Zugegeben, es war schon einfacher zu planen – für Unternehmen, Staat und Behörden. Trotzdem, bei gesetzlich umzusetzenden Massnahmen mit grösserer Tragweite sollte eine gewisse Weitsicht und Nachsicht verlangt werden dürfen. Warum, zeigt sich am Beispiel der anstehenden Mehrwertsteuererhöhung, die per 1. Januar 2024 in Kraft tritt.
Am 17. Dezember 2021 hatte der Bundesrat beschlossen, die Mehrwertsteuersätze zu erhöhen, um die finanziellen Löcher in der AHV zu stopfen. Im September 2022 stimmte das Volk diesem Entscheid zu. Nachdem bereits 2021 davon ausgegangen werden konnte, dass es zu einer Erhöhung kommen würde, hätten die zuständigen Behörden eigentlich genügend Zeit zur Vorbereitung der MWST-Umstellung gehabt. Auch handelt es sich um die sechste Anpassung des Steuersatzes, wodurch sicher bereits eine gewisse Routine besteht, um rechtzeitig auf alle Szenarien vorbereitet zu sein.
Dem ist leider nicht so. Denn der Bund schien nicht daran gedacht zu haben, dass es immer mehr Geschäftsmodelle gibt, bei denen die Leistungen als Abonnentenservice (z.B. Cloud-Dienste und Softwarelizenzen) im voraus und jahresübergreifend in Rechnung gestellt werden, was sich auf die Mehrwertsteuerdeklaration im Jahr 2023 auswirken kann. Anders lässt sich nicht erklären, dass es erst nach dem 3. Quartal 2023 möglich sein wird, Umsätze mit dem neuen Steuersatz zu deklarieren, bei der Saldosteuersatzmethode ab Juli. Dies ist umso störender, als für nachträglich deklarierte Umsätze die Erhebung eines Verzugszinses angedroht wird. Auch ist nicht ersichtlich, wie in den genannten Fällen bei der Deklaration korrekt vorgegangen werden soll. Folgt man den Ausführungen zur Gesetzesänderung, sollen die Umsätze zuerst mit dem alten Satz gemeldet und dann zum erstmöglichen Termin eine Korrektur vorgenommen werden.
Wie dies für KMU softwaretechnisch zu lösen ist, darüber wird in Bundesbern kein Gedanke verschwendet. Wie bereits erwähnt, hätte aufgrund der Vorlaufzeit erwartet werden dürfen, dass die Formulare für die korrekte Abrechnung bereits zu Jahresbeginn verfügbar und implementierbar gewesen wären, was jegliche Diskussion erübrigt hätte. Nachdem die Formulare zwischenzeitlich nun bereit sind, sollte es für Unternehmen möglich sein, auf der nächsten Abrechnung Leistungen nach dem 31. Dezember mit den neuen Steuersätzen zu deklarieren. Diese Umsätze zuerst mit dem aktuellen Satz zu versteuern und danach die Differenz mit den neuen Sätzen nachzudeklarieren ist aufwändig und macht schlicht keinen Sinn.
Zudem erscheint in diesem Fall Kulanz angebracht, ist die Umstellung doch per se für viele Unternehmen nicht so einfach zu realisieren. Entsprechend ist zu hoffen, dass mit der Finalisierung der Mehrwertsteuer 2023 auf nachdeklarierten Umsätzen keine Verzugszinsen erhoben werden. So viel Nachsicht sollte aufgrund fehlender Weitsicht erwartet werden dürfen.