Wem gehört die Software?
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/05
Gemäss dem Urheberrechtsgesetz ist ein Arbeitgeber allein zur Ausübung der ausschliesslichen Verwendungsbefugnisse an Software berechtigt, die bei «Ausübung dienstlicher Tätigkeiten sowie in Erfüllung vertraglicher Pflichten geschaffen wird». «Bei Ausübung dienstlicher Tätigkeit» bedeutet, dass die Software im Rahmen der Arbeit für das Unternehmen programmiert wurde. Dies kann auch zu Hause geschehen, wenn Home Office bei der Firma üblich ist. «In Erfüllung vertraglicher Pflichten» wird eine Software geschaffen, die vom Mitarbeiter in der Funktion programmiert wird, die im Arbeitsvertrag oder im Stellenbeschrieb schriftlich festgehalten wurde (zum Beispiel «Informatiker»). Letzteres kann sich insbesondere beim Fehlen eines schriftlichen Vertrages auch aus den Umständen ergeben.
Freelancer sind Programmierer, die nicht mit Einzelarbeitsvertrag angestellt sind, sondern selbständig im Rahmen eines Auftrags oder Werkvertrags arbeiten. Bei den Rechten an Software von solchen Freelancern kommt die sogenannte Zweckübertragungstheorie zur Anwendung. Diese besagt, dass bei solcher Software nur so viele Rechte vom Freelancer an seinen Auftraggeber übergehen, wie zur Erfüllung des Vertrages notwendig sind. Da gerade dies unklar sein kann, ist dringend zu raten, die Frage der Rechte an Software im Freelancing-Verhältnis explizit und schriftlich zu vereinbaren. Dabei besteht grundsätzlich Vertragsfreiheit. Der Freelancer wird wohl darauf bedacht sein, möglichst wenige Rechte zu übertragen – also beispielsweise Rechte nur zu lizenzieren, jedoch nicht zu verkaufen. Der Auftraggeber wird versuchen, die Rechte an der Software möglichst umfassend zu erhalten. Wer welche Rechte behält oder erhält ist schlussendlich eine Sache der Marktmacht.
Nein. In der anwaltlichen Praxis werden wir immer häufiger von besorgten Anwendern konsultiert, die vom Verband der Musik- und Filmproduzenten IFPI Schweiz ein Schreiben erhalten haben, in dem ihnen mitgeteilt wird, dass man festgestellt habe, dass sie illegal Inhalte – vorwiegend Musik – vom Internet heruntergeladen hätten. Dabei teilt IFPI mit, man verzichte auf ein zivil- und/oder strafrechtliches Vorgehen, wenn der User eine Vergütung von mehreren Tausend Franken bezahle.
Was IFPI jedoch verschweigt ist, dass der Download von urheberrechtlich geschützten Inhalten, mit Ausnahme von Software, gemäss Art. 19 des Urheberrechtsgesetzes zum privaten Konsum in der Schweiz erlaubt ist – sogar, wenn die Inhalte illegal auf dem Netz angeboten werden. Dies haben der Bundesrat in seiner Botschaft zu dem erst 2008 in Kraft getretenen revidierten Urheberrechtsgesetz sowie der einzige bekannte Entscheid eines Gerichts (KG GR 27.07.2006) explizit bestätigt.
Vorsicht geboten ist jedoch bei Internet-Tauschbörsen, bei denen die eingesetzten Programme oft für den Download einen Upload verlangen. Der Upload von urheberrechtlich geschützten Inhalten ist, im Gegensatz zum Download zum privaten Gebrauch, illegal. Können Down- und Upload voneinander nicht getrennt werden, wird der ganze Vorgang illegal.
Kein Rechtsanwalt kann IFPI davon abhalten, zivil- oder strafrechtliche Schritte einzuleiten. Wenn man für den «Poker» mit IFPI keine Nerven hat, das prozessuale Risiko scheut und nicht sicher ist, ob man auch Inhalte ins Internet hochgeladen hat, einigt man sich vielleicht besser mit IFPI und versucht allenfalls den zu bezahlenden Betrag auf eine angemessene Höhe zu handeln. Ist man jedoch sicher, dass man urheberrechtlich geschützte Werke ausschliesslich heruntergeladen und nur privat im Sinne des Urheberrechts konsumiert hat und scheut einen Prozess und das entsprechende Kostenrisiko nicht, besteht bei der gegebenen Rechtslage kein Anlass, IFPI dafür etwas zu zahlen. Im Übrigen sind Prozesse auch für IFPI mit grossen Risiken verbunden. Die Rechtslage spricht gegen IFPI, ein Schaden ist in diesem Bereich sehr schwierig nachzuweisen und die schweizerischen Gerichte sind bei der Zusprechung von Schadenersatz sehr zurückhaltend. IFPI dürfte zudem negative Präjudizien scheuen. Setzt IFPI trotzdem zum prozessualen Sprung an, ist es auf jeden Fall ratsam, einen Rechtsanwalt zu konsultieren.