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Start-up Authena.io: Traubensaft auf der Blockchain
Quelle: Authena.io

Start-up Authena.io: Traubensaft auf der Blockchain

Wie viele andere Luxusprodukte wird auch Wein gerne gefälscht. Authena.io kombiniert Blockchain- und NFC-Technologie, um das wertvolle Nass zu schützen und gleichzeitig Mehrwert zu generieren.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2022/04

     

Wo ein wertvolles Objekt ist, ist ein Fälscher meist nicht weit. Es gibt wohl kaum ein Luxusprodukt, das nicht in der einen oder anderen Form schon einmal kopiert wurde. Im Falle von gutem und damit meist nicht ganz billigem Wein ist das durchaus ein relevantes Problem, wie Matteo Panzavolta, CEO von Authena.io, schildert: «Es gibt auf Ebay einen grossen Markt für leere Weinflaschen von edlen Marken», wie er sagt. Was mit einer solchen Flasche im Anschluss passiert, liegt auf der Hand: Sie wird mit minderwertigem Wein aufgefüllt, möglichst originalgetreu verschlossen und wieder auf den Markt geworfen – natürlich zum hohen Preis, den die Etikette rechtfertigt.

Panzavolta selbst hat langjährige Erfahrung als Executive in den Bereichen Marketing, Operations und Innovation. «In allen Unternehmen, in denen ich in all den Jahren gearbeitet habe, gab es ein gemeinsames Problem: Die Produkte wurden regelmässig gefälscht», wie er ausführt. Wenn es Lösungsansätze für dieses Problem gab, so wären sie stehts teuer und aufwendig in der Implementierung gewesen. Die Lösung, die er mit seinem Start-up Authena.io entwickelt hat und vermarktet, fand sich in der Kombination aus IoT und Blockchain: «Das war der Startpunkt für Authena», so der Gründer und CEO.


Das 2018 gegründete Zuger Unternehmen bietet nach eigenen Angaben einen Service für «sofortiges, identifizierbares Vertrauen in der gesamten Wertschöpfungskette», wie der CEO zu Protokoll gibt. Auf technologischer Seite setzt man dazu wie erwähnt IoT- und Blockchain-Lösungen ein, «um eine Vertrauensbrücke zwischen einer Marke und dem Kunden zu bauen.» Einfach gesagt erlaubt Authena einer Marke also, ihre physischen Produkte mithilfe von Blockchain-Technologie dokumentierbar als einzigartig und echt zu markieren. Dies in Kombination mit etwas Hardware, das am schützenswerten Objekt angebracht wird. Erarbeitet wurde die vorliegende Lösung für fälschungssicheren Wein in Zusammenarbeit mit der Schuler St. Jakobs Kellerei mit Hauptsitz in Seewen-­Schwyz.

Das Siegel brechen

Die technologische Grundlage für den Fälschungsschutz der Schuler Weine ist Authena Shield, bestehend aus drei Elementen: einem physisch-digitalen Siegel, das an der Flasche angebracht wird, einer Mobile App für den Konsumenten und einem Producer Dashboard für den Hersteller des Produkts. Das Siegel, ein Near Field Communication (NFC) Chip, läuft am Flaschenhals entlang über den Verschluss der Flasche und kann damit registrieren, ob das Gebinde bereits geöffnet wurde oder nicht. Der Chip sendet damit eine von zwei verfügbaren IDs – eine für den geöffneten und eine für den geschlossenen Zustand. Damit verbunden wird die Existenz der Flasche auch auf der Ethereum-Blockchain abgebildet und ist damit sicher vor Fälschungen oder Kopien. Mit der ID verlinkt sind dabei Informationen zum Wein, beispielsweise die Badge-Nummer und der Produktname.

Mit der zugehörigen App lässt sich das Siegel scannen, womit sich in erster Instanz kontrollieren lässt, ob es sich um einen ungeöffneten, echten Wein handelt. Auch können in der App weitere Informationen zum Produkt angezeigt werden. «Im Falle von Wein können wir etwa die dazu passenden Speisen empfehlen oder dem Konsumenten mitteilen, wie lange er den Wein atmen lassen sollte, bevor er getrunken wird», so Panzavolta. Und er fügt an: «Je nachdem, ob der Wein bereits geöffnet wurde oder nicht, kann das sogar unterschiedlicher Content sein.»


Geschützt werden mit der Lösung nicht nur Flaschen, sondern auch en-primeur gekaufter Wein, auch Subskriptionsweine genannt. Beim En-primeur-Kauf werden statt der Flasche Zertifikate für Flaschen eines Jahrgangs gekauft, der sich noch in der Produktion befindet. Man erwirbt also, bevor der Wein die Kelterei verlassen hat, die Flasche im Voraus und bekommt das Produkt später, meist zu einem besseren Preis. Mit diesen Zertifikaten wird wie mit den Flaschen selbst Handel betrieben. «Hier gab es in der Vergangenheit ebenfalls viele Betrugsfälle», wie der Authena-CEO weiss.

Bei den Zertifikaten für die Subskrip­tionsweine werden wie bei den Flaschen NFC-Chips aufgeklebt und auf der Blockchain gespeichert. Wenn die Flasche schliesslich ausgeliefert wird, ist die NFC-ID der Flasche mit der des Zertifikats verlinkt. «Der En-primeur-Markt funktioniert im Prinzip gleich wie vor 100 Jahren, vieles davon ist vertrauensbasiert. Unsere Lösung bietet einen Level an Sicherheit, den es in diesem Bereich bisher so nicht gab», so Matteo Panzavolta.

Betreffend Konkurrenz ist Authena gut aufgestellt, die Patente für Europa und die USA wurden bereits eingereicht. Es habe zwar bereits einige Versuche gegeben, mithilfe von Hologrammen oder QR-Codes Weinflaschen fälschungssicher zu machen, doch was man mit dem Auge sehen kann, könne eben auch gefälscht werden. Auch deckt nach seinen Angaben keine andere Lösung ausser Authena Shield das Problem mit den geöffneten und nachgefüllten Flaschen wirklich ab.

Nicht nur schützen, sondern anreichern

Danach gefragt, ob sich das Siegel und der ganze Aufwand um die Fälschungssicherheit auch für eine 20-Franken-Flasche lohnen würde, betont der CEO die Relevanz des Mehrwerts für Produzent und Konsument. «Auf der einen Seite hat man den Echtheitsschutz des Produktes. Auf der anderen Seite ermöglicht man aber auch die Interaktion mit dem Kunden», wie er erklärt. Die Lösung generiert einen Mehrwert für Kunden dank der zusätzlichen Information zum Produkt, womit sich der laut Panzavolta «minimale Aufpreis» auch lohnt. In der heutigen Zeit ebenfalls nicht zu verachten sind potenzielle Nutzungsdaten, die ein Hersteller zu seinem Produkt erhält. Das Datensammeln hat aber natürlich seine Grenzen, da die NFC-Tags nicht aktiv Informationen senden. Der Produzent sieht also nur, ob eine Flasche geöffnet wurde oder nicht, wenn der Konsument das Produkt nach dem Öffnen scannt und damit den entsprechenden Datenpunkt generiert.

Die Lösung wird im As-a-Service-Modell verkauft, der Preis richtet sich nach verschiedenen Parametern wie der genauen Ausführung in Bezug auf das verfügbare Nutzerengagement und der Stückzahl. «Der Aufpreis für den Hersteller ist aber selbst bei einer Flasche für 20 Franken nicht wirklich relevant», wie Panzavolta versichert. «In der einfachsten Ausführung liegt der Preis deutlich unter einem Franken pro Produkt.»


Neben Authena Shield, das im hier beschriebenen Beispiel für das passive Tracking und den Schutz von Weinflaschen genutzt wird und auch für Cremen oder Pulver verschiedener Arten zum Einsatz kommen soll, entwickelt Authena noch die beiden Produkte Live und Meta. Bei Authena Live handelt es sich um ein aktives Tracking-System, das etwa in der Pharmaindustrie oder bei Luxusprodukten wie Uhren zum Einsatz kommen wird, während Authena Meta als Plug-and-Play-Lösung die Vorteile von Shield ins Metaverse trägt. Sowohl Authena Live wie auch Authena Meta sind derzeit noch in der Beta-Phase und damit erst in Pilotprojekten im Einsatz.

Ein guter Mix

Authena wurde 2018 von Matteo Panzavolta und dem heutigen Chief Product Officer Nicola Fantini gegründet und schloss 2021 eine Finanzierungsrunde über 2,3 Millionen Franken ab. Investiert haben neben Privatpersonen aus der Schweiz und den Vereinigten Königreich auch der US-Innovationsfond Ecliptic Capital. Eine weitere Finanzierungsrunde läuft derzeit und soll noch im laufenden Jahr 2022 abgeschlossen werden.

Authena beschäftigt heute rund 20 Personen. Das Management-Team ist in der Schweiz stationiert, die Entwicklung der technischen Komponenten wird derweil im Ausland erledigt, unter anderem in Polen und der Ukraine. «Ich bin sehr glücklich mit dem Team, das wir haben», so Panzavolta. «Wir haben einen guten Mix aus unternehmerischer Erfahrung, technischer Expertise und Wissen zu den Märkten, in denen wir arbeiten.»


In den kommenden Jahren will man mit seinen Lösungen in weitere Branchen vordringen und vor allem stark wachsen. Panzavolta führt aus: «Schon in diesem Jahr wollen wir in eine grössere Rollout-Phase kommen und erwarten ein starkes Umsatzwachstum von über 400 Prozent und eine Verdopplung der Mitarbeiterzahl. Damit sind wir dann bereit für den nächsten Wachstumsschritt im Jahr 2023.» (win)


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