ChatGPT ist vielleicht der bekannteste Vertreter von KI-Sprachmodellen, die gesamte Technologie ist zweifelsfrei ein neuer Höhepunkt Künstlicher Intelligenz (KI). Bald wird sie Prozesse in Unternehmen umfassend ändern. Nvidia-Gründer Jensen Huang spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem neuen Computerzeitalter. Viele Firmen loten bereits aus, wie KI-Modelle helfen können, ressourcenschonender zu arbeiten. KI wird zum zentralen Werkzeug für Prozessanalyse und -steuerung. Dabei bringt sie teils neue Berufsbilder hervor, für die Unternehmen schon jetzt erste Weichen stellen sollten. Zu nennen ist hier zuallererst das Berufsfeld des Prompt Engineers. Noch verlässt keiner von ihnen eine Hochschule, denn ein klassischer Ausbildungsweg existiert bis dato nicht. Doch ihre Rolle wird elementar sein. Sie stehen sinnbildlich für die Verschmelzung von IT und Business. Als «Mittler zwischen Menschen und Maschine» formulieren sie den Input für die KI, verantworten die Qualität des Outputs und kommunizieren die Ergebnisse. Das setzt nicht nur ein tiefes Verständnis der Funktionsweise der Software voraus. Prompt Engineers benötigen neben analytischen und technischen auch interpersonelle und kommunikative Skills.
Mit potenteren technischen Hilfsmitteln bis hin zu autonomen KI-Systemen werden auch die Sicherheitsrisiken und regulatorischen Pflichten zunehmen. Ein Beispiel ist das KI-Gesetz der EU (EU Artificial Intelligence Act, kurz AIA). Die Herausforderung für IT-Juristen: Die Lücke zwischen den rechtlichen Anforderungen und der konkreten Umsetzung ist enorm gross, teilweise noch völlig unbekannt. Die Lösung ist ein KI-spezifisches, interdisziplinäres Governance-System, beispielsweise aus Juristen und Experten aus den Bereichen Datenmanagement, IT(-Sicherheit), Compliance oder Marketing. Um dafür Kompetenzen und Fachkräfte aufzubauen, müssen Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeiter für Cybersicherheit, Legal und Governance ganz oben auf der Agenda stehen. Übersetzer, aber auch Business-Analysten oder Requirements Engineers, spielen schon heute eine essenzielle Rolle in KI-Entwicklungs-Teams. Die künftige Situation am Arbeitsmarkt spielt ihnen zusätzlich in die Karten. Der Grund: Ihre Fähigkeit, Projekte zwischen den Fachbereichen und der IT zu selektieren, zu priorisieren, zu kommunizieren und auch unternehmensübergreifend zu transformieren, wird noch wichtiger.
KI verarbeitet (unternehmens-)kritische und personenbezogene Daten. Hier sind Klarheit und Transparenz und gegebenenfalls auch Sanktionen für alle Beteiligten erforderlich. Das setzt einen Schulterschluss zwischen IT und Business, IT und Usern, Strategie und operativer Umsetzung voraus. Diesen müssen vor allem die Security-Experten managen können.
Auch die Rolle von Software-Entwicklern wird sich ändern: Zum einen dabei, wie Software im Tagesgeschäft entsteht, und zum anderen hinsichtlich ihres eigenen Kompetenz-Sets. KI wird viel der eigentlichen Software-Entwicklung übernehmen, sodass der Mensch erst später aktiv werden muss. Ändert sich hierdurch die Basis einer Entwicklungsumgebung? Nein, sie wird angereichert, vielfältiger und bedarf weiterer Kompetenzen.
Die skizzierten Szenarien werden auch das Berufsbild des IT-Beraters erheblich erweitern. Zu nennen sind hier noch mehr technische und kommunikative Skills, die hinzukommen werden. Nur dann kann ein IT-Berater Unternehmen bei der Auswahl und Implementierung von KI-Systemen helfen. KI wird also in viele Berufe hineinwirken. Darauf sollten sich gerade KMU vorbereiten, weil sie mit der Technologie viele, bislang kostenintensive Aufwände automatisieren und verringern können. Das muss nicht zwangsläufig mit einer personellen Aufstockung einhergehen. Der Bedarf lässt sich mit Weiterbildungen, aber auch über spezialisierte Dienstleister decken.
Pascal Köth
Pascal Köth ist Vice President Technology Germany bei Robert Half. Der Tech-Experte berät seit mehr als 15 Jahren Unternehmen aus diversen Branchen rund um Fragen des digitalen Wandels mit Fokus auf Personalentwicklung und Talentgewinnung. Er ist Alumnus der Schumpeter School of Business and Economics – Bergische Universität Wuppertal.