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Das Schweizer Zentrum für Quantencomputing
Quelle: Quantumbasel

Das Schweizer Zentrum für Quantencomputing

Mit Quantumbasel entsteht eine internationale Drehscheibe für Quantencomputing in Basel. Die Technologie soll laut CEO Damir Bogdan in absehbarer Zeit die Welt verändern.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2023/11

     

Ende Dezember 2022 wurde im Kompetenzzentrum für Wirtschaft 4.0 Uptownbasel der erste kommerziell nutzbare Hub für Quantencomputing und Künstliche Intelligenz der Schweiz unter dem Namen Quantumbasel eröffnet. Quantencomputing sei schon heute in der Lage, gewisse Probleme zu lösen, bei denen herkömmliche Superrechner anstehen, doch in der Schweiz fehle es an Verfügbarkeit und Fachkompetenz, so Damir Bogdan, CEO von Quantumbasel. Unter anderem diesem Problem will man mit der Gründung von Quantumbasel entgegenkommen. «Swiss IT Magazine» hat sich mit Bogdan getroffen und das neue Zentrum für Quantencomputing in der Stadt am Rhein besichtigt.

Uptownbasel – Technologie und Nachhaltigkeit

In Basel, respektive dem Vorort Arlesheim, findet sich ein altes Industrieareal, welches seine Wurzeln in der Textilindustrie hat. Lange Jahre stand es leer. Nun entsteht dort der Innovations-Campus Uptownbasel, das sich auf die Fahne geschrieben hat, der Deindustrialisierung der Schweiz entgegenzuwirken, wie Damir Bogdan während der Führung durch das erste fertiggestellte Gebäude «Pioneer» kommentiert. Der Fokus liegt daher auf innovativen Technologien mit Blick auf die Industrie 4.0: KI, IoT, Quantencomputing und mehr. Hinter dem Vorhaben steht Uptownbasel als Muttergesellschaft.

Treibende Kraft ist Fankhauser Arealentwicklung, verantwortlich für die gesamte Architektur im Areal. Diese basiert auf zwei zentralen Pfeilern: Nachhaltigkeit und New-Work-Konzepte. So ist der Campus das erste Projekt im Land mit dem Label «Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz» (SNBS) vom Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS). Ein Beispiel: Auf einem der sich noch im Bau befindenden Gebäude wird ein zweistöckiger Wald entstehen, der als Filteranlage für das Grauwasser dienen soll, das bei der industriellen Fertigung im Gebäude anfällt.


Bezüglich New Work liegt der Fokus derweil auf Kollaboration und moderner, lichtdurchfluteter Architektur. Rund 50 Prozent des gesamten Raumes sind offene Flächen, die verschiedentlich und flexibel für die Zusammenarbeit innerhalb und zwischen den ansässigen Firmen und Teams sowie externen Besuchern genutzt werden können.

Ein weiteres Element von Uptown­basel ist Quatumbasel als erster Quantencomputing-Hub der Schweiz – mehr dazu gleich. Des Weiteren wurde im Frühjahr 2023 der Start-up-Accelerator Qai Ventures gegründet, «der als Akzelerator und Venture Fonds für Start-ups im Bereich Quantum und AI ins Leben gerufen wurde», so Damir Bogdan. Das Projekt ist vollständig privat finanziert. Der Investor Thomas Staehelin hat zusammen mit seiner Frau Monique in einem ersten Schritt 500 Millionen Franken bereitgestellt. Voll ausgebaut soll das Areal von Uptownbasel aus neun Gebäuden bestehen, darunter Büros, Fertigungshallen und Datacenter. Bis zu 100 Unternehmen mit mehr als 2000 Arbeitsplätzen soll es beheimaten. Und langfristig soll es natürlich auch Gewinn abwerfen.

Die Demokratisierung des Quantencomputers

«Unsere Mission mit Quantumbasel ist die Demokratisierung des Zugangs zu Quantenrechnern», so Damir Bogdan. «Wir bieten aber nicht nur den Zugang zur Technologie. Wir zeigen auf, welche Probleme mit Quantencomputing gelöst werden können und begleiten Unternehmen bei ihren Projekten.» Das bewerkstelligt Quantumbasel mit einem zwanzigköpfigen Team aus Quantenphysikern, Data Scientists, KI-Spezialisten, Projektleitern und Business Developern. «Wir richten uns damit an Industriekunden aus den Bereichen Industrie 4.0, Logistik, Financial Services und Life Science», wie er ergänzt. In der Industrie 4.0 und der Logistik sind die Quantenrechner bereits produktiv nutzbar, in anderen Bereichen muss sich das erst noch zeigen.


Ein Beispiel für Quantum-Zukunftsmusik ist etwa der Bereich Life Sciences: Etwa erhofft man sich, in der Zukunft den komplexen Prozess des Protein-Foldings im Körper simulieren zu können. Letztlich soll dies unterstützen, Tierversuche gänzlich abzuschaffen. «Wir denken, dass das mit Quantencomputern möglich sein wird. Noch nicht heute oder morgen, aber vielleicht in 15 Jahren.»

Entwicklungs-Quantensprung

Aktueller und teilweise schon marktreif sind Beispiele aus der Fertigung oder der Logistik. Hier kann Quantumbasel bereits mehrere Projekte nennen, bei denen der Einsatz von Quantencomputern zu massgeblichen Effizienzsteigerungen geführt hat. Dabei geht es etwa um Routenoptimierungen oder die Ressourcenplanung. Und in der Finanzindustrie werden bereits Testpiloten mit Quantencomputer durchgeführt, die das Potenzial von Risikominimierung durchtesten und schon zu vielversprechenden Ergebnissen führten. Weitere Beispiele, die sich zwischen Marktreife und Zukunftsmusik bewegen, sind die Planung der Stromversorgung oder die Reduktion von CO2-Ausstössen in der Düngemittelproduktion. «Wir erwarten, dass Quantencomputer die Wirtschaft in den kommenden zehn Jahren mehr verändern werden, als das mit klassischen Computern in den letzten 30 Jahren passiert ist», so Bodgan selbstsicher.


Traditionelle Rechner werden mit steigenden Datenmengen und Rechenaufgaben an ihre Grenzen stossen – laut dem CEO wird die absehbare Zukunft daher durch eine Kombination von Quantencomputern, traditionellem Computing und KI geprägt sein. Und im Speziellen in Kombination mit KI sieht er eine Explosion der Möglichkeiten: «KI mit Quantencomputing zu kombinieren ist, wie wenn man ein Feuer macht und Sauerstoff reinbläst.» Dazu kommt, dass Quantencomputer laut Bogdan das Potenzial haben, das Training von KI ebenfalls effizienter zu machen und umgekehrt kann KI die Quantenberechnung optimieren. Der Kreis befeuert sich im besten Fall also gleich selbst.

Das Wissen im Land halten

Den Industriepartnern bietet man Zugang zu drei Quantencomputern: IBM bietet Zugriff auf Quantenrechner mit Supraleitungstechnologie, D-­Wave verfügt über Quantum-Annealer-Rechner und IonQ wartet mit Ionenfallen-Computern auf. «Das sind die drei relevanten Quantencomputing-Technologien dieses Jahrzehnts. Weitere werden folgen. Mit IonQ installieren wir zudem den ersten physischen Quanten-Rechner der Schweiz und auch die Weiterentwicklung der künftigen Systeme wird teilweise aus der Schweiz heraus erfolgen.»

Den Einstiegspunkt für Unternehmen sieht Damir Bogdan überall dort, wo heute Simulationen gemacht werden und wo KI für komplexe Problemstellungen eingesetzt wird. «Dort können wir mit Quantencomputern potenziell einen Nutzen schaffen.» Bei Quantumbasel können Unternehmen ihren Use Case präsentieren und eine mehrmonatige Abklärungsphase durchlaufen. Danach wird neu entschieden, ob ein Projekt definitiv umgesetzt wird. Mitarbeiter der Unternehmen werden dabei parallel für die Nutzung von Quantenrechnern geschult.


Weiter veranstaltet man Konferenzen zum Thema Quantencomputing und fördert den Know-how-Erwerb, unter anderem mit der Finanzierung eines Lehrstuhls an der FHNW. «Wir erachten es als wichtig, entsprechende Ausbildungen in der Schweiz zu bieten», so Bogdan. Auch ermöglicht man mehreren Fachhochschulen und Universitäten Zugang zu den verfügbaren Quantenrechnern. «Denn was bringt uns das alles hier, wenn die entsprechenden Fachkräfte letztlich fehlen?»

Kurz: Man will auch den Nährboden schaffen, um Technologie und Wissen in der Schweiz zu halten. «Es ist etwas schade, dass es einen privaten Investor braucht, der in der Schweiz in Quantencomputing investieren muss», wie er abschliessend ausführt. Denn im Vergleich zum Ausland würden hierzulande noch sehr wenig öffentliche Mittel in den Bereich fliessen. «Ich will nicht, dass wir als Land in fünf Jahren realisieren, dass Quantencomputing hier ist, aber wir nicht wissen, wie wir es einsetzen können. Es ist kein Risiko, in Quantencomputing zu investieren – es ist ein Risiko, nicht zu investieren.» (win)


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