wohlergehen und letztlich für die Qualität der Arbeit weniger förderlich sein als kleinere Räume, in denen nur ein oder zwei Kollegen arbeiten.




Arbeitspsychologen und Einrichtungsexperten wiederum behaupten das Gegenteil: Das Arbeiten im Grossraumbüro macht den Beteiligten viel Spass, die Kommunikation wird gefördert, die Informationen fliessen schneller und die Produktivität steigt.


Intersiver Informationsaustausch

Viele IT- und New Economy-Unternehmen haben sich für die Einführung von Grossraumbüros entschieden. Firmen aus traditionellen Bereichen wollen nicht auf die neuen Bürolandschaften umstellen oder gehen sogar nach und nach wieder auf kleinere Büroeinheiten zurück. Schweizer Unternehmen sehen Grossraumbüros oftmals als Massnahme, um die Fixkosten pro Arbeitsplatz zu senken. Ausserdem hofft man, dass die offenen Räume einen intensiveren und unkomplizierteren Informationsaustausch der Mitarbeiter untereinander bewirken.



Beim Computerhersteller Dell arbeitet weltweit die ganze Belegschaft, inklusive der Direktionsmitglieder, in Grossraumbüros. "Einzig die Kollegen aus dem Human Resource haben eigene abschliessbare Räume, für die Vertraulichkeitsbewahrung der gehandhabten Dokumente und zur Wahrung des Datenschutzes", weiss Bea Melchior, die Pressesprecherin der Schweizer Niederlassung.




Auch bei IBM ist das Arbeiten in Grossraumbüros in allen Firmensitzen der Schweiz seit vielen Jahren Usus. Von den rund 3000 Mitarbeitern sind in der Zwischenzeit mehr als ein Drittel sogar Desksharers. "Diese Zahl wird mit dem Bezug des geplanten Neubaus in Zürich-Altstetten im Jahr 2005 noch ansteigen. Die IBM setzt konsequent auf Grossraumbüros und Desksharing und hat damit bis heute gute Erfahrungen gemacht", sagt Susan Orozco von IBM. Bei einer Umfrage im vergangenen Jahr, nach Bezug von neuen Grossraumbüros, wurde die Frage nach dem Wohlfühlen am Arbeitsplatz von 94 Prozent der Mitarbeiter mit "sehr wohl/wohl" beantwortet. Auch gaben 95 Prozent der Belegschaft an, dass ihnen der Arbeitsplatz sehr gut oder gut gefalle.




Alles Gewohnheitssache

Laut Executive Director Monika Walser schätzen die meisten Sunrise-Mitarbeiter die Arbeit im grossen Büro, da sie auf diese Weise Informationen von anderen Mitarbeitern mitbekommen und so in einem ständigen Nachrichtenfluss stehen. Beim Telekomunternehmen sind Grossraumbüros Standard.



Experten behaupten, Arbeiten im Grossraumbüro macht krank - wurden diese Erfahrungen auch in der Schweiz gemacht? "Auf keinen Fall", sagt Monika Walser, "im Gegenteil, es verstärkt die Teamarbeit. Allerdings haben wir auch keine Grossraumbüros für mehr als 20 Mitarbeiter, ausser die Callcenter."




Das Arbeiten im Grossraumbüro ist Gewohnheitssache, weiss man bei Dell. Und habe man sich erst mal daran gewöhnt, sei es die selbstverständlichste Sache der Welt, mit vielen Kollegen in einem Raum zu arbeiten. "Das Grossraumbüro trägt sicher zu einer gewissen kommunikativen und offenen Atmosphäre bei, die man in einem geschlossenen Büro nie so verspürt. Ich glaube aber nicht, dass sie direkt mit der Qualität der Teamarbeit im Zusammenhang steht", sagt Bea Melchior.



Um ungestört zu arbeiten, bieten viele Firmen ihren Angestellten die Möglichkeit, ihre Aufgaben stunden- oder tageweise zu Hause auszuüben, so auch IBM. "Von dieser Möglichkeit machen auch Nicht-Desksharer Gebrauch", weiss Susan Orozco. "Wir bieten aber den Mitarbeitern auch Ruheräume, wo sie sich zurückziehen können."



Wer bei Sunrise unbehelligt arbeiten will, sucht ein Sitzungs- oder Telefonzimmer auf. Bei Dell stehen Konferenzräume für ungestörtes Schaffen zur Verfügung, und zudem wird die Alternative geboten, ab und zu einen Tag im Home Office einzulegen.




Zukunftsvisionen

Im Büro der Zukunft hat keiner seinen eigenen Arbeitsplatz. Beim Desksharing, wie bei IBM und anderen Konzernen bereits teilweise üblich, werden Bürolandschaften Standard, in denen keiner mehr einen Schreibtisch sein eigen nennt, sondern sich täglich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsplätze einen herauspickt. Morgens schnappen sich die Mitarbeiter den Rollcontainer, in dem sie ihre Arbeitsunterlagen verstaut haben, und lassen sich dort nieder, wo sie am liebsten sitzen und gerade ein Platz frei ist. Abends räumen sie ihren Schreibtisch wieder frei. Laut Forschern haben die Angestellten in diesem System die Wahl: Gruppenräume, Besprechungszimmer, abgeschottete Einzelbüros, durch Glaswände einsehbare Einzel- und Zweierräume oder ein wohnzimmerartiger Bereich mit Sofas und Sessel für lockere Runden. Die Planer erhoffen sich vom flexiblen Arbeitsplatz bessere Abläufe, motiviertere Mitarbeiter und geringere Kosten.



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