Mehr als 50 Prozent der Neugründungen in der Schweiz scheitern in den ersten fünf Jahren. Laut einer Studie der Universität St. Gallen liegt die Überlebensrate von Start-ups nach drei Jahren bei nur etwa 30 Prozent. Die Gründe für das Scheitern sind vielfältig: Mal bleibt eine Finanzierungsrunde aus, mal wird das Geschäftsmodell nicht schnell genug rentabel, oder aber regulatorische Anforderungen führen dazu, dass ein Start-up wieder vom Markt verschwindet. Trotz dieser Rückschläge sind ehemalige Gründer für Unternehmen aller Grössenordnungen von besonderem Interesse.
Wer den Mut zur Gründung aufgebracht hat, in dem brennt das Feuer eines Unternehmers. Solche Gründer haben ein Geschäftsmodell entwickelt, Mitarbeitende rekrutiert, mit Investoren verhandelt, Budgets verwaltet, wegweisende Entscheidungen getroffen und bei verschiedenen Anlässen ihre Ideen präsentiert. Diese Eigenschaften zeichnen Gründer oft aus und unterscheiden sie von einem Grossteil der bestehenden Belegschaft. Denn wer gründet, entscheidet sich bewusst für ein Risiko. Eine Studie des Global Entrepreneurship Monitors (GEM) zeigt, dass Gründer im Vergleich zu Nicht-Gründern ein höheres Mass an Risikobereitschaft aufweisen und innovativer sind.
Darüber hinaus sind ehemalige Gründer leidenschaftlich bei der Sache und keine reinen Sachverwalter, die lediglich Aufgaben ausführen. Sie wollen gestalten, was sich zwangsläufig auf die Innovationskraft auswirkt, die sie gerade für Unternehmen aus dem Mittelstand entfalten können. Sie streben danach, mit Leistung zu überzeugen und Dinge voranzutreiben. Ausserdem sind sie besonders anpassungsfähig und können sich schnell auf neue Situationen einstellen sowie lösungsorientiert Herausforderungen angehen. Nicht selten profitieren sie von einem umfangreichen Netzwerk, das sie in den Dienst des neuen Arbeitgebers stellen können. Laut einer Untersuchung von LinkedIn hat ein breites Netzwerk einen signifikanten Einfluss auf den beruflichen Erfolg und die Innovationsfähigkeit von Führungskräften.
Ehemalige Gründer sind oft erfahren in Finanzplanung und Businessanalyse. Sie kennen die wichtigsten Key Performance Indicators (KPIs) ihrer Branche oder haben die Techniken und das nötige Verständnis, sich diese schnell anzueignen und auf die Bedürfnisse des Unternehmens zuzuschneiden. Eine Analyse des Schweizer Start-up-Ökosystems durch das Swiss Economic Forum (SEF) zeigt, dass erfolgreiche Gründer durchschnittlich eine höhere finanzielle Bildung und Businesskompetenz besitzen, was ihnen dabei hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen.
Auch wenn Unternehmen über eine HR-Abteilung verfügen, die massgeblich den operativen Teil der Personalstrategie überwacht, zwingt der Fachkräftemangel in der Schweiz Unternehmen dazu, neue Wege und Strategien zu entwickeln, um die nötigen Fachkompetenzen im Haus zu halten.
Ehemalige Gründer haben sich in der Vergangenheit intensiv mit solchen Fragen auseinandergesetzt: Welche Talente kann ich ins Unternehmen holen? Gibt es spannende Interim-Manager oder externe Dienstleister auf dem Markt, die Projekte von der HR-Komponente abtrennen und effizient über die Ziellinie bringen können? Zudem sind sie darin geübt, Teams zu führen und schwierige Entscheidungen zu treffen. Diese Fragen haben sich Gründer immer wieder gestellt und Lösungen dafür gefunden.
Ehemalige Unternehmer können wertvolle Ressourcen für Unternehmen sein. Da sich die Geschäftswelt stetig weiterentwickelt, könnte die Nutzung der vielfältigen Fähigkeiten und Erfahrungen ehemaliger Unternehmer eine entscheidende Strategie zur Förderung von Innovation und Wachstum sein.
Guido Sieber
Guido Sieber ist Managing Director und Senior Regional Director bei Robert Half. Er hat mehrere auf IT spezialisierte Personalberatungen als CEO aufgebaut und geleitet. Der Tech-Experte berät seit Jahren branchenübergreifend Unternehmen zu allen Aspekten der IT und ihrer Digitalisierungsprogramme mit Schwerpunkt Consulting und Personalgewinnung, darunter Weltmarktführer und DAX40-Unternehmen.