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Leider nicht alles ganz so einfach

Mobile Computing für SAP-Anwender wäre eigentlich ganz einfach. Doch die hochkomplexe SAP-Umgebung ist für Unterhalt und Betrieb eine sehr grosse Herausforderung.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2009/05

     

SAP erschliesst dem Anwender und sich selbst mit SAP Netweaver Mobile mobile Geräte als Frontend. Damit wird der SAP-Nutzerkreis im Unternehmen und darüber hinaus ausgeweitet. Über mobile Geräte können Teilmengen der SAP-Funktionen und Daten Nutzern zur Verfügung gestellt werden, die unterwegs sind oder aufgrund ihrer Tätigkeit und Umgebung nicht auf einem normalen Computer arbeiten können. Beispielsweise können Verkäufer unterwegs CRM-Daten einsehen und aktualisieren, Fahrer auf einer Baustelle Produkt- und Lieferinformationen erfassen oder Mitarbeiter jede Art von Inventar überall aufnehmen.


Dank der Netweaver-Technologie kann SAP auch von der technologischen Architektur her aus dem Vollen schöpfen. Gleichzeitig ermöglicht die serviceorientierte Architektur der SAP-Anwendungen, die notwendigen Business-Services aus den unterschiedlichen SAP-Standardapplikationen wie ERP und CRM in Form von Webservices zur Verfügung zu stellen. Bei Bedarf können so Funktionen und Daten aus allen Bereichen der SAP-Business-Suite-Applikationen auf mobilen Geräten zur Verfügung gestellt werden.


Die Bereiche der SAP Business Suite sind:


? Finanzwesen


? Fertigung


? Beschaffung


? Produktentwicklung


? Marketing


? Vertrieb


? Service


? Personalwesen


? Logistikabwicklung


? IT-Management


So überzeugend dies für das Geschäft ist, gilt es, die Herausforderungen der Einführung für Anwender und Informatik von SAP Mobile Computing im Unternehmen zu beachten. Es sind dies, wie generell für alle Mobile-Computing-Anwendungen, zu niedrige Datenübertragungsgeschwindigkeiten und die unterschiedlichen Anforderungen der nicht standardisierten mobilen Geräte von Smartphones bis Notebooks.


Hinzu kommt im Fall von SAP, dass sich sowohl Entwicklung wie auch Betrieb um die zugehörigen Entwicklungswerkzeuge und die benötigte Middleware-Plattform kümmern müssen. Dies nicht nur bei der Entwicklung und Einführung, sondern vor allem für sämtliche Änderungen über den ganzen Lebenszyklus der mobilen Applikationen hinweg.



Herausforderungen für Entwicklung, Lifecycle-Management und Betrieb

Für die Entwicklung stellt SAP Netweaver eine umfassende Entwicklungsplattform zur Verfügung – auch für die Entwicklung der Anwendungen mit mobilen Geräten als Frontend. Was auf dem Papier ganz einfach und überzeugend aussieht, sollte man in der Praxis betreffend der Konsequenzen dennoch genau überprüfen. Von Entwicklung und Einsatz mobiler Anwendungen und Geräte ist beim SAP-System nämlich nicht nur das mobile Frontend betroffen. Vielmehr sind in verschiedensten Bereichen Auswirkungen auf des ganze Sys-tem und seinen Unterhalt zu erwarten. Aus technologischer und vor allem Software-logis-tischer Sicht bedarf SAP Netweaver Mobile bereits zweier unabhängiger Umgebungen! SAP Netweaver Mobile benötigt die Installation


? eines ABAP-Application-Servers


? wie auch eines Java-Application-Servers


Auf diesen Application-Servern sind zusätzlich jeweils die von den Applikationen benötig-ten ABAP- oder Java-Add-Ins zu installieren. Das Zusammenspiel der Komponenten zeigt die Grafik «Komponenten der SAP Netweaver Mobile Platform».


Wesentliche Auswirkungen von der Einführung mobiler Anwendungen sind im SAP--System auf drei Systemkomponenten zu erwarten:


1. auf dem Netweaver- Java-Application-Server,


2. dem Netweaver-ABAP-Application-Server und


3. ebenfalls auf dem SAP-Backend-System.


Auf dem Java-Application-Server werden die Frontend-Applikationen entwickelt. Für die Entwicklung dient das SAP NWDS (SAP Netweaver Development Studio). Zur Ausführung kommt der Java Code auf dem SAP-NW-Java-Application-Server. In der professionellen Entwicklungsumgebung wird die Java Softwareversionierung über die SAP NWDI (SAP- Netweaver-Development- Infrastruktur) vorgenommen.


Der ABAP-AS stellt entsprechend dem Business-Szenario der mobilen Frontend-Anwendung die Teildatenmengen bereit, die für den End-Nutzer direkt vor und nach dem Mobile-Device repliziert werden. Voraussetzung hierfür ist ein direkter Zugriff auf die SAP-Back-end-Systeme. Der von SAP hierfür zur Verfügung gestellte Mechanismus ist die «Data Orchestration Engine».


In der Praxis sind die Anforderungen von mobilen Lösungen so, dass die bereits definierte, entwickelte und durch Customizing erstellte SAP-Business-Logik meist nicht genügt. So müssen auch am SAP-Backend für die mobilen Applikationen Code-Änderungen vorgenommen und Einstellungen angepasst werden.


Achtung beim Einsatz mobiler SAP-Anwendungen von SAP...

SAP selbst bietet vorgefertigte mobile Anwendungen, sogenannte «SAP xApps for Mobile Business» an. Aufgrund der systemübergreifenden Zusammenhänge innerhalb der SAP- Umgebung bedingt eine Einführung eine umfassende Voranalyse. In der Praxis zeigt sich, dass aufgrund der Geschäftsanforderungen an solche Anwendungen, der von SAP ausgelieferte Standard umfassend erweitert werden muss. Anforderungen an mobile Erweiterungen müssen deshalb genauso schriftlich formuliert sein und zu jeder Anforderung muss der Lösungsansatz konzipiert sein.



...und SAP-Partnern

SAP-Entwicklungspartner und SAP-Beratungshäuser bieten diverse Produkte an. Oft sind dies ursprünglich spezifische Kundenimplementierungen, die so generisch auf den Markt gebracht werden. Hierbei ist zu beachten, inwieweit diese Produkte wirklich dem generellen Anspruch von SAP Mobile Computing standhalten. Es ist zu prüfen, ob solche Produkte auf SAP Netweaver Mobile 7.1 basieren und die zur Verfügung stehenden SAP-Architekturkomponenten wirklich nutzen. Leider enthalten die ursprünglich kundenimplementierungsbasierten Lösungen oft Architekturabhängigkeiten des ersten Auftraggebers, was aus Sicht des damaligen Auftraggebers Sinn machte, jedoch zusätzliche Bedingungen und Komplexität bei Einführung und Unterhalt mit sich bringen kann.



Herausforderungen beim Unterhalt von Mobile Solutions für SAP

Aus Software-logistischer Sicht stellt sich die komplexe, mehrstufige Umgebung als grosse Herausforderung dar. Es kommen Software-Komponenten zum Einsatz mit bis mindestens je drei unabhängigen Software-Entwicklungswerkzeugen, System-umgebungen und ihren zugehörigen Einstellun-gen. Diese sind laufend synchron zu managen, was einen nicht zu unterschätzenden zusätzlichen Aufwand bedeutet. Wenn im Unternehmen einzelne dieser Komponenten noch nicht intensiv genutzt wurden, bedeutet dies unter Umständen einen massiv grösseren Bedarf an Ressourcen und Mitteln in der SAP-Informatik.



Fazit

Für SAP-Anwender ist die Versuchung gross, der Vorstellung zu verfallen, dass alles, was von SAP ausgeliefert wird, auch direkt die eigenen Anforderungen erfüllt. Ein umfassendes, Software-neutrales Pflichtenheft zeigt sofort Lücken auf und ist deshalb ein absolutes Muss für die erfolgreiche Einführung von Mobile Computing für SAP.


Es ist fatal, wenn man erst spät feststellt, dass die scheinbar einfachen, oft unausgesprochenen Erwartungen von Business und IT an Mobile Computing grosse Aufwendungen für Entwicklung, Betrieb und vor allem Unterhalt nach sich ziehen. SAP stellt eine gute Basis für mobile Computing zur Verfügung, trotzdem ist bei der Implementierung von Mobile-Frontends ein äusserst professionelles Vorgehen gefragt.



In Kürze

· SAP bietet mit Netweaver Mobile auf den ersten Blick die Möglichkeit, alle Träume der geschäftlichen Mobilität zu erfüllen.


· Allerdings ziehen die komplexe SAP-Systemarchitektur und das Zusammenwirken der Komponenten der Netweaver-Mobile-Plattform grosse Herausforderungen an Entwicklung, Betrieb und Unterhalt mit sich.


· Beim Kauf von mobilen Komponenten von SAP-Partnern ist darauf zu achten, dass die Anwendungen die Anforderungen von SAP Mobile Computing erfüllen und die SAP-Architekturkomponenten nützen.


· Beim Kauf von mobilen Anwendungen von SAP selbst empfiehlt sich eine umfassende Voranalyse, weil oftmals umfassende Erweiterungen nötig sind.





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