Recht im Internet: Bessere Chancen für Geldwäscher im E-Banking?

Bei Banking-Services im Internet identifiziert sich der Kunde, wenn er das Konto erst einmal eröffnet hat, nur noch elektronisch. Wer seine elektronische Identität richtig eingibt, wird von der Bank als der Kunde akzeptiert, selbst wenn der ursprüngliche Kunde diese Identität einer kriminellen Organisation übergeben hat.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/38

     

Die Schweiz steht in der Bekämpfung von Geldwäscherei weltweit auf höchstem Niveau. Dafür gibt es auch gute Gründe, wurden doch in der Schweiz im Jahr 2000 alleine von Banken rund 3700 Milliarden Franken an Kundenvermögen verwaltet. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2000 bei der Meldestelle für Geldwäscherei rund 600 Millionen Franken als verdächtig gemeldet. Dies sind weniger als 0,2 Promille der in der Schweiz verwalteten Vermögen und ungefähr 0,3 bis 1 Promille der laut Schätzung des Währungsfonds weltweit pro Jahr gewaschenen Gelder. Obwohl es keiner Bank der Welt je gelingen wird, alle versteckten Gelder krimineller Herkunft zu enttarnen, machen diese Zahlen doch deutlich, dass wir uns noch verbessern müssen.


Neue Technologien für Geldwäscher

Doch auch die Geldwäscher werden sich verbessern. Und dazu bieten elektronische Bankdienstleistungen die Möglichkeiten. Bei Banking-Services im Internet wie dem sogenannten E-Banking identifiziert sich der Kunde, wenn er das Konto erst einmal eröffnet hat, nur noch elektronisch. Wer seine elektronische Identität richtig eingibt, wird von der Bank als der Kunde akzeptiert, selbst wenn der ursprüngliche Kunde diese Identität zum Beispiel dem Buchhalter einer kriminellen Organisation übergeben hat. Ein solcher Buchhalter geniesst ausserdem weitere Vorteile des E-Banking: Dadurch, dass er seinen Computer an die Systeme der Bank anschliessen kann, muss er komplizierte, zeitlich aufeinander abgestimmte Zahlungen über mehrere Banken und Länder - Geldwäscherei - nicht jedes Mal neu eingeben. Er schreibt ganz einfach Programme dafür oder lässt sich diese von bezahlten Hackern schreiben. Wenn solche Systeme geschickt aufgebaut werden, ist es für eine einzelne Bank kaum möglich, die Geldwäscherei alleine aufgrund der bei ihr getätigten Transaktionen zu entdecken.





Der Fall "Netfill"

Wer dies als theoretische Mutmassungen bezeichnet, der darf den amerikanischen Kriminalfall "Netfill" nicht vergessen. In diesem Fall gelang es dem Betreiber einer Pornoseite im Internet, im Jahr 1999 von rund einer Million Kreditkarten einen Betrag von je rund 50 Dollar abzubuchen und diese rund 50 Millionen US-Dollar über ein Jahr verteilt in kleinen Portionen von amerikanischen Banken auf eine Bank im Ausland zu überweisen. Bezeichnenderweise flog er nicht wegen diesen Transaktionen auf, sondern wegen der Häufung von Reklamationen durch betrogene Kreditkartenkunden.





Was ist zu tun?

Die aufgezeigten Probleme lassen sich weder alleine durch "die Banken" noch durch den Erlass von noch schärferen Gesetzen beheben. Die Lösung liegt vielmehr darin, den Herausforderungen von technologisch versierten Geldwäschern mit eigener Spitzentechnologie in Behörden und Banken zu begegnen. Gefordert sind dazu nicht einfache Transaktionsfilter für verdächtige Umsätze, sondern modernste Datenanalyse-Tools, welche die gesamte Kundenbeziehung auf verdächtige Elemente untersuchen. Die so gesammelten Verdachtsmeldungen des Finanzplatzes müssen in ebenso professioneller Weise von spezialisierten Behörden gesammelt, koordiniert und ausgewertet werden. Nur durch solch vorbildliches Verhalten haben wir eine Chance, die Demontage unseres Finanzplatzes und Wirtschaftsmotors durch Steuerbegehrlichkeiten der EU unter dem Deckmantel der Geldwäscherei-Bekämpfung zu verhindern.



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