Vorsicht bei der Wahl von Weiterbildungskursen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/09
Mit einem Nachdiplomstudium legt man den Grundstein für eine glanzvolle Karriere und die Erde ist eine Scheibe. Wer sich durch die einschlägigen Broschüren der Fort- und Weiterbildungsinstitute kämpft, könnte meinen, dass man nur mit den Weihen eines Zusatzdiploms überhaupt noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat. Unter dem Deckmantel des lebenslangen Lernens ist der Druck, sich weiterbilden zu müssen, in den letzten Jahren enorm gestiegen. Reichte früher ein Uni-Abschluss, muss heute noch ein MBA drangehängt werden. Dies zumindest ist die Überzeugung vieler. Das Ergebnis: Weiterbildungsangebote schiessen wie Pilze aus dem Boden und fast täglich kommen ein paar neue hinzu. Eine vom Bundesamt für Statistik in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2003 zeigt, dass jährlich rund 1,8 Millionen Personen in der Schweiz an Weiterbildungskursen teilgenommen haben.
Angesichts dieser Zahlen lässt es sich nicht verleugnen, dass der Fortbildungsmarkt längst zu einer millionenschweren Industrie geworden ist. Doch selbst Szenekenner lassen durchblicken, dass bei dieser Flut von Angeboten bei den Schulen mitunter auch finanzielle Überlegungen eine wichtige Rolle spielen. So schreibt der damalige Leiter des Instituts für Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Solothurn Nordwestschweiz, Professor Norbert Winiströfer, im SVB-Bulletin des Jahres 2004: «Dass die Fachhochschulen in der Weiterbildung so aktiv sind, hat vor allem drei Gründe: Erstens zwingt sie der Bund mit dem Leistungsauftrag, Weiterbildung anzubieten. Zweitens wollen sich die FH im Weiterbildungsmarkt stärker profilieren. Drittens können sie in diesem Bereich am einfachsten Geld verdienen. Dies hat dazu geführt, dass die Fachhochschulen in den letzten vier Jahren fast 100 neue Nachdiplomstudien lancierten.»
Nicht immer aber halten solche Lehrgänge das, was sie ihren Studenten versprechen. Die Auswahl der geeigneten Schule ist deshalb besonders wichtig. So dürfte es mittlerweile hinlänglich bekannt sein, dass es bei einem MBA-Lehrgang auch stark darauf ankommt, an welcher Universität man sein Diplom erwirbt. Auch nicht verschwiegen werden sollen an dieser Stelle all jene selbsternannten Coaching-Gurus, welche versprechen, dass man dank ihren Kursen innert kürzester Zeit die eigene Persönlichkeit nachhaltig verändern könne. Dieses Wunder wollen die Gurus innerhalb eines einzigen Seminars von wenigen Stunden vollbringen, indem sie allgemeine Lebensweisheiten zum Besten geben. Wer von solchen Angeboten hauptsächlich profitiert, sind die Veranstalter selbst, denen weniger das Wohl der Kursteilnehmer, sondern vielmehr der eigene Profit wichtig ist. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Autor des Buches «Die Weiterbildungslüge». Unter dem Pseudonym Richard Gris prangert darin ein Brancheninsider die Abzocker und Profiteure an, welche er insbesondere in ausserbetrieblichen Workshops und Seminaren ausmacht. Kernaussage seines Buches ist: Seminare bringen nichts, denn bei vielen Angestellten wäre eine Psychotherapie notwendig, um festgefahrene Denkmuster und Handlungsschemata auf Dauer erfolgreich ändern zu können.
Trotz aller Kritik sollte man nicht ausser Acht lassen, dass gute Persönlichkeitsseminare durchaus hilfreich und notwendig sein können. Die Erkenntnis, dass reines Fachwissen gerade in Managementfunktionen längst nicht mehr genügt und hier die Sozialkompetenz immer mehr in den Vordergrund rückt, scheint sich mittlerweile auch in den Führungsetagen durchgesetzt zu haben. So erklärt die Swiss-Life-Sprecherin Irene Fischbach im Artikel der Handelszeitung vom 28.11.2007 mit dem Titel «Manager-Weiterbildung kommt in Fahrt»: «Gute Manager haben erkannt, dass Sozialkompetenz wichtig ist, und setzen in der Weiterbildung die entsprechenden Prioritäten.» Sich laufend weiterzubilden, ist also in der Tat wichtig. Doch was gilt es in diesem Zusammenhang zu beachten? Dazu die folgenden Anregungen:
1. Ausbildung auf ein Ziel hin
Wer sich für eine Ausbildung entscheidet, sollte sich vorher genau überlegen, was er damit bezweckt. «Hilft mir dieser Kurs oder das Diplom, meine gesteckten beruflichen Ziele zu erreichen? Erhöhe ich damit meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt?» Diese und ähnliche Fragen gilt es zunächst zu erörtern. Mit einer seriösen Vorabklärung verhindert man, dass man viel Geld in ein Projekt inves-tiert, das einen den eigenen beruflichen Zielen nicht näherbringt.
2. Für sich selber lernen
Bei aller Fokussierung auf die Berufsziele sollte man sich immer bewusst sein, dass man eine Ausbildung in erster Linie für sich selber macht. Das Themengebiet sollte einen persönlich interessieren und Spass machen.
Wer in der Hoffnung auf einen besseren Job lustlos ein Nachdiplomstudium abspult, wird umso enttäuschter sein, wenn er mit seinem Diplom nicht das erreicht, was er sich insgeheim erträumt hat. Gerade Absolventen des so vielgerühmten MBA meinen oft, dass sie sich mit einem solchen Diplom das Ticket für eine Führungsposition gleich mitergattert haben. Aber das ist ein Trugschluss. Der Härtetest erfolgt nämlich in der Praxis. Und wer dann nicht durch eine gewinnende Persönlichkeit, Führungskompetenz und weitere, nur schwer lernbare Softskills trumpfen kann, wird nicht selten gar nie die Möglichkeit erhalten, sein erlerntes Fachwissen in einer Managementposition unter Beweis zu stellen.
3. Netzwerk erweitern
Ein nicht zu unterschätzender Aspekt, der das Nachdiplomstudium quasi kostenlos mit sich bringt, ist die Erweiterung des eigenen Netzwerkes. Oftmals ergeben sich durch ein solches Studium im Verlaufe der Zeit interessante Kontakte zu Kommilitonen, Dozenten und Gast-referenten. An den jährlich durchgeführten Alumni-Anlässen kommt man mit Ehemaligen ins Gespräch und kann wertvolle Beziehungen pflegen. Die gemeinsam durchlebte Zeit verbindet oft ungemein und schafft so etwas wie ein Wir-Gefühl. So kann es am Ende durchaus vorkommen, dass man irgendwann einen interessanten Job nicht primär wegen dem Abschluss erhält, den man gemacht hat, sondern weil man während des Studiums die richtigen Leute kennengelernt hat.
Im selbst für Experten undurchsichtigen Weiterbildungsdschungel werden vom Staat und von Berufsverbänden anerkannte Diplome und Abschlüsse immer wichtiger. Denn mit einem anerkannten Titel kann auch ein Arbeitgeber die Fertigkeiten eines Mitarbeiters relativ gut einschätzen. Bei aller Papiergläubigkeit sollte man sich aber bewusst sein, dass bei der Rekrutierung eines Angestellten nicht primär das Diplom, sondern die Persönlichkeit als Ganzes im Zentrum der Betrachtungen stehen sollte. Wer als Personalchef oder Führungskraft dabei nur auf das baut, was jemand an Fach- und Universitätsdiplomen vorzuweisen hat, läuft ansonsten schnell Gefahr, einem Etikettenschwindler auf den Leim zu gehen.