Der Monitormarkt ist im Wandel - TFT-Displays verdrängen die Röhre
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/42
LCD-Display oder Röhrenmonitor? Für viele Unternehmen steht diese Frage bei der Anschaffung neuer Geräte mehr und mehr im Zentrum. Räumliche Aspekte stehen dabei genauso im Vordergrund wie Einsatzbereich, Gesundheits- und Umweltkriterien sowie klimatische Umgebungsbedingungen. Bis vor kurzem war der Einsatz eines TFT-Displays anstelle eines Röhrengeräts aufgrund des hohen Preisunterschiedes in der Masse noch kaum denkbar. Heute, bei stetig sinkenden Preisen der LCDs ist immer mehr davon die Rede - und die Vorteile für einen Einsatz von TFT-Displays sind ja auch sehr gewichtig. Kalkuliert man die Mietkosten für die Bürofläche, die ein Röhrenmonitor in einem Unternehmen mit vielen Arbeitsplätzen auf engem Raum mehr benötigt, amortisiert sich der Mehrpreis für ein LCD-Panel schnell.
Da die Hersteller die LCD-Technologie zusehends verbessern und sich parallel dazu auch die Preise stark nach unten orientieren, scheint dem Siegeszug der Flachen nichts mehr im Wege zu stehen. Der viel kleinere Platzbedarf, das bis zu zehn Mal geringere Gewicht, die Strahlungsarmut und immer brillantere Farben unterstreichen diese Tatsache noch. Ein 17-Zoll-LCD-Monitor ist denn heute auch schon bereits unter 1000 Franken zu haben, und noch weitaus günstiger sind die 15-Zoll-Modelle, die schon unter 600 Franken über den Ladentisch gehen. Gut, die Qualität solcher Geräte kann angezweifelt werden, erstens verfügen die billigsten Geräte nicht über eine umfangreiche Multimedia-Ausstattung wie ihre teureren Kollegen, und zweitens wirkt sich der tiefe Preis oft negativ auf die Reaktionszeit der Geräte aus. Das ist sicherlich mit ein Grund, warum die Hersteller oft vergessen, diese Angaben auf den ersten Blick ersichtlich zu machen. Wer sich gerne mal einen DVD-Film über den PC anschauen oder Grafik-intensive Games spielen möchte, sollte schon nach einem Display mit mindestens 35 ms Reaktionszeit Ausschau halten, sonst ist die Enttäuschung über die schleichenden Bilder gross und es wird allenfalls nichts aus dem geplanten gemütlichen Abend.
Nichtsdestotrotz ist der Siegeszug der LCDs nicht aufzuhalten und verzögert sich nur leicht in bestimmten Branchen. Bei den Herstellern nachgefragt, wird deutlich, wie fortgeschritten dieser Siegeszug schon ist.
Gingen Anfang dieses Jahres noch mehr Röhrenmonitore über die Ladentische als LCDs, hat sich dieses Verhältnis gegen Mitte Jahr in etwa ausgeglichen und sich ab dem dritten Quartal 2001 sogar bereits zugunsten der LCDs gewandelt.
Diese Trendwende bestätigt denn auch Michael Keel, Senior Manager Marketing, Central Europe, Sony: "Anfang Jahr verkauften wir noch zirka dreimal mehr Röhrenmonitore als LCDs, aber seit September fällt das Verhältnis verkaufter Einheiten etwa 2:1 zugunsten der Flachbildschirme aus."
Diese Wende betrifft aber nicht alle Röhrenmonitore gleichsam. Der Rückgang ist vor allem im Bereich der 17-Zöller massiv. "Wer bislang einen 17-Zoll-Röhrenmonitor im Einsatz hatte, wird sich bei einer Neuanschaffung auf ein LCD-Gerät fixieren", meint denn Keel weiter.
Noch deutlicher kommt dieser Trend bei Apple zur Geltung, wo seit Mai dieses Jahres der letzte Röhrenmonitor aus dem Produkteangebot genommen wurde. "Wir setzen voll auf TFT-Displays", sagt Rolf Lehmann, Product Manager Hardware bei Apple. So präsentiert sich denn auch die Verkaufspalette, je ein Modell im 15-Zoll-, 17-Zoll- und 22-Zoll-Bereich wird angeboten und die Ansteuerung geschieht bei allen Geräten nur noch digital.
Röhrenbildschirme ab 20-Zoll-Diagonale werden aber nach wie vor noch etwa in den selben Stückzahlen verkauft wie zuvor. Dies unterstreicht auch Leonard Leutwiler, Geschäftsführer Seyffer CCW und spezialisiert auf die Distribution im Grafiksektor: "Anwender, die auf Anzeigegeräte von 20 Zoll oder grösser angewiesen sind wie beispielsweise Grafiker, Architekten oder CAD-Spezialisten, setzen nach wie vor auf die Röhrentechnologie. Die Preise ähnlich grosser LCD-Displays sind im Verhältnis noch viel zu hoch und die Wiedergabe in Echtfarben noch zu ungenau". Es ist also anzunehmen, dass der Röhrenmonitor in der Grafikindustrie noch eine längere Überlebenszeit vorweisen dürfte. "Wir spüren zwar einen starken Anstieg bei der Nachfrage nach LCD-Geräten, verkaufen aber in unserem bevorzugten Bereich noch immer etwa dreimal mehr Röhrenmonitore", gibt Leutwiler hierzu an.
Der Untergang der Röhrenmonitore ist aber längerfristig wohl kaum aufzuhalten. Dies beweist auch eine Umfrage in den meisten Branchen. Kaum eine, mit Ausnahme der bereits erwähnten grafischen Branche, die sich bei einer Neuanschaffung nicht generell nach einem LCD-Bildschirm umschaut.
An Kundenberührungspunkten in Banken oder Versicherungen sieht man kaum mehr Röhrenmonitore im Einsatz. So werden beispielsweise bei der Zürcher Kantonalbank heute bereits keine Röhrengeräte mehr angeschafft, erklärte uns Mauro Cappelli, Zentraleinkauf Hardwarebeschaffung bei der ZKB. Zwar seien noch viele Röhrenmonitore im Einsatz, der Anteil der LCDs habe aber bald die 50-Prozent-Hürde überschritten. Im Front-Office-Bereich, also da, wo man sich in unmittelbarem Kundenkontakt befindet, ist man schon länger vollumfänglich auf 15-Zoll-LCDs umgestiegen. Im Back-Office-Umfeld dagegen seien noch mehrheitlich Röhrenmonitore im Einsatz, und diese werden noch so weit wie möglich genutzt.
Nicht anders präsentiert sich die Situation bei den Versicherungen. So sind denn auch bei der Winterthur Versicherung bereits zirka 40 Prozent aller eingesetzten Monitore LCD-Displays. Gleich wie bei den Banken, legt man auch hier die Priorität auf die Kundenberührungszonen, also die Agenturen. "In unseren über 500 Generalagenturen und Agenturen in der ganzen Schweiz sind bereits heute ausschliesslich 15-Zoll-LCD-Displays im Einsatz," sagt Markus Zürcher, Leiter IT User- & Project-Support der Winterthur Versicherungen. "Die etwas älteren Röhrenbildschirme werden noch in den grösseren, zentralen Verwaltungsgebäuden benutzt. Diese Arbeitsplätze werden aber auch nach und nach auf LCDs umgerüstet", fügt Zürcher an. Unterschiede bei der Beschaffung eines Monitors zwischen Management und Mitarbeitern gäbe es nicht, sagten beide Parteien.
Auch in Computerschulen scheint der Röhrenmonitor ausgedient zu haben. Es sind zwar auch hier noch vermehrt solche "Riesen" im Einsatz, aber auch sie werden mit der Zeit durch LCDs ersetzt. Bei Digicomp, einer der führenden Computerschulen in der Schweiz, sind heute bereits 25 von 110 Schulungsräumen mit 18-Zoll-LCD-Displays ausgerüstet. Oliver Ernst, Geschäftsbereichsleiter Dienste & Technik bei Digicomp, meint denn auch: "Die Röhre hat in unserem Bereich sicherlich bald ausgedient. Neue Schulungsräume werden bei uns ausschliesslich mit 18-Zoll-TFT-Displays bestückt, in älteren werden die Röhrenpendants nach und nach ersetzt."
Öffentliche Schulen, zum Beispiel in der Stadt Zürich, hinken dem Trend allerdings noch etwas hinterher. Dies wohl nicht zuletzt basierend auf einem noch immer gültigen Stadtratbeschluss, der infolge Sparmassnahmen den Einsatz von TFT-Displays in Verwaltungen verbietet. Vielleicht müsste man diesbezüglich noch einmal über die Bücher, will man doch mit einem Projekt namens "Kits für Kids" 22'000 Schülerinnen und Schülern der Stadt Zürich die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien näher bringen. Und ist es nicht so, dass gerade in Schulzimmern die Platzvorteile der LCDs besonders gut zur Geltung kämen? Dazu meint Markus Häfliger, Projektleiter "Kits für Kids": "Aufgrund von Sparmassnahmen kann ich einen Einsatz von Röhrenmonitoren zur Zeit nicht ausschliessen, obwohl wegen akuter Platzprobleme in den Schulzimmern ein Einsatz von TFT-Displays geradezu ideal wäre." Da die Einführung dieses Projekts erst auf Mitte 2002 geplant ist und die Preise der LCDs bis dahin sicherlich noch weiter sinken, kann man sich aber getrost der Hoffnung hingeben, dass sich auch Stadtratsbeschlüsse beizeiten ändern.
Die Grafikindustrie ist noch zurückhaltend, wenn es um den Einsatz von LCD-Displays geht. So sieht man denn in dieser Branche noch vermehrt grosse Röhrenmonitore ab 20 Zoll im Einsatz. Der Hauptgrund hierfür ist die in der Branche "lebens"-wichtige Farbkalibrierung. Claude Derendinger, Leiter IT bei der Werbeagentur Advico Young & Rubicam, sagt dazu: "Es ist erstrebenswert in unserer Branche, dass die gezeigten Farben am Bildschirm exakt den Farben eines späteren Drucks entsprechen. Da dies von LCD-Displays noch nicht zufriedenstellend erfüllt wird, dürfte es noch eine Weile dauern, bis sie auch in unserer Branche den Röhrenmonitor ersetzen. Kommt dazu, dass die Preise für ähnliche Grössen noch beinahe doppelt so hoch sind wie bei den Röhren." Es seien zwar Bestrebungen im Gange, die Farbechtheit der LCDs mit Hilfe einer Software zu erreichen, es fehle hierbei allerdings noch an Erfahrungswerten. "Ich bin mir sicher, dass, wenn die Farbechtheit bei den TFT-Displays zufriedenstellende Resultate bringt und die Preise deutlich nach unten kommen, auch in unserer Branche die Röhre langsam verschwinden wird", erklärt Derendinger.
Doch nicht nur in Unternehmen gewinnen LCD-Displays Überhand, auch im privaten Bereich wird die Röhre bald ausgedient haben. Hier kommt dem Argument des geringeren Platzbedarfs noch viel mehr Bedeutung zu. Sicherlich haben die Mehrzahl der Heimanwender noch klassische 17-Zöller zu Hause stehen, aber die nächste Anschaffung eines schnelleren Rechners wird in den meisten Fällen unweigerlich auch den Kauf eines neuen LCD-Monitors nach sich ziehen, denn die Preise werden noch weiter sinken.
Diesen Trend kann man denn auch bei Media Markt verfolgen. So bestätigt Urs Spahr, Marketingleiter Media Markt Schweiz: "Seit die Preise für TFT-Displays stark gesunken sind, spüren wir eine überproportionale Nachfrage nach solchen Geräten. Bereits heute sind über 80 Prozent aller verkauften Monitore im Media Markt LCD-Panels." Und diese Nachfrage beschränkt sich nicht nur auf 15-Zöller. "Unsere Kunden verlangen immer mehr auch nach 17- oder 18-Zoll-LCDs", gibt Spahr hierzu an. So bleibt es wohl auch im Media Markt nur noch eine Frage der Zeit, bis die Röhrenmonitore aus den Regalen verschwinden.
Die Umfrage zeigt deutlich, dass die Tage des Röhrenmonitors gezählt sein dürften. Als Quasistandard für den heutigen IT-Arbeitsplatz kristallisiert sich eindeutig das 15-Zoll-LCD-Display heraus. Grössere TFT-Bildschirme wie 17- oder 18-Zöller werden vorläufig noch selten und nur an spezialisierten Arbeitsplätzen eingesetzt, im Privatmarkt ist ein Trend in diese Dimensionen jedoch jetzt schon sichtbar. Röhrenmonitore behaupten sich noch in der grafischen Branche, in der man auf grosse Bildschirmdiagonalen und exakte Farbwiedergabe angewiesen ist, wo vergleichbare LCDs noch zu ungenau und viel zu teuer sind.