Editorial

Die AHV-Nummer und der Datenschutz


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/12

     

Am 6. Juni 2006 hat der Nationalrat der Vorlage zur Neugestaltung der Schweizer AHV-Nummer zugestimmt, der Ständerat bereits eine Session vorher. Damit kann ab 2008 allen Einwohnerinnen und Einwohnern der Schweiz eine 13-stellige, eindeutige, unveränderliche und neutrale Personennummer zugeteilt werden, welche deren Identifikation im Verkehr mit den Sozialversicherungen (AHV, IV usw.) und mit anderen, klar bezeichneten Kernbereichen der öffentlichen Verwaltung (namentlich Einwohnerkontrolle, Bevölkerungsstatistik) einfacher und sicherer machen wird.
Die neue AHV-Nummer löst die alte ab, welche ab Einführung der AHV (1947) ermöglich­te, mit den damaligen technischen Mitteln (Lochkartenmaschinen) Such- und Sortierprozesse rein numerisch und daher rationeller auszuführen. Die sogenannte «sprechende» alte AHV-Nummer liess sich aus Familiennamen, Geschlecht, genauem Geburtsdatum und Zusatzgrössen berechnen, musste allerdings in bestimmten Fällen, etwa bei einem Namenswechsel bei Heirat, im Laufe des Lebens einer Person neu zugeteilt werden. Sie war also weder stabil noch eindeutig. Aber sie funktionierte lange Zeit gut, wurde von jedermann als «die eigene AHV-Nummer» erkannt und versprach für später eine Altersrente. Eine höchst sympathische Nummer also.





Schon 1980 machten Informatiker (wegen der Instabilität und Nichteindeutigkeit) und Datenschützer (wegen den «sprechenden» Komponenten) Vorstösse, die alte AHV-Nummer zu ersetzen. Eine neue Verwaltungsnummer wollten die Behörden aber in den Datenschutz-empfindlichen 80er und 90er Jahren dem Volk nicht zumuten. So unterblieb der Wechsel bis heute.
Jetzt ist er aber dringlich und unumgänglich. Viele europäische Länder haben längst eine eindeutige Personennummer für Kernbereiche der Verwaltung eingeführt. Wenn die Schweiz im Bereich des E-Government nicht noch weiter ins Hintertreffen geraten will, muss dieser Schritt schnell kommen. Glücklicherweise hat das Parlament dem Systemwechsel nun klar zugestimmt. Leider tauchten aber in der politischen Diskussion unter dem Argument «Datenschutz» (eigentlich «Persönlichkeitsschutz») auch Ideen auf, die dieses wichtige Anliegen nicht ganz verstanden haben. Zwei Beispiele:
➤ Die neue Nummer sei «anonymisiert» und stelle damit den Datenschutz bereits sicher. Falsch! Eine nichtsprechende Nummer ist zwar datenschutzmässig besser als eine sprechende. Aber die viel grössere Datenschutzgefahr kommt von der Verknüpfbarkeit verschiedener Datenbanken. Daher muss der Kreis der mit dieser Nummer arbeitenden Verwaltungsbereiche ausdrücklich durch das Gesetz beschränkt werden.






➤ Mit der bisherigen Lösung seien keine Verknüpfungen möglich gewesen, daher wäre diese datenschutzmässig besser. Falsch! Haben solche Votanten noch nie etwas von Google und ähnlichen Suchsystemen gehört? Verknüpft werden kann längst alles und jedes. Nur fehleranfälliger und unsicherer und damit schlechter und teurer sind Lösungen ohne die neue Nummer.




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