Mittelfristig sinken Ihre IT-Kosten nicht

Die Virtualisierung ist zweifellos eine gute Sache. Die Loslösung der Infrastrukturkomponenten und Applikationen von ihrer Nutzung bringt mehr Flexibilität, eine grössere Ausfallsicherheit,

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/06

     

Die Virtualisierung ist zweifellos eine gute Sache. Die Loslösung der Infrastrukturkomponenten und Applikationen von ihrer Nutzung bringt mehr Flexibilität, eine grössere Ausfallsicherheit, spart Rechenressourcen und damit auch Platz im Rechenzentrum sowie – was immer wichtiger wird – Energiekosten. All diese Vorteile haben allerdings auch ihren Preis. Mittelfristig werden ihre IT-Kosten darum kaum sinken. Dafür werden die Anbieter mit allen, ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln sorgen.



Das erste Zusatzpreisschild betrifft die Rechner. Eine Virtualisierung der IT bedingt in fast allen Fällen erhebliche Anfangsinvestitionen. Denn bestehende heterogene Serverlandschaften lassen sich, wenn überhaupt, nur mit einem grossen Aufwand mit einer Abstraktionsschicht überziehen. Mit anderen Worten: Wer virtualisieren will, muss erst einmal einen Grossteil oder den gesamten Rechnerpark neu beschaffen. Eine Tatsache, die in der gegenwärtigen Investitionskrise auch VMware, der klare Marktführer im Serverbereich, zu spüren bekommt. Die astronomischen Umsatz- und Gewinnsteigerungen sind in den letzten Monaten abrupt gestoppt worden.



In diesem Zusammenhang sollte man allerdings nicht vergessen, dass die Hardware-Kosten heute kaum mehr ausschlaggebend sind. Sie machen nur noch etwa 20 Prozent der Total Cost of Ownership (TCO) aus. Das Einsparen von Blech kann also so oder so nicht der Haupttreiber für eine Virtualisierungsinitiative sein. Viel wichtiger sind die Einsparungen, die beim immer aufwendiger werdenden Server-Management möglich sind, wo heute um die 60 Prozent der TCO anfallen.



Genau hier versteckt sich das zweite Preisschild. Die Virtualisierung erhöht nämlich die Anforderungen an die Administratoren weiter. Eine Tatsache, die in Zeiten, in denen selbst grössere Unternehmen Mühe bekunden, qualifiziertes IT-Personal zu finden, nicht unterschätzt werden sollte. Kommt dazu, dass Effizienzsteigerungen im Administrationsbereich finanziell nur dann zum Tragen kommen, wenn auch organisatorisch entsprechende Anpassungen gemacht werden. Wenn sie aus strukturellen oder politischen Gründen gar keine Stellen streichen können, respektive wollen, bleiben die grossartigen Kosteneinsparungen so virtuell wie die neue Infrastruktur.



Wie akut die Know-how-Defizite zum Teil sind, zeigt eine aktuelle Untersuchung des Marktforschungsunternehmens RAADResearch. Demnach gestehen immerhin 10 Prozent der befragten Virtualisierungsanwender ein, dass der Administrationsaufwand durch die grössere Komplexität gestiegen sei. Die Dunkelziffer dürfte noch einiges höher liegen, denn wer gibt schon freiwillig zu, dass er seinen Laden nicht im Griff hat.



Das dritte Preisschild hängt direkt an den Anbietern. Mit der Einführung von Virtualisierungslösungen entstehen automatisch neue Abhängigkeiten von Software-Herstellern, denn die grosse Ressourcen-Freiheit funktioniert nur in homogenen Landschaften zuverlässig. Die Anbieter haben naturgemäss wenig Interesse, dies zu ändern. Das heisst, zu den bisherigen Quasi-Monopolisten in Ihrem Rechenzentrum kommen weitere für die Server-, die Speicher-, die Netzwerk- und die Applikations-Virtualisierung hinzu. Und alle werden sie in guter alter ICT-Anbieter-Manier versuchen, sie weiter so fest wie möglich in ihren Software-Paketen einzuschliessen. Und wenn Sie erst einmal richtig festsitzen, wird der übliche Monopol-Obulus fällig. Die ursprünglich vorgezeichneten, grossartigen Einsparungen verschwinden dann wie eine Fata Morgana am Horizont.








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