Vergleichstest: Defragmentier-Tools

Windows 2000 bietet zwar ein Defragmentier-Tool. Dennoch kann sich der Kauf eines Programms von einem Drittanbieter lohnen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/25

     

Zwar ist das Dateisystem NTFS von Windows NT und Windows 2000 dem FAT-Dateisystem im allgemeinen überlegen. In einem Punkt aber sind sich die beiden Systeme ähnlich: Sowohl bei FAT als auch bei NTFS werden Dateien im Laufe der Zeit zersplittert. Wenn Dateien so gross werden, dass sie nicht mehr an ihrem ursprünglichen Ort als Ganzes gespeichert werden können, schreibt das Dateisystem die Fortsetzung der Daten an einen beliebigen freien Platz. Bei diesem Vorgang spricht man von einer Fragmentierung der Dateien. Fragmentierte Dateien bedeuten wiederum einen Zeitverlust beim Lesen und beim Schreiben.



Um die vielen Fragmente im Griff zu behalten, arbeitet NTFS mit einer Master File Table (MFT), in welcher Metadaten über die Dateien und Verzeichnisse gespeichert sind. Die MFT ist selbst auch wieder eine Datei, die bei zunehmender Fragmentierung im Umfang wächst. Irgendwann kann es soweit kommen, dass der für die MFT reservierte Platz aufgebraucht ist, worauf die MFT selber fragmentiert wird. Dies bedeutet dann eine weitere Einbusse in der Performance des Systems.




Bis vor kurzem war es unmöglich, eine fragmentierte MFT wiederherzustellen. Inzwischen sind alle in diesem Artikel erwähnten Tools auch dazu in der Lage. Die Programnme, bei denen es sich hierbei handelt, sind Diskeeper 6.0 von Executive Software, Norton Speed Disk, eine Komponente der Norton Utilities 2001 von Symantec, und O&O Defrag 2000 Professional Edition von O&O Software.


Diskeeper 6


Diskeeper integriert sich vollständig in die Management Console und ersetzt dabei das interne Defragmentierungsprogramm von Windows 2000. Auf den ersten Blick ist kaum ein Unterschied zwischen Diskeeper und dem Windows-eigenen Defragmentier-Tool zu sehen. Die Ähnlichkeit ist jedoch nicht zufällig, da das Defragmentier-Tool von Windows 2000 aus demselben Hause wie Diskeeper stammt. Schaut man genauer hin, entdeckt man eine Reihe neuer Schaltflächen auf der Werkzeugleiste. Mit Hilfe dieser Schaltflächen und dem Pull-down-Menü reizt man die Funktionen des Programms aus.



Darunter befindet sich beispielsweise ein Scheduling-Agent, den Executive Software mit dem klingenden Namen "Set It and Forget It" bezeichnet hat. Hier kann Diskeeper in regelmässigen Abständen und/oder zu festgelegten Zeiten zum Laufen gebracht werden.




Zwei besondere Funktionen von Diskeeper sind Frag Guard und die Möglichkeit, die Master File Table (MFT) sowie die Auslagerungsdatei beim Boot-Vorgang zu defragmentieren. Frag Guard versucht dabei, die Fragmentierung der MFT und der Auslagerungsdatei in geringsten möglichen Mass zu halten, so dass das Defragmentieren während des Boot-Vorganges nur selten notwendig sein soll. Dies wird erreicht, indem Frag Guard der MFT und der Auslagerungsdatei erlaubt, sich zusammenhängend zu erweitern. Die Grenzwerte sowie die Zeitpunkte für das Defragmentieren der MFT und der Auslagerungsdatei können dabei vom User bestimmt werden.



Eine weitere ausgeklügelte Funktion erlaubt es, sowohl für das automatische als auch für das manuelle Defragmentieren separate Prioritäten anzugeben. Somit kann man beispielsweise dem Programm eine hohe Priorität für die manuelle Defragmentierung zuteilen, während dem Defragmentieren im Hintergrund eine tiefe und damit ressourcensparende Priorität zugeteilt wird.



Endlich können bestimmte Dateien und Verzeichnisse von der Defragmentierung ausgenommen werden. Die vom Programm durchgeführten Aktionen können in einer Logdatei aufgezeichnet werden.




Norton Speed Disk 5.0


Norton Speed Disk ist Teil der Norton Utilities 2001 (InfoWeek 38/2000) und daher nicht als Einzelprodukt erhältlich. Dies erschwert zwar einen direkten Preis/Leistungsvergleich, aber zur Veranschaulichung des Funktionsumfanges haben wir Norton Speed Disk trotzdem miteinbezogen.



Norton Speed Disk verwendet eine eigene Administrationskonsole, die im Aufbau Microsofts Outlook nachempfunden ist. Daher kann das Utility nicht in die Management Console eingebunden werden.




Was ausserdem auffällt, ist, dass die Analysefunktion in Norton Speed Disk etwas in den Hintergrund gerückt ist. Dies gilt sowohl für deren Plazierung als auch für den Funktionsumfang. Ausser dem manuellen Defragmentieren können in Norton Speed Disk natürlich auch zeitgesteuerte Tasks programmiert werden. Ausser der Auswahl eines festen Intervalles kann der Defragmentier-Vorgang auch zum Zeitpunkt des Bootens festgelegt werden.



Als Ergänzung kann ein Defragmentieren auch von einem Grenzwert ausgelöst werden. Hierbei kann entweder ein automatischer Wert, der bei 20 Prozent liegt, gewählt werden, oder der Wert kann frei definiert werden.



Ausser einer Exklusionsliste für Dateien und Verzeichnisse kann man für bestimmte Dateien auch festlegen, ob sie am Anfang oder am Schluss des belegten Platzes oder gar am Schluss der Festplatte abgelegt werden sollen.




O&O Defrag 2000 Professional Edition


Das in Deutschland hergestellte Defragmentier-Tool bietet gleich drei verschiedene Methoden zum Defragmentieren an. Die mit den anderen Produkten am ehesten vergleichbare Methode ist SPACE. Daneben gibt es noch zwei erweiterte Methoden, nämlich COMPLETE/Name und COMPLETE/ Date. Bei diesen Defragmentier-Methoden werden die Dateien zusätzlich alphabetisch respektive nach Datum sortiert. COMPLETE/Name eignet sich für Server, bei denen sich die Dateien nur sehr selten verändern. COMPLETE/ Date hingegen ist besonders bei Dateiservern einzusetzen, da die Files nach ihrem Zugriffsdatum sortiert werden.



O&O Defrag 2000 ist in der Management Console integriert, und bereits bei der Installation des Tools hat der User die Wahl, bestehende Defragmentier-Tools entfernen zu lassen, wobei in diesem Falle auch wahlweise ein Backup erstellt werden kann.




Im unteren Teil der GUI von O&O Defrag 2000 können wahlweise Jobs oder die grafische Aufteilung der gewählten Festplatte angezeigt werden. Für die Zeitsteuerung der Defragmentierung unterscheidet O&O Defrag 2000 grundsätzlich Jobs und Tasks. Jobs sind dabei Aufgaben, denen ein Zeitpunkt zur Ausführung zugeteilt wurde. Dieser Zeitpunkt kann dabei einmalig oder in bestimmten Intervallen gewählt werden. Tasks lassen sich in ähnlicher Weise wie Jobs konfigurieren, können aber nur manuell ausgeführt werden.



Was bei O&O Defrag 2000 offensichtlich fehlt, ist die Möglichkeit, eine Defragmentierung ausgehend von einem Grenzwert in Gang zu setzen. Dafür umfasst das Defragmentier-Tool eine automatische Überwachung der Systemressourcen. Somit entfällt der Bedarf für manuelle Einstellungen von Job-Prioritäten. Wenn ActivityGuard von O&O Defrag 2000 eingeschaltet wird, passt sich der Defragmentier-Job automatisch den zugänglichen Systemressourcen an, wobei die Systembelastung in keinem Falle mehr als 50 Prozent betragen wird.



Als besonders flexibel und anwenderfreundlich erweist sich auch die Boot-Defragmentierung von O&O Defrag 2000. Wahlweise kann mit diesem Vorgang die MFT, die Registry und/oder die Auslagerungsdatei defragmentiert werden.




So gingen wir vor


Alle drei Produkte wurden auf einer NTFS-Partition unter Windows 2000 Professional getestet. Die rund 2 GB grosse Partition war gemäss dem Windows 2000 eigenen Defragmentier-Tool zu Beginn 15 Prozent fragmentiert.



Vor dem Test der Produkte haben wir von dieser Partition mit Drive Image Pro von PowerQuest ein Image erstellt, so dass für alle drei Produkte eine gleiche Ausgangslage geschaffen werden konnte. Danach wurden alle drei Produkte einzeln ausprobiert, wobei nach jedem Test natürlich das ursprüngliche Image wieder eingelesen wurde.




Bevor wir die NTFS-Partition mit den einzelnen Tools defragmentierten, führten wir eine Analyse des Laufwerks durch, unter anderem um festzustellen, wie die Tools die Fragmentierung bewerteten. Diskeeper berechnete 35 Prozent Fragmentation und O&O Defrag 2000 30 Prozent. Damit lagen die Ergebnisse dieser beiden Tools recht nahe bei einander. Norton Speed Disk hingegen meldete eine Fragmentation von 47,5 Prozent, während das interne Deframentier-Tool von Windows - eine ältere und abgespeckte Version von Diskeeper - wie erwähnt nur 15 Prozent anzeigte.



Dauer und Systembelastung einer gewöhnlichen, manuellen Defragmentierung mit Standardeinstellungen waren ebenfalls unterschiedlich, wie aus der untenstehenden Tabelle hervorgeht. Zum Vergleich brauchte das Defragmentier-Tool von Windows 2000 13 Minuten für den Vorgang. Die durchschnittliche CPU-Belastung betrug 31 Prozent, während das Programm ca. 5 MB RAM belegte.




Fazit


Während Norton Speed Disk bezüglich Performance deutlich hinter den beiden anderen Kontrahenten liegt, sind sich Diskeeper und O&O Defrag 2000 beinahe ebenbürtig. Diskeeper ist bei nur halb so hoher CPU-Belastung wie O&O Defrag 2000 nur geringfügig langsamer, aber der Unterschied ist minimal, wenn man bedenkt, dass die Job-Priorität den jeweiligen Bedingungen angepasst werden kann. Norton Speed Disk müssten betrachtliche CPU-Ressourcen zugeteilt werden, wenn der Prozess schneller durchgeführt werden sollte.




O&O Defrag 2000 besticht gegenüber Diskeeper vor allem durch seine umfangreiche Funktionspalette. Besonders hervorzuheben ist die Flexibilität bei der Job-Steuerung. Dafür bietet Diskeeper mit Frag Guard eine technologisch interessante Lösung. Da es sich beim Defrag-Tool von Windows 2000 um ein Executive-Software-Produkt handelt, hat Diskeeper den Vorteil des bekannten Look-and-Feel.



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