Bei der täglichen Nutzung von Smartphones und Wearables denkt wahrscheinlich kaum jemand an Klimaschutz und schonenden Ressourcen-Umgang. Verständlich, schliesslich ist der verbrauchte Strom tatsächlich vernachlässigbar. Aber der eigentliche CO2-Fussabdruck entsteht auch nicht während des Gebrauchs, sondern während der Herstellung eines Geräts. Über die gesamte Lebensdauer eines Smartphones entstehen rund 80 Kilogramm CO2-Emissionen, ungefähr 80 Prozent entfallen auf die Herstellung. An diesem Punkt lassen sich folglich am meisten Emissionen einsparen – und genau darauf zielt das Konzept von
Mobileup ab: Wiederverwerten statt neu kaufen. Angefangen hat das Ganze mit Handydisplays, wie Mitgründer Beat Hafner erzählt: «Elias Böni, Sandro Michel und ich kannten uns bereits vor der Gründung von Mobileup schon lange. Bevor wir ganze Handys wiederaufbereiteten, verkaufte Böni über seinen Onlineshop mobilepower.ch Ersatzteile für Handyreparaturen.» Dieser Shop war aber noch ohne langfristigen Business-Gedanken und verhalf ihm in erster Linie dazu, sich sein Studium zu finanzieren, wie Hafner zurückblickt. Anschliessend begann er bei einer deutschen Gebrauchtwagen-Plattform ein Praktikum, welches er aber nicht beendete. Geblieben ist jedoch der Gedanke, dass man den Occasionsmarkt von Autos auch für Smartphones adaptieren könnte. Aus dem Gedanken wurde schliesslich eine Landingpage, die sich dem An- und Verkauf von Handys widmete.
Anfänge ohne Büro
Böni und Hafner, damals im Jahr 2019 noch gemeinsam während ihres Studiums in einer WG in St. Gallen wohnhaft, managten das Geschäftliche von zuhause aus. Wie Hafner schildert, trudelten mit der Zeit viele Handys zum Reparieren ein, die sich allesamt im Wohnzimmer der beiden stapelten. «Anfangs verlief vieles noch sehr rudimentär: Leute sind zum Teil persönlich bei uns vorbeigekommen, um ihre Handys zu bringen. Wenn die Zeit knapp war, stapelten sich diese regelrecht bei uns im Wohnzimmer, welches als Lager diente», erinnert sich Hafner schmunzelnd zurück. Effektiv repariert wurden die Geräte aber nicht durch Böni und Hafner, sondern von externen Partnern, die Böni durch die Gründung des Shops mobilepower.ch bereits kannte. Ein Jahr später stiess Michel zum Gründerteam dazu, gleichzeitig wurde aus der Einzelfirma eine GmbH. Aufgrund der erschwerten Situation im Zuge der aufgekommenen Corona-Pandemie operierte das junge Start-up weiterhin aus der WG hinaus. Erst Mitte 2022 bezog
Mobileup das erste eigene Büro in Bern, welches die Arbeit und die Logistik stark erleichterte, die Struktur verbesserte, wie Hafner schildert. «Auch für die Firmenkultur war dies ein besonders bedeutender Schritt», so der Mitgründer. Der ursprüngliche Onlineshop mobilepower.ch ist mittlerweile offline, da sich das Gründerteam seit dem Jahr 2021 komplett dem Thema Wiederaufbereitung anstatt der klassischen Reparatur widmen möchte.
Mittlerweile besteht das Unternehmen aus 20 Mitarbeitenden. Nach dem Start mit Eigenkapital hat Mobileup seit dem Jahr 2022 zwei Finanzierungen durch Business Angels Switzerland erhalten. Nebst der Finanzierung durch Investoren ist Mobileup ausserdem seit dem letzten Jahr ein Portfolio-Unternehmen des Technologie-Fonds. Letzterer unterstützt ebenfalls vielversprechende Start-ups finanziell, welche durch ihr Geschäftsmodell helfen, den CO2-Ausstoss der Gesellschaft zu minimieren. Zudem gewann Mobileup durch den Sieg in der Swisscom Start-up-Challenge 2022 zusätzliche Aufmerksamkeit. Die finanzielle Eigenständigkeit strebt die junge Firme zeitnah an. Der Mitgründer betont, dass Mobileup kein Start-up sei, das viel Geld verbrenne. Das Kapital wird nebst dem Bezahlen der Löhne vor allem benötigt, um gebrauchte Geräte einzukaufen sowie Marketing zu betreiben.
Algorithmus steuert den Einkauf
Wer die Gründer aufgrund ihres Geschäfts für ausgefuchste Nerds hält, irrt jedoch. «Wir drei Gründer habe alle einen Business-Background und sind nicht in der Lage, ein Smartphone wiederaufzubereiten», antwortet Hafner lachend auf die Frage, ob wenigstens einer aus dem Gründerteam eine Ausbildung im technischen Bereich hatte. Allerdings ist bei weitem nicht jedes durch
Mobileup verkaufte Secondhand-Smartphone ein selbst wiederaufbereitetes. Wie er schildert, sei der Markt an Lieferanten, die bereits Refurbished-Geräte B2B anbieten, enorm am Wachsen. Der Schlüssel zum Erfolg besteht gemäss Hafner darin, ein möglichst breites Sortiment anzubieten. Daher ist Mobileup seit 2021 an verschiedene Lieferantenketten verknüpft.
Welche Geräte bei den Lieferanten bestellt werden sollen, wird nicht manuell bestimmt, sondern durch einen eigenen, inhouse entwickelten Algorithmus, der über die Jahre stetig weiterentwickelt worden ist. Selbiger antizipiert, welche Geräte in naher Zukunft am stärksten nachgefragt werden, damit der Einkauf entsprechend gesteuert werden kann. Am populärsten sind gemäss dem jungen Unternehmer mit Abstand iPhone-Modelle, weil diese sehr wertstabil sind. Selbst ein achtjähriges iPhone 6s erzielt noch einen Verkaufspreis von nahezu 100 Franken. Ein weiterer Punkt, der für die Beliebtheit der iPhone-Modelle spricht, ist die Diversität der Modelle (Pro, Mini, Farben, Speicherkapazität). Aber auch weitere Apple-Modelle wie das iPad oder die Apple Watch eignen sich bestens für den Wiederverkauf. Ebenfalls über ein breites Angebot verfügt Mobileup bei Samsung-Smartphones. Gemäss Hafner sei es essenziell, die Kundenwünsche zu bedienen, um ein möglichst grosses organischen Wachstum zu erreichen. Noch Anfang 2024 möchte das Start-up das Angebot aber auch auf weitere Marken ausdehnen.
Kauf ohne Risiko
Wiederaufbereitete Geräte – egal, ob zugekauft oder selbst wieder für den Wiederverkauf fit gemacht – durchlaufen bei
Mobileup einen Software-Check, der 25 Kontrollpunkte umfasst. Dieser garantiert, dass das Gerät voll funktionsfähig ist und beinhaltet auch die Prüfung weniger offensichtlicher Punkte wie beispielsweise Ladeanschluss, Mikrofon sowie Konnektivität über WLAN oder Mobilfunk. Dadurch kann den Kunden ein technisch einwandfreies Gerät geliefert werden, auf welches Mobileup ausserdem stets eine einjährige Garantie gewährt. Ausserdem steht den Kunden ein 30-tägiges Rückgaberecht zu, wodurch sie ein Gerät ohne Angabe von Gründen zurücksenden können. Diese Dienstleistungen seien wesentlich, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen.
Aber natürlich ist Mobileup nicht allein auf dem Markt der wiederaufbereiteten Geräte tätig. Allein in der Schweiz seien vier vergleichbare Mitbewerber aktiv. Gemäss dem Chef hebt sich das Start-up aber durch das grosse Sortiment mit attraktiven Preisen von den Konkurrenten ab. Aus Business-Sicht nennt er den Vorteil, dass das durch den Algorithmus auf die Nachfrage angepasste Sortiment helfe, einen attraktiven Verkaufspreis zu generieren. «Auch wenn bei einem Kunden der Nachhaltigkeitsgedanke dazu führt, dass er sich für ein wiederaufbereitetes Gerät interessiert – letztlich ist der Preis das schlagende Argument in diesem Geschäft», unterstreicht Hafner.
Die eingekauften Gebrauchtgeräte werden professionell wiederaufbereitet, sodass sie mit einer einjährigen Garantie wiederverkauft werden können. (Quelle: Mobileup)
Grosse Vision
Um das Wachstum anzukurbeln, beliefert das Start-up auch etablierte Shops wie beispielsweise Digitec, Manor oder ausserhalb der Schweiz Refurbed mit wiederaufbereiteten Geräten. Es sei aber das erklärte Ziel, künftig auch Businesskunden zu gewinnen. Wie Hafner schildert, ist es insbesondere im Ausland bei Unternehmen allmählich populär, firmeneigene Geräte gebraucht zu erwerben. Diesen Trend möchte
Mobileup auch in der Schweiz lancieren. Aktuell macht der Secondhand-Markt bei elektronischen Geräten gemäss einer Comparis-Studie in der Schweiz rund zehn Prozent aus. Allerdings ist es ein Wachstumsmarkt. Mit der Ausweitung des Sortiments auf zusätzliche Smartphone-Hersteller ist es für Mobileup deshalb nicht getan. Die Vision des jungen Unternehmens ist es, das «grüne Digitec zu werden», wie es der ambitionierte Mitgründer formuliert. Das bedeutet, dass Mobileup eines Tages für jedes elektronische Gerät eine Secondhand-Alternative anbieten möchte.
(dok)