Erfolgreiche Outsourcing-Projekte

Outsourcing-Projekte scheitern häufig an Management-Fehlern. Eine aktuelle Untersuchung der Universität St.Gallen bietet Einblicke in wesentliche Erfolgsfaktoren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/09

     

IT-Outsourcing-Projekte sind meist mit grossen Zielen verbunden. Leider stellt sich in vielen Fällen nicht der gewünschte Erfolg ein. Offensichtlich ist die Umsetzung entsprechender Projekte mit vielfältigen Herausforderungen verbunden. Dies gilt besonders bei einer Verlagerung der Wertschöpfung in andere Länder (Nearshore, Offshore). Das Institut für Marketing an der Universität St. Gallen hat daher zwischen November 2008 und Juni 2009 in einer Marktstudie die wesentlichen Faktoren für ein erfolgreiches Outsourcing analysiert. Die Untersuchung basiert auf über 300 Interviews mit CIOs und Outsourcing-Experten aus der Schweiz, Deutschland und Österreich.


Der Studie zufolge besteht in der Schweiz punkto Outsourcing noch Nachholbedarf. Die Outsourcing-Quote inländischer Unternehmen ist im internationalen Vergleich relativ niedrig. Dies kann sich jedoch in den nächsten Jahren ändern. Eine Mehrzahl der befragten Executives sieht Outsourcing als relevante Option. Fast alle befragten CIOs (95%) verbinden damit eine deutliche Kostensenkung. Häufig steht eine Reduktion von 20 bis 40 Prozent der Ist-Kosten zur Diskussion.


Gleichzeitig soll auch die Performance steigen. Dies zeigt sich beispielsweise in Qualitätsverbesserungen (79%), einer Erhöhung der Flexibilität auf Kundenseite (62%) oder der Stärkung der Innovationskraft (40%). Schliesslich spielen bei Outsourcing-Entscheidungen auch die Fokussierung auf Kernaufgaben (53%) und die Auslagerung von Risiken (32%) eine Rolle.


Allgemein ist in den nächsten Jahren von einer Veränderung der Zielgewichtung auszugehen. Während Outsourcing noch vor einigen Jahren fast ausschliesslich eine Strategie zur Kostensenkung darstellte, verschiebt sich der Schwerpunkt heute zunehmend in Richtung Qualität und Innovation.


Die mit Outsourcing verbundenen Erwartungen sind hoch, lassen sich aber nicht immer erfüllen. Fast genau so hoch wie die Ziele sind die mit Outsourcing verbundenen Enttäuschungen. Die befragten Kunden sehen vielseitige Umsetzungsprobleme. Ambitionierte Kostenziele werden durch Moving Targets, RFC-Prozesse (Request for Change) und eine mangelnde Performance unterlaufen. Besonders bei OffshoringProjekten zeigen sich erhebliche Qualitätsmängel. Allgemein scheint die Motivation und Innovationskraft des Outsourcers bei langfristigen Verträgen zu erlahmen. Outsourcing bietet theoretisch interessante Vorteile, diese werden jedoch in vielen Fällen durch Managementfehler und Probleme in der Kooperation zwischen den beteiligten Partnern torpediert.



Outsourcing-Erfolgsfaktoren

Bei der Suche nach Erfolgsfaktoren zeigen sich sechs wesentliche Ansatzpunkte. Dabei setzen die meisten Untersuchungsteilnehmer (70%) den Fokus auf die Qualität der Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Outsourcer. Outsourcing ist keine Routineaufgabe. Die Verlagerung von Prozessen stellt hohe Anforderungen an die Kooperations- und Veränderungskompetenz der beteiligten Partner. Um mit Outsourcing erfolgreich zu sein, sind so gut wie immer organisatorische Veränderungen erforderlich. Dabei ist auch die Veränderungsbereitschaft des Auftraggebers gefragt. Die beteiligten Partner müssen den durch Outsourcing verursachten Veränderungsbedarf gemeinsam bewältigen. Eine enge Interaktion und Abstimmung ist obligatorisch. Dadurch und durch einen schrittweisen Aufbau von Vertrauen lassen sich viele Fehler in Sourcing-Projekten vermeiden.


Ein zweiter Erfolgsfaktor liegt in der Vereinbarung spezifischer und messbarer Service-Level-Agreements (SLAs). Die SLAs sind eng an den Zielen des Kunden zu orientieren. Dabei gilt der Grundsatz: So viele SLAs wie erforderlich, so wenige wie möglich. Bei einer Ansammlung von 100 verschiedenen und teilweise widersprüchlichen SLAs ist der Misserfolg vorprogrammiert. Die Kernziele des Outsourcing wie Kos-ten, Qualität oder Time-to-Market sind jedoch genau zu beschreiben. Für ein kontinuierliches Service-Level-Management ist darüber hinaus die Messbarkeit der definierten SLAs wichtig. Dabei kann es in der Regel nicht schaden, wenn die Kunden intern bereits umfangreiche Erfahrungen mit SLAs gemacht haben. In der Regel ist es nämlich hilfreich, wenn sich auch der Auftraggeber in Form von SLAs zu seinen Leistungen verpflichtet. Outsourcing ist in dieser Hinsicht keine Einbahnstrasse. Ohne eine aktive Mitarbeit des Kunden sind die gemeinsamen Ziele nicht zu erreichen.


Enge Zusammenarbeit zwingend

Wie kann jedoch auch bei langfristigen Verträgen die Motivation und Innovationskraft auf beiden Seiten gefördert werden? Die Antwort auf diese Frage liegt in den Vergütungsmodellen. Viele Kunden vergüten das Outsourcing nach Festpreisen. Daneben ist auch eine Vergütung nach Aufwand (Zeit und Material) üblich. Beide Modelle führen direkt zu opportunistischen Verhaltensweisen und lösen Konflikte aus. Eine absolute Kosteneinsparung mag sich zwar für den Kunden zunächst gut anfühlen, die mittelfristigen Folgen sind jedoch verheerend. Fixkos-tenmodelle zwingen den Anbieter zur systematischen Reduzierung eigener Leistungen. Gleichzeitig bieten sich keine Anreize für nachhaltige Innovationen. Die beteiligten Partner können ihre Interessen jedoch mit der Einführung wertorientierter Preismodelle harmonisieren. Für die Preisfindung ist dabei in erster Linie die Über- oder Unterfüllung der durch SLAs gemessenen Kundenziele relevant. Entsprechend orientiert sich die Vergütung des Anbieters an der Erzielung von Mehrwerten auf Kundenseite. Erneut ist für die Umsetzung solcher Modelle eine enge Kooperation zwischen den beteiligten Parteien erforderlich. Jedoch werden genau an dieser Stelle die Weichen für eine nachhaltige Partnerschaft gestellt.


Für 41 Prozent der befragten CIOs und Experten liegt ein relevanter Erfolgsfaktor in der Anpassung des Outsourcing an die Kundensituation. Eine hohe Kundenorientierung zeigt sich beispielsweise in regionalen und fachlichen Aspekten. So ist ein Offshoring nach Indien für Kunden ohne jegliche Outsourcing-Erfahrung unpassend. Für den Aufbau von Vertrauen und Erfahrung ist ein Homeshoring-Modell mit regionaler Anbindung an den Kunden zu bevorzugen. Dies kann in der weiteren Entwicklung mit Ausbau der Vertrauensbasis durch Nearshore- oder Offshore-Komponenten erweitert werden. Darüber hinaus sind bei der Auswahl des Sourcing-Modells fachliche, kulturelle und sprachliche Faktoren wesentlich. Soweit IT-Prozesse bereits beim Kunden schieflaufen, bringt das Outsourcing selten eine Verbesserung. Hier sind zunächst die internen Prozesse zu optimieren. Darüber hinaus sind besonders Unternehmen in der Schweiz aus sprachlicher und kultureller Sicht nicht immer für englischsprachige Offshore-Modelle geeignet. Innovative Anbieter sind längst in der Lage, Offshoring-Lösungen in deutsch- oder französischsprachigen Lokationen aufzubauen.



Lokales Management

Schliesslich ist für viele der befragten CIOs und Experten ein lokales Management von Bedeutung (38%). Auf Grund der hohen Komplexität in Outsourcing-Projekten besteht ein kontinuierlicher Managementbedarf. Die meisten Projekte zeigen nicht automatisch einen reibungslosen Projektverlauf. Wie in einer internen IT sind auch bei Outsourcing permanente Anpassungen, ein gutes Eskalationsmanagement und kontinuierliche Verbesserungen erforderlich. Derartige Managementprozesse lassen sich bei einer lokalen Managementverantwortung besser umsetzen. In diesem Sinne sollte das Delivery Management lokal beim Kunden angesiedelt sein. Eine Dezentralisierung von Managementkompetenzen in ferne Länder ist selten ein gutes Vorzeichen für den Erfolg der Zusammenarbeit.


Dies zeigt erneut die besondere Bedeutung kultureller Faktoren für den gemeinsamen Outsourcing-Erfolg. 32 Prozent der befragten CIOs und Experten weisen explizit auf die kulturelle Brisanz von Auslagerungsprozessen hin. Aus kultureller Sicht sind zunächst die spezifischen Unternehmenskulturen der beteiligten Partner von Bedeutung. Daher kann der Erfolg bereits durch die reine Auswahl des Partners limitiert sein. Darüber hinaus sind kulturelle Faktoren besonders in Shoring-Projekten relevant, wenn neben der Unternehmenskultur auch die jeweiligen Landeskulturen ins Spiel kommen.


Outsourcing kein Selbstläufer

Insgesamt bietet die Untersuchung interessante Einblicke in die Ursachen von Erfolg und Misserfolg bei Outsourcing-Projekten. Soweit die Auftraggeber nur die schnelle Kostensenkung im Blick haben und im Kern auf den Preis fokussieren, ist der Misserfolg vorprogrammiert. Eine derartige Einstellung passt nicht zur Komplexität eines Outsourcing-Vorhabens. Mit der Verlagerung von Teilprozessen sind umfangreiche Veränderungen verbunden. Diese sind durch eine hohe Kooperationsqualität der beteiligten Partner zu bewältigen. Ohne die intensive Einbindung des Auftraggebers ist dies nicht zu leisten. Gleichzeitig müssen sich Outsourcing-Anbieter mehr und mehr auf die spezifische Kundensituation einstellen sowie angepasste und abgestufte Sourcing-Modelle bieten. Mit der Umsetzung von SLAs und wertorientierten Preismodellen kann eine Harmonisierung der Interessen über den Projektverlauf gewährleistet werden. In Summe lassen sich daher durchaus die mit Outsourcing verbundenen Kosten- und Performancevorteile realisieren. Im Detail sind solche Vorhaben jedoch kein Selbstläufer. Die Fähigkeit zur erfolgreichen Umsetzung von Outsourcing-Projekten kann daher zunehmend auch als relevanter Wettbewerbsfaktor für beide beteiligten Partner betrachtet werden.



In Kürze

· In 300 Interviews hat das Institut für Marketing der Universität St. Gallen herausgefunden, was es für ein erfolgreiches Outsourcing braucht.


· Dabei haben sich sechs Faktoren herauskristallisiert, wie z. B. die Qualität der Zusammenarbeit.


· Für die Unternehmen steht beim Outsourcing nach wie vor eine Kostensenkung im Zentrum.




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