In dieser ersten Ausgabe des Jahres 2025 befasst sich meine Kolumne ausnahmsweise weder mit Regulierung noch anderen staatlichen Einmischungen in die Wirtschaft. Ich bespreche stattdessen zwei ICT-affine Bücher und ein philosophisches Werk, das sozusagen mit beiden Füssen fest auf dem Boden steht. Und den Abschluss macht ein Paradebeispiel zum Thema «Wasser predigen und Wein trinken».
Der Chip-Krieg (Rowohlt)
Den Hinweis von Nationalrat Franz Grüter zum Buch «Der Chip-Krieg» entnahm ich der Weltwoche. Wer sich für die Entwicklungen der ICT-Branche interessiert, dem sei die Lektüre empfohlen. Von der New York Times wurde das Buch als «Sachbuch-Thriller» bezeichnet. Der Autor Chris Miller beschreibt die Hintergründe einer Erfindung, die unsere Welt verändert hat wie wohl keine zweite. Ohne Mikrochips funktioniere heute nichts mehr. Der globale Kampf um die Schlüsseltechnologie sei bereits in vollem Gange.
Menschheit 2.0 (Lola Books)
Im doppelten Sinn ein «schwerer Schinken»: 900 Gramm Buch auf 650 Seiten. Der Autor und Futurist Ray Kurzweil wurde bekannt mit seinen Zukunftsprognosen. 2005 sagte er voraus, dass 2029 Computer die Intelligenz menschlichen Niveaus erreichen, was er mit dem exponentiellen Wachstum der Rechenleistung begründet. Gegen 2045 würden wir mit Computern verschmelzen. Das werde dank Gehirn-Computer-Schnittstellen möglich. Er bezeichnet das als Singularität. Kurzweils Thesen basieren auf der Annahme, dass technologisches Wachstum nicht linear, sondern exponentiell erfolgt, sobald es die Informationstechnologie benützt. Ob solche Entwicklungen, sozusagen Erinnerungen an übermorgen, wünschenswert sind, mag jeder für sich selbst beantworten. Auch an der grössten Tech-Messe der Welt war Künstliche Intelligenz soeben wieder dominierendes Thema.
Für ein Alter, das noch was vor sich hat (Verlag Rüffer & Rub)
Gehört in meinem fortgeschrittenen Alter zu meinen Lieblingsbüchern. Der Autor Ludwig Hasler, Physiker und Philosoph, fragt, ob man sich mit der Pensionierung für die nächsten 25 Jahre zur Ruhe setzt oder von einer Kreuzfahrt zur nächsten hetzt, ob man sich bewege oder sich bewegen lässt. Seine Fragen zum Älterwerden: Der Mensch lebe davon, dass er etwas vorhat. Menschen werden zufrieden, wenn sie etwas mehr bewegen als nur sich selbst. Ein vergnügliches und humorvolles Buch, sozusagen eine Anstiftung zur Unruhe.
Wasser predigen und Wein trinken
Ist Ihnen schon aufgefallen, wie oft Politiker von uns Bürgern Verzicht verlangen, sich aber kaum daran halten? So der UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, der quasi halbamtlich meinte: «Die Menschheit hat mit ihren klimaschädlichen Aktivitäten das Tor zur Hölle aufgestossen.». Aha. Und weiter, denn nach unten kennt Guterres keine Obergrenze: «Im Jahr 2025 müssen die Länder die Emissionen drastisch senken. Wir müssen die Strasse des Verderbens verlassen». Ach ja? Die Länder müssen, wir müssen! Es wird einem fast Kopfweh. Denn halten Sie sich jetzt fest: Seit seinem Amtsantritt reiste derselbe Guterres mit seiner Entourage in 100 Länder auf allen Kontinenten. Klimafreundlich zu Fuss oder mit dem Velo? Natürlich nicht, sondern mit dem Businessjet. Es stellt sich die Frage, weshalb der Mann sich nicht digital mit seinen Kollegen austauschte. Die Antwort liegt sprichwörtlich in der Luft: Fliegen ist schöner!
Fritz Sutter
Fritz Sutter ist ehemaliger Präsident des Schweizerischen Telekommunikationsverbands Asut und langjähriger Kolumnist von «Swiss IT Magazine». Er vertritt seine persönliche Meinung.