Der uneingeschränkte Kniefall der Big-Tech-Bosse vor der neuen US-Regierung ist hingegen, wenn auch nicht überraschend, dann zumindest erstaunlich. Denn allzu gekonnt haben sich die grossen US-Digitalkonzerne in den vergangenen Jahren als philanthropische Fackelträger inszeniert, ihre Produkte als wichtige Werkzeuge für eine modernere, grünere, gerechtere und vielfältigere Welt positioniert. Dass ihre Leitfiguren nun als bereitwillige Claqueure die ersten Reihen der Amtseinführung füllen und dass sich neben Jeff Bezos und Mark Zuckerberg selbst Bill Gates nach einem gemeinsamen Abendessen mit dem US-Präsidenten ganz «begeistert» zeigt, offenbart hingegen eine weltanschauliche Biegsamkeit und ein ungeschöntes Machtkalkül, das so gar nicht zum bisherigen Marketing-Zauber aus dem Valley passen will.
Dabei kommt diese vermeintliche idiologische 180-Grad-Kehrtwende wie angemerkt wenig abrupt. Sie hatte ihren Schatten bereits in Form der ungerührten Back-to-Office-Direktive vieler Digitalkonzerne vorausgeworfen, oder auch im Rahmen des langen Widerstands gegen striktere Social-Media-Prüfmechanismen. Zugegeben, Wirtschaft ist eben Wirtschaft und letztlich ist ein Unternehmen nachvollziehbarerweise auf Umsatz und Gewinn ausgelegt. Und das KI-Megaprojekt Stargate mit seinem Volumen von 500 Milliarden Dollar hat eindrücklich gezeigt, welche (finanziellen) Versprechen da zum Überdenken der bisherigen Maxime verlocken. Was also kümmert mich mein Geschwätz von gestern?
Doch gerade aufgrund ihrer enormen Machtkonzentration kommt Big Tech neben den ureigenen wirtschaftlichen Interessen eben auch eine gesellschaftlich-ethische Verantwortung zu. Dass es mit dieser aber nicht allzu weit her ist, beweist Mark Zuckerbergs mit dem in vorauseilendem Gehorsam verkündeten Abschied der Meta-Plattformen unter anderem von zu pingeligen Faktenchecks. Es ist wohl sein Verständnis von der Rückkehr zu «maskulineren Werten», die sich der Meta-Chef so explizit wünscht.
Dieses rabiate Vorgehen wirft mit Blick auf das Business-Umfeld die Frage auf, wie neben Meta auch AWS, Google, Microsoft und Co. künftig mit Themen wie Nachhaltigkeit, einer modernen, diversifizierten Arbeitswelt und auch Datenschutz umgehen, vor allem, wenn sie mit den strikteren Regularien aus dem europäischen Raum konfrontiert sind. Es weht fraglos ein neuer politischer Wind durch das Silicon Valley, der die einst so progressiven Grundpfeiler der weltweiten IT-Branche schleift. Das aktuelle Geschehen also schlicht als kurioses US-Phänomen abzutun, greift mit Blick auf die globale Dimension der Digitalisierung, gerade in der KI-Ära, zweifelsohne zu kurz.
(sta)