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Swiss Developer Survey: So entwickelt die Schweiz
Quelle: Depositphotos

Swiss Developer Survey: So entwickelt die Schweiz

Full-Stack-Developer sind genauso auf dem Vormarsch wie Oracle auf dem Rückzug ist. Was das mit mehr Kindern und geänderten Präferenzen bei der Jobwahl zu tun hat, erklärt die neueste Swiss Developer Survey. In einer neuen App sind neu zudem alle Ergebnisse der Befragung seit 2019 einsehbar.
16. Juli 2024

     

Von Christian Walter, Swiss Made Software, und Jonas Felix, Letsboot.ch
Erschienen im "Swiss IT Magazine" 07-2024


Die Zeit vergeht und das Leben geht weiter: Das bestätigt auch die Swiss Developer Survey. Die mittlerweile vierte Umfrage seit 2019 konnte erneut über 800 Schweizer Entwickler und Entwicklerinnen zur Teilnahme bewegen. Vertreten sind alle Altersgruppen, Ausbildungsstufen, Branchen und Unternehmensgrössen. Die Auswahl ist statistisch aussagefähig.


Im vorliegenden Artikel wird lediglich ein Bruchteil der aktuellen Swiss Developer Survey behandelt, die Erkenntnisse der Umfrage reichen viel weiter. Die Studienverfasser rund um Swiss Made Software bieten über eine neue, interaktive App jedermann freien Zugriff auf alle Ergebnisse seit 2019.

Die interaktive App mit allen Ergebnissen aus der aktuellen und vergangenen Studien findet sich hier.

Die demographischen…

Die Umfrageteilnehmer sind nach wie vor im Wesentlichen zwischen 25 und 44 Jahre alt – allerdings ist die Gruppe der 35- bis 44-Jährigen jetzt grösser als die der 25- bis 34-Jährigen. Für den Moment ist das noch gut. Sollte der Trend so weitergehen, werden die Themen Fachkräftemangel und Branchenerneuerung in den nächsten zehn Jahren aber einen ganz neuen Spin erhalten. Dass sich das Gros der Entwickler in einem neuen Lebensabschnitt befindet, wird indes an einigen Stellen klar: So hatten beispielsweise 2019 40 Prozent Kinder, 2023 sind es schon 48 Prozent. Gleichzeitig ist die Zufriedenheit mit der eigenen Tätigkeit sogar leicht gestiegen und die Leute bleiben länger auf ihren Positionen: Mittlerweile sind 44 Prozent seit mehr als vier Jahren (2019: 39 Prozent) am gleichen Ort. Stabilität wird wichtiger, wenn einmal Kinder im Haus sind.

Das zeigt sich auch beim Thema Geld: Unter den Elementen für den richtigen Job verdrängte die Bezahlung mit 17 Prozent (2019: 11 Prozent) Betriebsklima und Firmenkultur auf Platz zwei. Hier sind zwar Mehrfachnennungen möglich, insofern ist es immer ein Mix, dennoch ist das ein deutlicher Unterschied zu 2019, als die Bezahlung auf Rang fünf lag. Auch dass Pensionsoptionen heute wichtiger sind als Eventbudgets, legt diesen Gedanken nahe.


Was klar zugenommen hat, ist die Selbstidentifikation als Full-Stack-Developer. 2019 betrug dieser Anteil knapp 41 Prozent, 2023 schon über 48 Prozent. Das könnte am Trend zu Single-Page-Apps liegen, der vor einigen Jahren zunächst eine Abspaltung der Front-end-Gruppe förderte. Über die Zeit lernten dann viele Desktop- oder Mobile-Entwickler Back-end dazu, das seitdem deutlich einfacher geworden ist. Voila – mehr Full-Stacks.

Die Heimarbeit ist etwas auf dem Rückzug: Weniger als die Hälfte der Umfrageteilnehmer arbeitet noch den grössten Teil der Zeit von zu Hause. Deutlich mehr als die Hälfte geniesst aber weiter das Privileg, teilweise von daheim aus zu arbeiten. Auch interessant: Unternehmensinterne Bestrebungen, den Anteil der ausländischen Fernarbeiter zu erhöhen, betreffen nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Entwickler – 4 Prozent definitiv und weitere 14 Prozent beschränkt.

… und die technischen Erkenntnisse

Ergebnisse rund ums Thema Präferenzen und Tools: Bei den durch Entwickler für die Arbeit täglich verwendeten Webseiten schaffte es ChatGPT auf Anhieb in die Top fünf. Stackoverflow, Google und Github erhalten allerdings noch mehr Nennungen. Bei den Quelltext-Editoren setzt VS Code seinen Siegeszug fort: Bereits 2019 stand die Lösung bei 51 Prozent Verwendung, erreicht aber mittlerweile sogar 66 Prozent. Selbst wenn man alle IntelliJ-Derivate (PyCharm, PHPStorm, RubyMine, Rider etc.) zusammenzählt, bleiben diese weit unter 20 Prozent. Bei den Entwickler-Maschinen kommt Windows erstmals auf einen Anteil von knapp unter 50 Prozent und muss etwas Raum an MacOS (36%) abgeben. Linux (14%) ist weiterhin ein starker Vertreter auf dem Desktop der Entwickler.

Ergebnisse rund um Technologie-­Trends: Bereits 2019 war klar, dass Entwickler skeptischer gegenüber der Blockchain waren als Nicht-Entwickler. Diese Tendenz wurde 2023 noch stärker. Hielten 2019 noch 28 Prozent der Befragten Blockchain für total unwichtig, so sind es 2023 bereits 44 Prozent. Umgekehrt hielten 2019 noch 16 Prozent die Blockchain für wichtig, während es heuer nur noch 9 Prozent sind. Noch deutlicher wird diese Entwicklung, wenn man die Entwickler in die Glaskugel blicken lässt. 2019 erachteten nur 12 Prozent die Blockchain bis in fünf Jahren als völlig unwichtig, inzwischen sind es 34 Prozent. Interessanterweise glaubten dafür bereits 2019 viele Entwickler an eine hohe Bedeutung von KI bis in fünf Jahren (mehr als 50%), nur um in den Jahren 2020 und 2021 schrittweise vom Glauben abzufallen. Es sollte allerdings niemanden überraschen, dass der Wind diesbezüglich 2023 wieder auf 50 Prozent gedreht hat.


Ergebnisse rund um Sprachen: Seit 2019 sank der Anteil derjenigen, die Java verwenden, von 58 auf 51 Prozent. Bei TypeScript erfolgte in der Verwendung ein starker Anstieg von 35 (2019) auf 48 Prozent der Teilnehmenden, bei einem gleichzeitigen Rückgang von JavaScript von 74 auf 68 Prozent. Interessanterweise verharrt Python praktisch auf dem gleichen Niveau (30% vgl. mit 31% 2019). Rust, eine Sprache, die 2019 noch gar nicht auf der Liste war, erreicht mittlerweile 4 Prozent. Dies scheint eher bescheiden, wenn man bedenkt, dass Rust in aller Munde ist, sobald es um «neue, trendige Sprachen» geht. Go stieg von 6 auf 9 Prozent – wohl dank der sich auf dem Vormarsch befindlichen Cloud-Native-Bewegung. C und C++ sind derweil beide unter die 10-Prozent-Marke gefallen.

Ergebnisse rund um Datenbanken: Hier gibt es einen unglaublichen Trend, und der heisst Postgres. Dies dürfte der riesigen Unzufriedenheit mit Oracle geschuldet sein. Seit einigen Jahren hört man, dass die Unternehmen versuchen, alles von Oracle weg zu migrieren. Von diesem Trend profitiert klar Postgres. Im Bereich der neueren Applikationen ist zudem ein Faktor, dass Postgres nicht nur traditionelle relationale Modelle gut abbildet, sondern vorzügliche Document-Storage- (Jsonb) und Time-Series-Storage-Lösungen vereint. Ganz grundsätzlich lässt sich zudem festhalten, dass sich die Datenbank-Top-5 extrem verändert hat. 2019 kam MySQL auf 51 Prozent, vor MSSQL (38%), Postgres (35%), Oracle (29%) und SQLite (28%). 2023 steht Postgres mit 47 Prozent an der Spitze, vor MySQL (37%), SQLite (29%), MSSQL (28%) sowie MariaDB (25%). Oracle ist derweil auf Platz 8 gefallen und hat laut Umfrage 30 Prozent der Nutzer eingebüsst.

Ergebnisse rund um Plattformen: Containerisierung ist in aller Munde und ermöglicht eine feingranulare, reproduzierbare, höchst effiziente und isolierte Auslieferung von Software. Das zeigt auch die Swiss Developer Survey. So konnte Kubernetes sich seit 2019 von 22 auf 32 Prozent Verwendung steigern. Noch stärker ist der Anstieg bei Docker von 48 auf 66 Prozent. Damit handelt es sich um die am zweitmeisten verwendete Plattform nach Linux, die Windows Server und Desktop auf Rang drei verdrängen konnte. Zu beachten ist, dass sich die Teilnehmerschaft an der Umfrage ein wenig ausgeglichen hat. Waren 2019 die KMU-Entwickler noch leicht in der Mehrzahl, so verteilen die Teilnehmer sich heute besser zwischen Corporate und Small Business.

Ergebnisse rund um Frameworks: Hier gab es wenig Veränderungen. Node.js (53%) und Angular (33%) sind immer noch die klaren Sieger. Ebenfalls gewonnen haben React (20 auf 26%), Vue.js (13 auf 17%) und Spring (28 auf 31%). Dafür sind .NET und .NET Core im Ranking zurückgefallen: Kamen sie 2019 zusammen noch auf 309 Nennungen, so sind es 2023 noch 224 Nennungen. ASP.NET ist aus den Top 10 gefallen, dafür sind Maven (Rang 4) sowie Gradle (Rang 6) in der Kategorie Frameworks recht weit nach vorne gesprungen. Festzuhalten ist, dass es schwierig ist, die Unterscheidung bei der Framework- und Plattform-Kategorisierung durchgehend anzuwenden.


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