Marktpräsenz muss rechtlich definiert sein

Wer im Internet Waren oder Dienstleistungen verkaufen will, hat es in der Regel mit einer undefinierten Anzahl von Kunden aus den verschiedensten Ländern und damit den unterschiedlichsten Rechtsordnungen zu tun. Lukas Fässler erläutert, was man dabei beachten muss.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/25

     

Wer im Internet Waren oder Dienstleistungen verkaufen will, hat es in der Regel mit einer undefinierten Anzahl von Kunden aus den verschiedensten Ländern und damit den unterschiedlichsten Rechtsordnungen zu tun. Ohne eine ausdrückliche Marktabgrenzung auf der Website des Anbieters muss der User davon ausgehen, dass sich der Auftritt an alle potentiellen Kunden richtet, die über das Internet kommunizieren. Und das sind die Konsumenten auf der ganzen Welt. Für manche Unternehmen ist gerade dies eine interessante Perspektive, die durch den neuen Vertriebskanal eröffnet wird. Dieser Vorteil hat aber auch einen gravierenden rechtlichen Nachteil. Man kennt den Kunden nicht, weiss nichts über seine Bonität und kennt insbesondere die allenfalls zu berücksichtigenden rechtlichen Rahmenbedingungen seines Wohnsitzlandes nicht (z.B. Werbeverbot für Tabak und Alkohol).


Regionale Anbieter

Da viele Shop-Betreiber ihr Angebot aber gar nicht weltweit anpreisen wollen, ist eine klare Abgrenzung der geografischen Marktpräsenz und Leistungsbereitschaft in den meisten Fällen vonnöten. Wer beispielsweise nur in die Schweiz verkaufen (und liefern) will, der muss dies dem Surfer an prominenter Stelle auf der Website kommunizieren. Dies kann durch einen deutlich hervorgehobenen Legal Disclaimer (Rechtliche Hinweise) auf der Einstiegsseite oder eine entsprechende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) erfolgen. Technisch aufwendiger ist eine Plausibilitätskontrolle der Adressangaben der Kunden.





EU einen Schritt voraus

Gerade die EU hat in den vergangenen Jahren grosse Anstrengungen unternommen, dem Prinzip des freien Binnenmarktes auch unter dem Aspekt der grenzüberschreitenden Kommunikation und des Handels zwischen Anbietern und Nachfragern zum Durchbruch zu verhelfen. Das Europäische Parlament und der Europa-Rat haben auf jeweilige Initiative der EU-Kommission zahlreiche Richtlinien erlassen, welche direkt oder indirekt auch den Online-Auftritt eines Unternehmens beeinflussen. Dabei sind unter anderem verschiedene Mindestvorschriften entstanden, deren Nichtbeachtung für den Online-Anbieter einschneidende Rechtsfolgen haben kann. Dem Schutz des Konsumenten wird in den Richtlinien besondere Bedeutung beigemessen. Innerhalb einer bestimmten Frist sind die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, diese Richtlinien in nationales Recht zu überführen. Die EU-Staaten sind dabei frei, weitergehende Vorschriften zu erlassen, welche den EU-Mindeststandard noch übertreffen. Ein schönes Beispiel ist in diesem Zusammenhang unser nördliches Nachbarland. In Deutschland hat jeder Online-Shopper ein 14tägiges Widerrufsrecht, obwohl in der EU-Fernabsatz-Richtlinie (Art. 6) die Minimaldauer auf 7 Tage festgelegt ist.





Konsequenzen für Schweizer Shop-Betreiber

Angesichts des rund 80prozentigen EU-Anteils der schweizerischen Exporte, liegt für die Mehrheit schweizerischer Unternehmen die Priorität in der rechtlichen Absicherung des Online-Auftritts auf den EU-Markt.



Im Vordergrund einer rechtlich korrekten Orientierung des Online-Auftritts stehen heute sicher die E-Commerce- und die Fernabsatz-Richtlinie. Beide regeln direkt Bereiche, welche beim Online-Shopping von Bedeutung sind. So räumt die Fernabsatz-Richtlinie dem Konsumenten ein jederzeitiges, nicht zu begründendes Widerrufsrecht ein, während die E-Commerce-Richtlinie beispielsweise die Minimalstandards für das Zustandekommen eines elektronischen Vertrages oder die Haftungsregeln für Provider regelt. Eine weitere Richtlinie über den Datenschutz normiert die Mindestanforderungen an den Personendatenschutz in der EU. Diese richtet sich insbesondere auch an Online-Anbieter, welche Informationen über ihre Kunden sammeln und diese an Dritte weitergeben oder selber auswerten und allenfalls Konsumentenprofile für die Direktwerbung erstellen. Die neuste EU-Richtlinie, die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, statuiert bezüglich des Verkaufs von Verbrauchsgütern auch über Internet die EU-Mindestgarantien. Sie wird auf den 1. Januar des nächsten Jahres von allen EU-Staaten umzusetzen sein. Das heisst, dass der Konsument ab diesem Zeitpunkt einen EU-weiten Anspruch auf die in der Richtlinie festgelegten Mindestgarantien hat.



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