Netzwerken für die Karriere
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/34
Beziehungen schaden nur dem, der keine hat. Wer dagegen die richtigen Leute kennt und von ihnen geschätzt wird, profitiert in allen Lebensbereichen davon. Networking nennt man die methodische und systematische Pflege eines Kontaktnetzes, von dem man privat wie beruflich profitieren kann", so beschreibt Uwe Scheler in seinem Buch "Erfolgsfaktor Networking" die Kunst, Beziehungen zu knüpfen, zu pflegen und zu nutzen. Dabei ist es gleichgültig, ob man einen kompetenten Treuhänder, einen gewieften Anwalt für Medienrecht oder Tips für die Bewerbung beim Unternehmen XY braucht - der erfolgreiche Netzwerker kennt jemanden, den er um Rat fragen kann. Ein solches Netzwerk entsteht natürlich nicht von alleine, sondern will sorgfältig aufgebaut und ständig gepflegt werden.
Wenn früher von "Vitamin B" gesprochen wurde, meinte man das negativ - da hatte sich einer durch persönliche Kontakte einen Vorteil verschafft. Heute redet man lieber von Networking und kann daran nichts Unredliches finden: Während Männer sich seit gut hundert Jahren im Militär, in Sportvereinen oder in Businessclubs wie Rotary oder Lions Vitamin-B-Spritzen holen, boomen weibliche Allianzen erst seit Anfang der 80er. Früher nannte man solches Geschäftsgebaren "Beziehungen haben" oder "Vetterliwirtschaft". Heute nennt man Seilschaften vornehm "Netzwerke", und die werden immer wichtiger. Auf der einen Seite, weil gute Netzwerke Geschäftskontakte, Aufträge oder persönliche Karriereschritte versprechen. Auf der anderen Seite wollen Firmen die Beziehungen und Vernetzungen ihrer Mitarbeiterinnen nutzen. Denn Frauen sind mittlerweile besser organisiert als Männer. "Es gibt mehr Frauennetzwerke als organisierte Männerbünde", beobachten Vertreterinnen der Frauenbünde.
Allein beim Bund Schweizerischer Frauenorganisationen sind über 100 Netzwerke registriert. Sie sind entweder auf kantonaler Ebene tätig oder decken das gesamte Land ab. Sie verhelfen Frauen zur Selbständigkeit, beraten beim Wiedereinstieg in den Beruf oder bieten die Gelegenheit, sich mit anderen auszutauschen.
Für die Vorsitzende der Vereinigung Wirtschaftsfrauen Schweiz, Astrid van der Haegen, ist ein Netzwerk eine profitable Sache. Und das läuft bei den Wirtschaftsfrauen Schweiz so: "Ich empfehle einer Kollegin einen Fachmann für Eventmanagement, und dafür lässt sie ihre Website von mir gestalten", erklärt die Kommunikationsberaterin. "So werden Aufträge, Know-how, Beziehungen und Erfahrungen weitergegeben und ausgetauscht. Das schöne bei den Wirtschaftsfrauen ist, dass es keinen Neid und keine Intrigen gibt. Wir sind alle erfolgreiche Businessfrauen, die mit Stolz auf Erreichtes blicken können und dieses gerne teilen." Das Netzwerk verfolgt das Ziel, die wirtschaftlichen Interessen der Frauen zu fördern. Zum Teil werden aber auch private Verbindungen erweitert. Neben einem Impulsprogramm für Neustarterinnen, einem Mentoring-Programm für weibliche Nachwuchskräfte, wo junge Frauen die Möglichkeit haben, an der Seite einer Führungskraft Praxisluft zu schnuppern, veranstalten die Wirtschaftsfrauen jedes Jahr ein zweitägiges Forum.
Networking ist eine langwierige Geschichte. Ein persönliches Netzwerk aufzubauen, braucht viel Zeit. Am meisten profitieren kann man von Networking, wenn man die Dynamik von Geben und Nehmen beachtet. Was man im Gegenzug anbieten kann, erfährt man erst, wenn man nicht nur auf die Information oder den eigenen Kontakt fixiert ist, den man von einer Person erhält, sondern auch die andere Seite erkundet. Diese Balance hält die gegenseitige Unterstützung aufrecht.
Ebenso zentral: Die Networking-Strategie muss zur eigenen Person und zur Lebenssituation passen. Ein Freiberufler ist stärker auf Kontakte angewiesen als ein Beamter; ein introvertierter Künstler wird sich eher auf die Pflege eines kleinen Netzes konzentrieren als ein Marketingprofi. Was Networking nicht sein sollte: lästig, anstrengend, eine reine Stimmungssache, korrupt und ausbeuterisch. Networking kann Spass machen, erfordert aber viel Initiative und Kontinuität.
Zum Aufbau neuer Kontakte ist die Fähigkeit gefragt, auf andere Menschen zuzugehen, Interesse am Gesprächpartner zu signalisieren und die Bereitschaft, sich auch ein Stück weit selbst zu offenbaren.