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MPN und Ambient IoT: Vernetzung auf dem nächsten Level
Quelle: Sunrise

MPN und Ambient IoT: Vernetzung auf dem nächsten Level

Durch den Einsatz modernster 5G-Technologien und Sensoren wird die Digitalisierung vorangetrieben. Neue Lösungsansätze wie private 5G-Netze und Ambient IoT ermöglichen eine noch nie dagewesene Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2024/12

     

Die Geräusche laufender Maschinen erfüllen die Produktionshalle. Dank intelligenter, weitgehend energieautarker Sensoren und der damit verbundenen Analysesoftware werden die Produktionsmaschinen mit einer optimalen Auslastung betrieben. Bei einer der Maschinen liegt ein Defekt vor. Die Sensoren haben diesen frühzeitig erkannt und einen Alarm ausgelöst. Ein Mitarbeiter setzt sich eine Augmented Reality Brille auf und schaltet über einen Video-Call eine Wartungsexpertin dazu. Diese sieht in Echtzeit exakt dasselbe wie der Mitarbeiter. Dadurch ist es ihr möglich, ihn aus der Ferne mit Hilfe von Augmented Reality für die Reparatur anzuweisen. Während die Expertin sich die Anreise erspart, kann das betroffene Unternehmen die lange Wartezeit umgehen, um einen Termin mit einer Wartungsfachperson für einen Einsatz vor Ort zu vereinbaren. Damit verkürzt sich die Ausfallzeit der Maschine oder sie kann im besten Fall vollständig vermieden werden.

Etwas weiter den Gang hinunter befindet sich das Warenlager. Lastenroboter sausen umher, um schwere Produkte aus den Regalen zu hieven und ins Versandzentrum zu verschieben. Dort werden sie für die Auslieferung in autonom fahrende LKWs geladen. Die Mitarbeitenden sind zu jeder Zeit in der Lage, per Knopfdruck den Warenbestand sämtlicher Produkte auszulesen. Das Ganze dauert keine Minute und erfolgt gänzlich automatisiert. Es muss also niemand die Produkte manuell scannen oder zählen. Die beschriebenen Szenarien mögen für den einen oder anderen immer noch nach Science-­Fiction klingen. Einige solcher Anwendungen sind in vereinzelten Betrieben allerdings bereits im Einsatz. Die hiesige Industrie hat bei der Digitalisierung ihrer Prozesse dennoch einiges an unausgeschöpftem Potenzial. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass entsprechende Projekte teils durch die existierende Technologie limitiert waren. Das Unternehmensnetzwerk ist zu langsam, beziehungsweise instabil, um Daten in Echtzeit zu übermitteln. Es können nicht genügend Sensoren ins Netz eingebunden werden. Die Maschinen sind noch nicht für das Internet der Dinge (IoT) gerüstet oder mittels WLAN ans Netz angebunden, was die flexible Gestaltung der Umgebung einschränkt, oder die Sicherheitsstandards können durch die Lösungen nicht erfüllt werden.


Die laufende Weiterentwicklung des 5G-Mobilfunkstandards schafft diesen Herausforderungen Abhilfe. Dazu gehören auch sogenannte Mobile Private Networks (MPN), also private 5G-Netzwerkumgebungen. Mit dem Technologiesprung von 5G auf 5G Stand-alone stehen noch höhere Bandbreiten sowie geringere Latenzzeiten zur Verfügung. Gegenüber den bisherigen Kapazitäten kann noch einmal ein Vielfaches an Geräten ins Netz eingebunden werden. Davon profitieren diverse IoT-Anwendungen, die auf dem 5G-Standard basieren und gesicherte Service Levels voraussetzen.

MPN: So funktioniert’s

Mobile Private Networks (MPNs) sind Lösungen, die es Unternehmen erlauben, private 5G-Ressourcen exklusiv für ihre Anwendungen zu nutzen. Dabei lassen sich verschiedene Ansätze verfolgen. Sogenannte MPN-Campus-Lösungen bieten Unternehmen beispielsweise ein privates Netzwerk, das komplett unabhängig vom öffentlichen Netz betrieben wird. Hierzu werden in den Gebäuden und dem dazugehörigen Aussengelände des Unternehmens eigene 5G-Mobilfunkanlagen installiert. Das Netzwerk ist nur auf dem Firmenareal und mit entsprechend dafür freigeschalteten SIM-Karten erreichbar. Dadurch wird auch in dicht vernetzten, datenintensiven Umgebungen eine stabile Kommunikation mit ausreichend Kapazitäten gewährleistet und höchste Sicherheitsstandards werden eingehalten. Die Datenübertragungsraten bewegen sich auf Glasfaser-Niveau. Die massiven Kapazitäten für das Internet of Things betragen bis zu einer Million vernetzter Geräte pro Quadratkilometer und sensible Daten verbleiben stets im eigenen Netzwerk, was den Schutz vor Cyberangriffen erhöht.

Ein etwas anderer Ansatz wird mit MPN Slicing verfolgt. Die Lösung erlaubt es Unternehmen, private, virtuell isolierte Segmente des öffentlichen 5G-Netzes – sogenannte Slices – für eine spezifische Anwendung oder Nutzergruppe zu reservieren. Die Eigenschaften dieser Slices können passgenau auf die Anforderungen der Anwendung konfiguriert werden. Das heisst, das Unternehmen legt die gewünschte Bandbreite, Latenz und Kapazität fest. So benötigen autonome Fahrzeuge beispielsweise eine möglichst geringe Latenz, um in Echtzeit reagieren zu können, während Überwachungskameras vor allem auf eine stabile Verbindung, aber eine eher geringe Bandbreite angewiesen sind. Da die 5G-Ressourcen exklusiv vergeben werden, kann die Netzqualität und -verfügbarkeit unabhängig von der Auslastung des öffentlichen Netzes gewährleistet werden. Der Zugang zu den Slices wird durch dedizierte SIM-Karten sichergestellt, wodurch die Verbindungen von externen Zugriffen geschützt werden.


Im Fall eines hybriden MPN werden private und öffentliche Architekturen kombiniert. Das heisst, ein Unternehmen setzt sowohl auf private Campus-Ressourcen als auch auf private Slices im öffentlichen Netz. Wie die ideale Kombination dabei genau aussieht, wird vom ­Telekomanbieter für den jeweiligen Anwendungsfall gemeinsam mit den betroffenen Unternehmen festgelegt.

Bedürfnisorientierte Entscheide

Welcher der Ansätze der richtige für ein Unternehmen ist, hängt von dessen Anforderungen ab. Diese gilt es vor dem Start eines Projektes mit einem kompetenten und erfahrenen Partner abzuklären, um eine passende Strategie abzuleiten, die sich über mehrere Phasen erstreckt. Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass die Einbindung von Maschinen, Prozessen und Anwendungen in solche MPNs schrittweise erfolgen sollte. Meistens startet man mit einem einzelnen Anwendungsfall, im Rahmen dessen man die Lösung testen und optimieren kann. Auf den gesammelten Erfahrungen aufbauend, startet man das nächste Projekt, um nach und nach weitere Anwendungen einzubinden.


Nehmen wir als Beispiel den eingangs beschriebenen Industriebetrieb. Dieser setzt auf MPN Campus. Gestartet ist der Betrieb mit der Einbindung seiner grössten Maschine ins private 5G-Netzwerk. Dadurch wurde es dem Unternehmen möglich, die Auslastung der Maschine anhand der gesammelten Echtzeitdaten zu optimieren. In einem nächsten Schritt wurde eine zweite Maschine angeschlossen, die sich durch eine hohe Anzahl an Ausfällen bemerkbar machte. Dank MPN-­basierten IoT-Anwendungen konnte innert kurzer Zeit die Fehlerursache ausfindig gemacht und die Maschine in ein neues Betriebsmodell samt vorausschauender Wartung überführt werden. In weiteren Schritten könnte beispielsweise die Einbindung der Alarm- und Überwachungssysteme auf dem gesamten Firmengelände oder die adaptive Beleuchtung folgen. Beschliesst das Unternehmen, zusätzlich auf autonome Warentransporte zu setzen, könnte zudem die Einbindung von LKWs in ein Slice erfolgen.

Vielfältiges Potenzial

Doch MPN-Lösungen sind nicht nur für die Industrie interessant, auch andere Branchen profitieren massgeblich von der weiterentwickelten 5G-Technologie. Nehmen wir als zweites Beispiel ein Spital. Dieses möchte die traditionelle DECT-Telefonie für das medizinische Personal durch Mobiltelefonie ablösen. Das Spital ist dabei auf eine unterbruchsfreie Netzverfügbarkeit angewiesen. Ist dies nicht gewährleistet, sind Leben in Gefahr.

Das Spital nutzt das Vorhaben als erstes Projekt für die Einführung einer MPN-Campus-Lösung. Der Entscheid dafür ist im Kontext gefällt worden, dass sich das Spital gleichzeitig künftiges Digitalisierungspotenzial erschliesst. So könnten beispielsweise Visiten in Zukunft mit Tablets durchgeführt werden. Dafür müssen die Patientendaten bei der Übertragung höchste Sicherheitsstandards geniessen.


Ein weiterer Sektor, der vor allem vom Slicing profitieren dürfte, ist der Transportsektor, beziehungsweise der öffentliche Verkehr. Die Betriebe könnten in Zukunft ihren Fahrplan auch in der Nacht sowie in abgelegenen Regionen weiter ausbauen, indem sie selbstfahrende Fahrzeuge miteinbeziehen. Bei diesen ist die Echtzeitkommunikation der Verkehrsinfrastruktur entscheidend für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden. Und im Broadcasting von Grossevents wurden bereits erste Slicing-Pilotprojekte umgesetzt, um garantierte Uplink-Bandbreiten sicherzustellen.

Ambient IoT zieht ins Asset-Management ein

5G-Lösungen stellen aber nicht nur die Voraussetzung dar, um die Digitalisierung von Unternehmen für bestehende Anwendungen weitervoranzutreiben. Sie ermöglichen auch gänzlich neue Use Cases. Dazu zählt beispielsweise das sogenannte Ambient IoT. Es handelt sich dabei um eine Erweiterung des klassischen IoTs, um Lösungen, die speziell für energieeffizientes Monitoring und Tracking von Geräten und Objekten entwickelt wurden. Ambient IoT nutzt hierfür Sensoren und Chips, die keine eigene Energiequelle benötigen, sondern die minimal benötigte Energie mittels elektromagnetischer Impulse aus ihrem Umfeld beziehen. Die zusätzliche Installation von SIM-Modulen, Modems, Energieversorgung und GPS-Trackern entfällt.

Diese Merkmale machen Ambient IoT ideal für Anwendungen im Bereich Lagermanagement und Logistik. So könnten in einem Lager Paletten, aber auch einzelne Produkte oder Werkzeuge mit IoT-Tags ausgestattet werden. Diese ermöglichen es, jeden Gegenstand per Knopfdruck zentral auszulesen, zu lokalisieren und bei Bedarf automatisch nachzubestellen oder einfache Zustandsdaten wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Vibration festzustellen. Die verwendeten Ambient-IoT-Sensoren übermitteln ihre Daten über das 5G-Netzwerk an die zentrale Managementplattform. Hier werden die Daten in Echtzeit verarbeitet und analysiert. Das eröffnet erhebliche neue Automatisierungs- und Effizienzpotenziale.


Ambient IoT ist in der Schweiz noch nicht kommerziell verfügbar. Der Ambient-IoT-Standard wird derzeit vom 3GPP-Gremium definiert, um die entsprechende Grundlage zu schaffen. Das Potenzial ist gross und diverse Anbieter arbeiten mit Hochdruck an passenden Lösungen. Die Schweiz steht hier noch am Anfang ihrer Reise, doch sie nimmt rasant an Fahrt auf.

Die Autoren

Anton Kiwic (links) ist Specialized Sales bei Sunrise für die Themen MPN Campus und Slicing. Er berät und begleitet Unternehmen in allen Phasen ihrer MPN-Projekte und geht dabei gezielt auf ihre Bedürfnisse ein.

Alexander Lehrmann (rechts) ist als Senior Director Business Development bei Sunrise für die Themen Innovation und Geschäftsentwicklung verantwortlich. Er leitet den 5G Joint Innovation Hub am Hauptsitz in Zürich Glattpark.


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