Alle, die schon einmal ein Smartphone der Pixel-Reihe testen oder ihr Eigen nennen durften, wissen, dass
Google nicht nur nützliche Software und Services anbietet, sondern auch gute Hardware baut. Aber ob das auch auf die WLAN-Produkte des Suchmaschinenriesen zutrifft? Und ob man in diesem Bereich mit bekannten Netzwerkspezialisten mithalten kann?
Wir geben zu: Vor dem Test des Google Nest Wifi Pro Routers hatten wir ein paar Zweifel – und dies, obwohl Google inzwischen bereits seit vielen Jahren entsprechende Geräte entwickelt und im Angebot hat. Diese älteren Generationen von Google Wifi oder Nest Wifi sind übrigens nicht mit der neuesten kompatibel. Besitzer entsprechender Produkte können sie also zum Beispiel nicht weiter als Mesh-Zugangspunkt verwenden. Das ist sicher ärgerlich und geht unter Umständen ins Geld, anderseits nimmt man so keine Altlasten mit und profitiert voll und ganz von der fortschrittlichen Technologie, die in den neuen Routern steckt.
Kein Router für Netzwerktüftler
Der sehr kompakte
Google Nest Wifi Pro Router, der nur etwas grösser als eine normale Kaffeetasse ist, unterstützt den neuesten WLAN-Standard 6E. Das heisst, dass mit dem Router neben dem 2,4-GHz- und dem 5-GHz- auch das 6-GHz-Frequenzband genutzt werden kann, was stabilere und schnellere Verbindungen verspricht. Insgesamt sollen so bis zu 4,2 Gbit/s möglich sein. Natürlich braucht man dazu aber auch entsprechende Empfänger, also Geräte, die den neuen WLAN-Standard und entsprechende Tempi bereits unterstützen.
In unserem Fall hatten wir mit der Quest Pro immerhin ein Produkt in der Testumgebung, das WLAN-6E-fähig ist. Umso grösser war die Enttäuschung, als wir feststellten mussten, dass die VR-Brille trotzdem «nur» im 5-GHz-Band funkt. Zuerst dachten wir, dass das am Router liegt, der nämlich selbst entscheidet, welches die bestmögliche Verbindung ist. Im Netz erfährt man noch, dass man unbedingt WPA3 aktivieren soll, um Verbindungen zwischen den drei Bändern «seamless» zu machen. In unserem Fall konnten wir so zwar die Sicherheit im WLAN deutlich erhöhen, das Problem wurde damit aber nicht gelöst – offenbar liegt es nämlich bei Meta: Im Kleingedruckten zur Quest Pro erfährt man inzwischen, dass die vollständige WLAN-6E-Unterstützung erst ab Anfang 2023 verfügbar sein wird.
Meta und 6E hin oder her: Trotz dem Namenszusatz «Pro» lässt sich, verglichen mit WLAN-Routern anderer Hersteller, am neuen Nest Wifi Pro aktuell nur herzlich wenig einstellen und zum Beispiel auch kein separates 6E-Netz für entsprechende Produkte einrichten. Einzig ein Gästenetz lässt sich zusätzlich erstellen – aber auch das nur, wenn man zuvor einwilligt, entsprechende Google-Cloud-Dienste zu nutzen. Wenn man das nicht möchte, erhält man zum Beispiel auch keine Geräteliste. (Update: Ein Gästenetz lässt sich inzwischen auch ohne Cloud-Dienste erstellen.)
Immerhin erlaubt der Router in den erweiterten Einstellungen noch Dinge wie eine Port-Weiterleitung oder das Reservieren von IP-Adressen, was IT-Pros und Netzwerktüftler zumindest etwas besänftigen dürfte. Keine grosse Freude dürften sie jedoch daran haben, dass alle Einstellungen nur via Google Home App (für Android und iOS) möglich sind und es kein Web-Interface gibt. Gerüchten zufolge soll dies noch folgen.
Weniger ist mehr, sagt sich Google auch bei den Anschlüssen. Der Nest Wifi Pro Router bietet neben einem WAN- nämlich nur einen zusätzlichen Ethernet-Port. Beide unterstützen 1 Gbit/s. Einen USB-Anschluss sucht man ebenso vergeblich wie einen On/Off-Schalter. Man muss das Gerät also vom Strom trennen, wenn man es ausschalten möchte – oder richtet ein Familien-WLAN mit Zeitplan ein. Nett ist dafür, dass sich die LED auf der Vorderseite des Routers, die den Verbindungsstatus anzeigt, ausschalten lässt und damit beispielsweise im Schlafzimmer nachts nicht stört.
Spartanisch: Auf der Rückseite des Nest Wifi Pro von Google finden sich kaum Anschlüsse. (Quelle: Google)
Schnelle Verbindungen in jeder Ecke
Soweit zu den grössten Kritikpunkten am neuen
Google Nest Wifi Pro Router. Abgesehen von den eher spartanischen Einstellungsmöglichkeiten und Anschlüssen hat er sich im Test nämlich durchaus bewährt. Nicht nur die sehr kompakte Bauweise und das Design mit integrierten Antennen machen sich im Home Office sehr gut, auch die Verarbeitung des weissen Hochglanz-Kunststoffs ist in Ordnung und der Empfang in unserer rund 100 Quadratmeter grossen Testumgebung tiptop und die Verbindungen stabil. Mit einem zweiten Router und dem Aufbau eines Mesh-Netzwerks konnten wir die Abdeckung sogar weiter verbessern und auch die Terrasse, die im bisherigen WLAN ein «blinder Fleck» war, endlich vernünftig erschliessen.
Mit dem zweiten Google Nest Wifi Pro erhält man auch zwei zusätzliche LAN-
Anschlüsse und kann so neben einem NAS auch ein weiteres System wie etwa Philips Hue ins Netzwerk integrieren, ohne einen zusätzlichen Switch kaufen zu müssen. Und: In Zukunft benötigt man die Hue Bridge vielleicht gar nicht mehr, denn der Google Nest Wifi Pro wurde auch für Matter, den neuen universellen Standard für Smart-Home-Geräte, entwickelt. Damit sollten sich, sobald entsprechende Firmware-Updates da sind, die Lampen und zahlreiche weitere Devices theoretisch direkt über den Router steuern lassen.
Das ist alles schön und gut, aber letztendlich muss der Router auch performen. Wie eingangs erwähnt, verspricht Google kombinierte Geschwindigkeiten von bis zu 4,2 Gbit/s. In der Praxis kommt man wie erwartet nicht annähernd an diesen Wert heran. Trotzdem muss sich der Nest Wifi Pro nicht verstecken, schneidet er doch im Vergleich zum Referenz-Router, der im 5-GHz-Band laut Papier eigentlich mehr Speed bieten sollte, sogar besser ab. Bei der Datenübertragung von einem Macbook auf ein NAS erreichen wir im Durchschnitt zum Beispiel um die 600 Mbit/s, also einen ganz ordentlichen Wert. Die zuvor kritisierte automatische Verwaltung der Netzwerkleistung und -aktivität scheint also zu funktionieren und manuelle Eingriffe sind nicht zwingend notwendig. Zudem könnten bestimmte vordefinierte Aktivitäten wie zum Beispiel Videokonferenzen noch priorisiert werden.
Was uns am Google Nest Wifi Pro zudem noch sehr gut gefallen hat, ist die unkomplizierte und schnelle Einrichtung. Abgesehen von ein paar anfänglichen Schwierigkeiten beim Scannen der winzigen QR-Codes auf der Unterseite des Routers hat man in maximal zehn Minuten ein Mesh-WLAN-Netzwerk mit zwei Routern aufgebaut. Einziger Haken: Man benötigt zum Einrichten wie für die Administration zwingend die Google Home App sowie einen Internetanschluss – oder zumindest ging es in unserem Fall nicht ohne WAN-Verbindung weiter.
Last but not least noch ein kleines Highlight am Rande: Die weissen Kabelclips, mit denen das Netzteilkabel in der Verpackung zusammengehalten wird, sind bei Google kein Wegwerfartikel aus Papier oder Plastik, sondern lassen sich hervorragend weiterverwenden. Ausserdem besteht der Router zu immerhin zirka 60 Prozent des Produktegewichts aus recycelten Materialien.
Google Nest Wifi Pro
Die anfängliche Skepsis gegenüber WLAN-Produkten von
Google war unbegründet. Der Nest Wifi Pro ist nicht nur ein hübsch anzusehender und sehr einfach einzurichtender, kompakter WLAN-Router mit Mesh-Funktion, er überzeugt auch mit ansprechendem Speed, stabilen Verbindungen und guter Abdeckung – dies zu einem anständigen Preis für ein 6E-Produkt. Dafür gibt es Abstriche was die Einstellungsmöglichkeiten und Anschlüsse betrifft. Wer sich daran und an der zwangsläufig steigenden Google-Abhängigkeit nicht stört, wird mit dem Router bestimmt zufrieden sein – selbst wenn man aktuell wahrscheindlich noch kaum 6E-fähige-Geräte besitzt.
Technische Daten
Prozessor: Qualcomm Dual-Core-CPU mit 1,0 GHz
Konnektivität: Tri-Band (2,4, 5 und 6 GHz) Wifi 6E (AXE5400), Bluetooth 5.0 und Thread-Border-Router 802.15.4
Arbeitsspeicher, Speicherplatz: 1 GB DDR3L und eMMC-Datenträger mit 8 GB
Anschlüsse: 2 Ethernet-Ports pro Router (1 Gbit/s)
Sicherheit: WPA3-Verschlüsselung, automatische Sicherheitsupdates und Trusted Platform Module (TPM)
Abmessungen und Gewicht: 117x130 mm, 450 g
Positiv+ ansprechende Performance
+ zuverlässige Verbindungen und gute Abdeckung
+ gerüstet für die Zukunft (WLAN 6E und Matter)
+ einfache Einrichtung und Bedienung
Negativ- eingeschränkte Einstellungsmöglichkeiten
- wenig Anschlüsse
- keine Abwärtskompatibilität
- Abhängigkeit von Google
Hersteller/AnbieterGoogle,
www.google.chPreisFr. 330.– (Zweiersystem; Einzelprodukt: Fr. 220.–)
WertungFunktionalität 5 von 5 Sternen
Bedienung 5 von 5 Sternen
Preis/Leistung 5 von 5 Sternen
Gesamt 5 von 5 Sternen
(mv)