Architektur: Wieviel ist zuviel?


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/13

     

Nach einer architekturfeindlichen Zeit im E-Hype, als Innovation und Geschwindigkeit weit wichtiger erschienen als Konsistenz und Integration, haben Architekturfragen in letzter Zeit wieder Konjunktur. Architektur im Sinne einer Entwicklung und Fortschreibung von Bebauungsplänen ist ein wichtiges Hilfsmittel, um vermeidbare Komplexität zu beseitigen (beispielsweise Erkennung redundanter Strukturen) sowie Konsistenz und Agilität zu erhöhen (zum Beispiel Komponentenbildung «im Grossen»). Die Konzentration auf beispielsweise Software oder IT-Infrastruktur unterstützt jedoch nur das erste Ziel, und dies auch nur partiell. Um alle Ziele zu verfolgen, muss der Gesamtzusammenhang betrachtet werden: Mittels geeigneter Software-Services lassen sich Applikationen agiler gestalten, mittels geeigneter fachlicher Services lassen sich Prozesse schneller ändern, und mittels geeigneter Integrationskomponenten können fachliche Strukturen und IT-Strukturen flexibler aufeinander abgestimmt werden. Zu den wichtigste Architekturen in Unternehmungen und anderen Organisationen gehören die folgenden:


• Geschäftsarchitektur: Leistungsverflechtung im Wertschöpfungsnetzwerk, Produkte, Ziele


• Prozessarchitektur: Leistungsentwicklung,
-erstellung und -vertrieb in einer Organisation einschl. des operativen Prozessmanagements


• Integrationsarchitektur Applikationen: fachliche Services und Informationsflüsse


• Softwarearchitektur: Softwarekomponenten und Datenstrukturen


• IT-Architektur: Hardware- und Netzwerkkomponenten
«Unternehmensarchitektur» verknüpft diese Artefakte und Abhängigkeiten über die Teilarchitekturen hinweg (z.B. Applikationen mit Prozessen und Produkten) und bildet so die Basis verschiedener Analysen wie z.B. Abhängigkeits-, Abdeckungs-, Heterogenitäts- und Wirtschaftlichkeitsanalyse. Mit diesen werden wichtige Informationsmanagement-Prozesse wie IT-Business-Alignment, Business Continuity Planning und Security-Management unterstützt.
In der Konsequenz kommt als «Owner» und Sponsor der Unternehmensarchitektur sowie als Treiber für umfassende Projekte wie z.B. Alignment, Business Continuity Planning, Compliance Management finanziell und organisatorisch nur die Unternehmensleitung in Betracht. Diese kann operative Verantwortlichkeiten und Projekte an den CIO-Bereich (Integrations-, Software- und IT-Architektur), das Business Development (Geschäftsarchitektur) oder Business-Einheiten (Prozessarchitekturen) delegieren.






Architekturmanagement im Sinne der Entwicklung bzw. Fortschreibung, Durchsetzung und Kommunikation von Architekturen auf den verschiedenen Ebenen und über diese hinweg ist wichtig. Genauso wichtig ist es allerdings, sich auf Gesamtzusammenhänge und aggregierte Strukturen zu beschränken. Architekturen ersetzen keine Bestandsführung, und «Unternehmens-» heisst nicht unternehmensweit. Die Entscheidung für Werkzeuge, die auch die fachlichen Aspekte ausreichend genau abbilden (und nicht nur die IT-Architektur), ist deshalb genauso wichtig wie die Abgrenzung der Unternehmensarchitektur von Prozess-Detailmodellierung, Softwarekomponenten-Management, Produktmodellen und anderem mehr. Viel (Detail) hilft meist nicht viel, sondern gefährdet den Gesamterfolg.




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