Handy fürs Gewissen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2010/01
Ökologisch zu leben, ist gar nicht so einfach. Umso mehr sollte man jede Möglichkeit nutzen, sein grünes Gewissen ein wenig zu beruhigen. Eine solche Möglichkeit bietet nun Samsung mit seinem Handy GT-S7550, das mit der Zusatzbezeichnung Blue Earth verkauft wird. Der Name ist Programm: Bereits beim Auspacken des Geräts hört man den Wald erleichtert aufatmen, ist das Handy doch in hübschen, braunen und mit Öko-Logo versehenen Recycling-Karton verpackt, der sich sogar in einen Bilderrahmen umfunktionieren lässt.
Doch auch das Gerät selbst ist mächtig ökologisch. Gefertigt wird es aus recyclierten PET-Flaschen, und die Rückseite des in der Farbe «Ocean Blue» gehaltenen Handys besteht aus Solarzellen, mit denen das Gerät in der Theorie aufgeladen werden kann. Laut Hersteller reichen eine Stunde Sonnenschein für zehn Minuten Gesprächszeit. Unter der winterlichen Schweizer Nebeldecke ist diese Angabe nur schwer zu überprüfen, und ohnehin werden die Solarzellen in der Praxis wohl eher selten zum Einsatz kommen. Dies aus dem Grund, weil das Handy dafür mit der Display-Seite nach unten an die Sonne (bzw. unter eine Lampe) gestellt werden muss, was wohl nicht allzu häufig passiert.
Ist das Handy einmal eingeschaltet, geht es mit der Ökologie weiter: So findet sich ein Eco Mode, der die Displaybeleuchtung dimmt und die Hintergrundbeleuchtung rasch wieder ausschaltet, um Strom zu sparen. Und tatsächlich hält der Akku angenehm lange. Ausserdem findet sich ein Schrittzähler, der ausrechnet, wie viel CO2 man eingespart und Bäume man rettet, indem man läuft anstatt Auto fährt. Doch damit nicht genug mit Ökologie. So erinnert zum Beispiel der Kalender daran, dass etwa am 2. Februar Weltfeuchtgebietstag ist. Das weiss nicht jeder!
Doch das Handy ist nicht nur grün, sondern auch umfangreich ausgestattet mit allem, was ein modernes Telefon heute zu bieten hat – inklusive HSPDA, WLAN und Full-Touchscreen. Und bei eben diesem Touchscreen liegt die grosse Schwachstelle des Geräts. Das Display reagiert schlicht und einfach nicht so intuitiv und benutzerfreundlich, wie man es etwa von einem iPhone oder einem HTC-Gerät kennt. Ganz mühsam wird es, wenn es draussen kalt ist (was es ja öfters mal ist in dieser Jahreszeit). In der Kälte eine SMS zu schreiben ist ein Ding der Unmöglichkeit, weil das Drücken auf die virtuelle Tastatur schlicht ignoriert wird. Der zweite Schwachpunkt ist die Tastatursperre – ein Knopf an der Seite, welcher mit dem Knopf für die Kamera kombiniert ist. So schaltet man öfters mal die Kamera ein, anstatt das Telefon zu sperren, und ruft dann auch gerne aus Versehen mal jemanden an – was öfters während des einwöchigen Tests passierte.
Ansonsten aber gibt es am Gerät nichts auszusetzen. Die Gesprächsqualität ist hoch, die Oberfläche mit den Widgets gefällt, und die Verarbeitung ist ausgezeichnet. Wenn nur der Touchscreen etwas besser wäre.
(Marcel Wüthrich)
(mw)