Recht im Internet: Domain-Vergabe

Der Bund mischt bei der Domain-Vergabe kräftig mit.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/30

     

Domain-Inhaber aufgepasst! Waren es bisher vor allem selbsternannte deutsche Wettbewerbshüter oder Konkurrenzfirmen, die Schweizer Inhabern von Domainnamen das Leben schwer machten, droht diesen nun hausgemachte Gefahr. Wichtigstes Novum der zur Revision anstehenden Verordnung über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich AEFV ist die vorgesehene Kompetenz des Bakom, bei Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses sogenannte gemeinfreie Begriffe für die Benutzung durch den Staat freizuhalten oder dem privaten Inhaber zu entziehen. Domainnamen wie www.recht.ch, www.fernsehen.ch oder www.gott.ch könnten schon bald per Verordnung aus dem Verkehr gezogen werden. Ein Eingriff des Staates, der meines Wissens europaweit einzigartig ist und sich weder zum Schutz des Verbrauchers noch des Wettbewerbes aufdrängt. Die intensive gerichtliche Auseinandersetzung mit diesen Fragen in Deutschland zeigt klar auf, dass mit dem Prinzip des "first come, first served" und den marken- und wettbewerbsrechtlichen Leitplanken die missbräuchliche Verwendung von Gattungsnamen bereits heute wirksam bekämpft werden kann.


Höchstens fünf Jahre

An den Kragen gehen soll es gemäss der neuen Verordnung, die ursprünglich Anfang Oktober 2001 hätte in Kraft treten sollen, auch den sogenannten Domain-Grabbern, die während der Pionierzeit des Internet unzählige Domain-Namen für sich haben registrieren lassen. Vorgesehen ist nämlich, dass Domain-Namen, die während fünf Jahren nicht effektiv benutzt wurden, neu zugeteilt werden können, falls nicht ein Rechtfertigungsgrund seitens des Inhabers vorliegt. Was unter "nicht effektivem Benutzen" konkret zu verstehen ist, werden letztendlich die Gerichte zu entscheiden haben. Ein einfaches "Welcome" auf der Startseite oder die Umleitung auf eine Domain-Händler-Seite werden für eine effektive Benutzung kaum ausreichen. Besonders für Domain-Händler - wie das kürzlich eröffnete Namecenter von Bluewin - brechen damit schwere Zeiten an, müssen sie doch jede ihrer Domains "effektiv" benutzen, um nicht Gefahr zu laufen, sie früher oder später zu verlieren. Die Bestrebungen, Domain-Namen auch in der Schweiz als verwertbare Vermögenswerte zu betrachten, werden damit bereits im Keime erstickt. Ganz im Gegensatz zu Deutschland oder den USA, wo sich daraus in den letzten Jahren ein richtiggehender Wirtschaftszweig entwickelt hat.





Privilegien für Gemeinden

Auch der Bündner Unternehmer, der unter der Internet-Adresse www. buchs.ch seine Dienstleistungen anbietet und darum herum ein florierendes Geschäft aufgebaut hat, wird nach Inkrafttreten der neuen Bestimmungen nicht mehr lange Freude an seinem aussagekräftigen Domain-Namen haben. Gemeinde- und Kantonsnamen sollen nämlich künftig für die entsprechenden Kantone und Gemeinden reserviert sein. Die entsprechenden Namen sollen per 1. Oktober 2002 neu zugeteilt werden. Eine angemessene Entschädigung bekommt der ehemalige Inhaber des Domain-Namens höchstens, wenn er gutgläubig gehandelt hat. Wer als gutgläubig und was als angemessen gelten soll, wird sich weisen müssen - ebenso welche der vier Schweizer Gemeinden, die sich Buchs nennen, im obgenannten Fall den Zuschlag erhalten soll. Kontroversen sind auch beim aktuellen Gerichtsfall www.luzern.ch absehbar. Gemäss Verordnungsentwurf steht die Domain, um die sich der private Inhaber und die Stadt Luzern streiten, ab 1. Oktober 2002 nämlich dem Kanton Luzern zu.





Grundsatz bleibt erhalten

Abgesehen von diesen drei Ausnahmen wird im Verordnungsentwurf aber am Grundsatz "first come, first served" weiterhin ausdrücklich festgehalten. Die Registrierungsstellen werden - zum Glück für sie - im allgemeinen nicht gehalten sein, jede Anmeldung auf ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen. Lediglich bei offensichtlichen Verstössen gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder gegen Strafbestimmungen muss die Registrierung künftig verweigert werden. Auch Kantons- oder Gemeindenamen dürfen nicht mehr vergeben werden. Bei Marken-, Wettbewerbs- oder Namensrechtsverletzungen muss der Inhaber der Rechte aber weiterhin vor dem Zivilrichter Klage erheben - oder eben im Sinne von Angebot und Nachfrage eine gütliche Einigung erzielen. So wie kürzlich die Firma Root AG und die Luzerner Gemeinde Root mit einer gemeinsamen Einstiegsseite unter www.root.ch.



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