Atemberaubende Himmelszenarien oder ausschweifende Traumlandschaften dürfen wir in der Schweiz zur Genüge erleben – da ist es naheliegend, dass man die bildschönen Momente fotografisch festhalten möchte. Doch so fortgeschritten die Kameras in den Smartphones mittlerweile auch sind, schwierige Lichtverhältnisse stellen unseren täglichen Begleiter immer noch vor Herausforderungen. Umso enttäuschender, wenn der schöne Naturausblick auf dem Bildschirm viel weniger spektakulär aussieht als erhofft. Bildbearbeitungsprogramme helfen hier, doch wer mit der Materie nicht vertraut ist, fühlt sich angesichts der Fülle an Bearbeitungsmöglichkeiten schnell überfordert. Diesbezüglich schafft das Bildbearbeitungsprogramm Luminar Neo Abhilfe. Es ist so konzipiert, dass man auch als Anfänger schnell ansehnliche Resultate generieren kann.
Ausgezeichnete BenutzeroberflächeDas Interface des Programms wurde beim Red Dot Award ausgezeichnet, das muss also etwas heissen. Nutzen kann man die Applikation auf Windows sowie MacOS, worauf hier getestet wurde. Für iPhone, iPad und Vision Pro steht ausserdem auch eine App zur Verfügung. Der Einstieg in Luminar Neo geht tatsächlich erfreulich leicht von der Hand. Die verschiedenen Bearbeitungsmöglichkeiten sind übersichtlich in Menüs gebündelt: Generative KI-Tools, Zusammenfügungsoptionen, vorgefertigte Presets sowie die Bearbeitungsoptionen versorgt in klappbaren Menüs und gegliedert nach Essentials, Bildqualität, Landschaft, Kreativität, Portrait und Professionell. Insgesamt wirkt das Grafiktool sehr luftig, aufgeräumt und modern. Um Neulinge mit den Features vertraut zu machen, startet das Programm nicht leer, sondern mit einer Auswahl an editierten Beispielbildern. Werden diese angeklickt, so wird man Schritt für Schritt durch die vorgenommenen Änderungen geführt, ausserdem kann man gleich selber mit den einzelnen Optionen herumspielen. Clever!
Eine grosse Schaltfläche lädt dazu ein, eigene Bilder in die Bibliothek aufzunehmen. Dazu muss man aber wissen, dass Luminar im Hintergrund den Pfad zum Originalbild verknüpft. Werden beispielsweise Bilder von einer SD-Karte importiert und die Karte dann entfernt, findet Luminar die Bilder nicht mehr. Dasselbe gilt, wenn man Fotos auf dem Rechner verschiebt oder löscht. Archiviert werden müssen die Fotos daher anderswo, dafür mutiert die Luminar-Bibliothek mit der Zeit nicht zum Monstrum, das den Speicherplatz auffrisst. Die importierten Bilder können schliesslich in verschiedenen Ordnern angeordnet und nach klassischen Methoden sortiert werden.
Let the Magic happenMittels Presets – einer Art Filter – kann man dem Bild mit nur einem Klick einen anderen Look verpassen. Es stehen direkt ab Download diverse Presets zur Verfügung, zusätzliche können käuflich erworben werden. Der Nachteil ist jedoch, dass diese nicht miteinander kombiniert werden können. Was aber geht, ist, ein Bild mit einem Preset weiter zu modifizieren. Ab hier werden die Möglichkeiten umfangreich. Unter dem Menü Essentials lassen sich Farben, Belichtung und Kontrast detailliert bearbeiten. Weiterführende Werkzeuge stehen unter dem Punkt Professional zur Verfügung, wo sich Licht und Schatten auf dem Bild präzise manipulieren lassen.
Richtig magisch wird es jedoch in den anderen Kategorien, wie etwa Landschaft, der Paradedisziplin von Luminar Neo. Mit nur zwei Klicks ist es etwa möglich, den Himmel des Fotos auszutauschen. Dabei wird nicht nur plump einfach das obere Drittel des Bilds ausgewechselt, die Stimmung des Himmels bringt Veränderungen auf das gesamte Bild mit sich, sodass die Aufnahme immer noch in sich stimmig wirkt. Besonders beeindruckend: Wird ein Gewässer fotografiert, spiegelt sich der Fake-Himmel authentisch im Wasser. Apropos Wasser: Auch hier gibt einem der Hersteller diverse Tools an die Hand. So kann man beispielsweise virtuell einen trägen Fluss in einen reissenden Strom verwandeln sowie die Farbe des Wassers anpassen.
Ebenfalls über mächtige Werkzeuge verfügt das Bildbearbeitungsprogramm bezüglich Licht. Abgesehen von den gängigen Belichtungskorrekturen kann man mit Luminar Neo auch einen künstlichen Sonnenuntergang ins Bild zaubern oder einen bereits bestehenden verschönern. Wie schon beim Himmel adaptiert das Programm beim wortwörtlichen Einfügen einer Sonne das komplette Bild auf die neue Lichtquelle und sorgt mit gezielten Schattenwürfen dafür, dass der Sonnenuntergang täuschend echt wirkt.
Auch für Portraits geeignetDas ansprechend designte Grafiktool verfügt auch über vielfältige Möglichkeiten beim Bearbeiten von Portraitaufnahmen. Das Hinzufügen oder Verstärken eines Bokeh-Effekts ist da eine Selbstverständlichkeit. Ferner kann Luminar Neo aber unter Anwendung von KI auch Modifikationen am Körper oder Gesicht vornehmen. Das Programm ermöglicht etwa gezielte Anpassungen am Gesicht, dem Mund, den Zähnen oder der Augenpartie. Auch leichte Korrekturen des Hauttones oder das Wegschummeln von ein paar Kilos sind machbar. Zu guter Letzt kann auch eine Art Studiolicht künstlich hinzugefügt werden, was insbesondere bei Aufnahmen, die in einem Gebäude entstanden sind, für eine deutlich verbesserte Ausleuchtung sorgen kann.
Kaum Grenzen dank Gen AIDie letzte Kategorie ist das Verändern der Bilder mit Hilfe von generativer KI, wie es derzeit auch Big Tech heftig bewirbt. Luminar Neo bietet diesbezüglich drei Optionen. Generative Erase ermöglicht das Entfernen von unerwünschten Objekten oder Personen aus dem Bild. Das funktioniert hervorragend, solange sich das zu entfernende Motiv einigermassen vom Hintergrund abhebt und nicht zu gross ist. Einen einzelnen Baum eines Waldes zu entfernen bringt das Tool beispielsweise an die Grenzen. Generative Swap ist eine Option, die es ermöglicht, Objekte im Bild auszutauschen. Diese Bildmanipulation wirkt am wenigsten ausgereift. Die ausgewechselten Objekte fügen sich schlicht nicht schön ins Bild ein und man erkennt meistens auf Anhieb, dass es sich hierbei um eine billige Fotomontage handelt – für Spassmotive oder das Erzeugen von Memes gut nutzbar, für seriöse Bilderbearbeitung jedoch zu wenig akkurat. Die letzte Bearbeitungsmöglichkeit ist das Erweitern des Bilds mittels Generative Expand. Dabei wird dem Hauptmotiv künstlich eine Umgebung hinzugefügt. Dies funktioniert gut bei Landschaften oder allgemein Hintergründen, die relativ beliebig sind. Man kann Luminar auch mitteilen, was als Umgebung eingefügt werden soll. Wie bei der vorhin genannten Funktion wirkt das Ergebnis aber nur dann authentisch, wenn nicht plötzlich ein Elefant durchs Bild spazieren soll.
Toller AllrounderMit der aufgeräumten Benutzeroberfläche und dem vielseitigen Einsatz von KI eignet sich Luminar Neo für einfache, aber dennoch vielseitige Möglichkeiten der Bildbearbeitung. Die Software ist prädestiniert, um Landschaftsaufnahmen aufzuwerten, kann jedoch für das Optimieren von jeglichen Bildern genutzt werden. Selbst Laien werden schnell mit dem Tool zurecht kommen, sofern sie die zur Verfügung gestellten Beispielbilder gewissenhaft analysieren. Hersteller
Skylum adressiert mit seiner Software sowohl Hobbyfotografen wie auch Fachleute, die in ihrem Beruf auf ansprechende Fotos angewiesen sind, jedoch selber nicht über tiefergehende Kenntnisse im Bereich Bildbearbeitung verfügen, wie beispielsweise Immobilienmakler. Doch auch Profifotografen kommen mit dem Programm auf ihre Kosten, da Bilder anhand von Maskierungen und Layern sehr punktuell und gezielt bearbeitet werden können. Nur wer sehr komplexe Bildmanipulationen vornehmen oder das Foto für das nächste Vogue-Cover editieren muss, wird mit Luminar Neo wohl nicht glücklich. Das Programm wird vom Hersteller sowohl im Abo für 79 Franken jährlich oder in Form einer lebenslangen Lizenz für 139 Franken angeboten. Der Haken am zweiten Angebot ist jedoch, dass die generativen KI-Funktionen nur ein Jahr lang aktiv sind und für grosse Upgrades erneut in die Tasche gegriffen werden muss.
(dok)