Wie Software zum Service wird
Quelle: Vogel.de

Wie Software zum Service wird

Claudio Hintermann, CEO des Software-Herstellers Abacus, erklärt, wie man aus einem traditionellen ERP-System eine SaaS-Lösung macht und wo die Herausforderungen liegen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/04

     

Herr Hintermann, Sie und Ihr Entwickler-Team haben über drei Jahre lang entwickelt, programmiert und getestet. Im Januar schliesslich konnten Sie dann Abacus vi lancieren. Erklären Sie doch ganz kurz, was Abacus vi technologisch von den Vorgängerversionen so grundlegend unterscheidet.


Claudio Hintermann: Abacus vi wurde von Grund auf als Server-basierende Software-as-a-Service-Lösung entwickelt. Die ganze Business-Logik ist Server-basierend. Nur das eigentliche Benutzerinterface wird auf der entsprechenden Arbeitsstation dargestellt. Dabei passt sich das «Look & Feel» dem entsprechenden Betriebssys-tem an. Abacus vi sieht auf Windows wie eine Windows-, auf Apple wie eine Apple- und auf Linux wie eine Linux-Applikation aus.


Wie viele Personen waren insgesamt an der Entwicklung von Abacus vi beteiligt? Mussten Sie dazu erst neues Know-how aufbauen oder gar auf externes zurückgreifen?
An der Entwicklung von Abacus vi waren insgesamt über 100 Personen beteiligt. Nicht mitgerechnet sind dabei die Entwickler der diversen Open-Source-Projekte, die wir teilweise gesponsert haben und ohne die eine so schnelle Entwicklung kaum möglich gewesen wäre.

Was waren rückblickend die schwierigsten Momente bei der Entwicklung der Software-as-a-Service-Lösung?
Die grösste Herausforderung lag darin, die «alte Garde» von Delphi-Entwicklern auf Java zu schulen und dafür zu begeistern. Dabei war nicht nur das Lernen einer komplett neuen Programmiersprache das Problem, sondern dass das Programmierparadigma grundsätzlich verschieden ist. Während man bei Delphi auf die umfangreichen Ressourcen der Arbeitsstation zugreifen kann und bei einem Fehler meistens nur die einzelne Arbeitsstation betroffen ist, so muss man bei einer Java-SaaS-Lösung viel vorsichtiger und umsichtiger programmieren, weil der Arbeitsspeicher des Servers sehr knapp ist und aufgeteilt werden muss. Ein Fehler im Programmiercode oder auch nur eine ineffiziente Programmierung kann verheerende Auswirkungen haben, auch auf andere Programme.


Welche Tips können Sie Unternehmen, die vor einem ähnlichen Schritt stehen wie Sie vor drei Jahren, also ihre im Markt etablierte Software zu einer Service-Lösung «umbauen» wollen, geben?
Man kann eine etablierte ERP-Software nicht einfach nur «umbauen». Man muss sie, wie wir das getan haben, von Grund auf neu konzipieren und programmieren, damit sie für den Server- und damit SaaS-Betrieb geeignet ist. Andernfalls treten unweigerlich Performance-, Skalierungs- und Stabilitätsprobleme auf. Um ans Ziel zu kommen, braucht es motivierte Programmierer, einiges an Kapital und ziemlich viel gute Nerven.

Sie als Entwickler von Abacus vi haben sich entschlossen, die SaaS-Lösung nicht selber anzubieten, Ihre Partner sollen das für Sie tun. Raten Sie anderen, vielleicht kleineren Software-Entwicklerfirmen zu einem ähnlichen Schritt oder sollen sie je nachdem durchaus auch zum Hosting-Anbieter werden?
Es kommt sehr auf die Art der SaaS-Lösung an. Bei ERP-Software muss ein externer Installationsbetreiber einiges über die Applikationen wissen, damit er diese für den einzelnen Kunden «massschneidern», sprich richtig parametrisieren und konfigurieren kann. Ein «reiner» Hoster ist dazu traditionellerweise heute kaum in der Lage, da es dafür auch viel betriebswirtschaftliches Know-how braucht. Für Abacus ist die kompetente Betreuung des Kunden von zentraler Bedeutung, weshalb unsere SaaS-Lösung von einigen unserer Vertriebspartner angeboten wird. Sie haben das nötige Applikations-Know-how.


Wenn Abacus selber als Hosting-Partner für die Endkunden auftreten würde, dann würden wir mit diesem Angebot unsere bestehenden Vertriebspartner konkurrenzieren. Das würde eine Abkehr von unserem bisherigen indirekten Vertriebsmodell bedeuten und das wollen wir nicht. Es hätte auch als Konsequenz, dass wir uns nicht nur zu einem professionellen Hosting-Anbieter entwickeln, sondern gleichzeitig auch noch Beratungs- und Implementierungskapazitäten aufbauen müssten.


(mv)


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