Kolumne: Versteinerte B2B-Marktanteile
Quelle: Von Salis ­Engineering

Kolumne: Versteinerte B2B-Marktanteile

Luzi von Salis über die Marktanteile im Schweizer Telekom-Business, die sich kaum verändern wollen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2022/07

     

Die schweizerische Regulierungs­behörde Comcom veröffentlicht jährlich im Mai frohlockend die Marktanteile für den Telekommunikationsmarkt. Im (unspezifizierten Privat- respek­­­­­­­­­tive Geschäftskunden-) Markt werden Swisscoms Anteile im Bereich Breitband per Ende 2021 mit 49,5 Prozent beziffert, während Sunrise 28,5 Prozent (inklusive der ehemaligen UPC-Kunden), andere Kabelnetzbetreiber 13 Prozent, Salt 4 Prozent und weitere Anbieter 5 Prozent halten. Die Regulierer sind zufrieden, zeigen auf die veränderten Marktanteile und postulieren, dass der Markt spiele. Im Mobilfunk (mit Postpaid-Abos) notiert Swisscom 58 Prozent – und liegt damit knapp unter der Marktbeherrschungs-Definition von 60 Prozent –, Sunrise 25 Prozent, Salt 16 Prozent und andere 1 Prozent. Zugegeben: Swisscom produziert ein inhaltlich sehr gutes Angebot zu hohen Preisen und die Kunden sind offenbar nach wie vor zu träge, um deswegen zu wechseln. Die anderen Anbieter haben nicht schlechtere Services. Aber sie sind kommerziell stark unter Druck, müssen stark investieren, bewegen sich in Nischen und müssen ständig an der Preisspirale drehen, um Kunden zum Wechsel zu
aktivieren.


Ganz anders sieht das Bild im Geschäftskundenbereich aus (KMU, Enterprise und Wholesale). Nach meinen groben Schätzungen dominiert Swisscom nach wie vor mit marktbeherrschenden 82 Prozent bei einem Marktumsatzvolumen von rund 4,9 Milliarden Franken. Sunrise liegt abgeschlagen bei rund 11 Prozent Marktanteil, während sich alle anderen um die restlichen 7 Prozent streiten. Der Grund sind bessere Margen, die gerade im KMU- und Enterprise-Segment erzielt werden können. Im volatilen Wholesale-Markt sind die Margen eher tief, ausser ein Anbieter kann seine eigenen Infrastrukturen vermarkten.
Seit 20 Jahren sind die Geschäfts­sektor­marktanteile von Swisscom immer ähnlich hoch. Ich bin ein liberal denkender Mensch, doch diese Marktsituation ist unerträglich und die Regulierer müssten sich vertiefter mit dieser Materie befassen. Ende der 1990er-Jahre konnte durch Infrastrukturwettbewerb der damaligen Netz-Investoren Colt, Verizon, Sunrise, SBB, Commcare, Gas&Com, EVUs und anderen kleineren Anbietern der Markt etwas angeheizt werden. Grosse Marktverschiebungen blieben aber aus und Swisscom hielt die meisten Anbieter bis heute clever in Schach.

Nicht umsonst liegen deshalb beim derzeitigen und noch offenen Glasfaserstreit die Nerven blank. Um Marktanteile im Geschäftskundenbereich gewinnen zu können, sind innovative, auf Kunden zugeschnittene Dienste und Differenzierungen gerade im Infrastrukturbereich nötig. Und diese werden durch den derzeitigen (und richterlich vorsorglich gestoppten) Richtungswechsel der Swisscom-Fiber-Ausbauten mit Punkt-zu-Multipunkt-Architekturen mehr oder minder verhindert.


Das monopolistische Verhalten von Swisscom zeigt sich in diesem Bereich seit Jahren von seiner besten Seite. Die Separierung von Infrastruktur- und Service-Firmenteilen habe ich bereits früher kommentiert und würde in dieser Sache helfen. Doch wann werden diese Marktanteile von Amtes wegen unter die Lupe genommen? Es wäre höchste Zeit aufzuwachen und zu agieren.

Luzi von Salis

Luzi von Salis ist Geschäfts­führer der Firma Von Salis ­Engineering und agiert als Interim-­Manager, Konsulent sowie als «Business Troubleshooter» im ICT-Sektor. In seiner Kolumne kommentiert und beleuchtet er aktuelle Themen aus dem ICT-Bereich.
luzi.vonsalis@vseng.ch


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