In-Ear-Kopfhörer zu testen ist angesichts der unzähligen Modelle, die es am Markt gibt, und der überschaubaren Unterscheidungsmerkmale nur beschränkt spannend. Wenn nun aber ein Hersteller wie
Sony plötzlich ein "bahnbrechendes Kopfhörer-Design" verspricht und tatsächlich In-Ear-Stöpsel auf dem Markt bringt, die sich doch gänzlich von dem unterscheiden, was sonst käuflich erworben werden kann, wird unser Interesse natürlich geweckt. Und das zu Recht.
Die Sony Linkbuds unterscheiden sich allein schon optisch von allem, was man sonst so aus dem In-Ear-Kopfhörermarkt kennt. Sie bestehen in Wesentlichen aus zwei Elementen – einer Art Kugel, etwa so gross wie eine kleine Murmel, in der wohl das Gros der Elektronik und der Akku untergebracht sind, sowie einem Ring mit einem Loch in der Mitte. Bei den Linkbuds nämlich wird nichts in den Gehörgang gestöpselt, vielmehr wird ebendieser Ring – der stark an einen Mini-Donut erinnert – auf den Gehörgang aufgelegt, wodurch Umgebungsgeräusche durch das Loch in der Mitte quasi freien Zugang zum Gehörgang haben. Musik oder Sprache geben die Linkbuds derweil aus dem Ring um den Gehörgang ab. Dadurch hört man gleichermassen, was aus den In-Ears kommt und was sich in der Umgebung abspielt – ähnlich der Transparenzmodi, die man von Kopfhörern mit Noise Cancelling kennt, allerdings viel natürlicher, weil nichts durch Mikros aufgefangen und elektronisch verstärkt wird. Gleichzeitig ist es mit den Linkbuds aber konzeptbedingt nicht möglich, Umgebungsgeräusche zu unterdrücken – wer dies wünscht oder Ohrhörer sucht, die die Gehörgänge möglichst dicht abschliessen, braucht nicht weiterzulesen.
Die Linkbuds bieten vielmehr ein natürliches Klangerlebnis, wie man dies mit In-Ears bislang noch nicht kannte. Dazu trägt auch das geringe Gewicht von rund 4 Gramm pro Ohrteil bei und die Tatsache, dass nichts ins Ohr gesteckt wird, sondern die In-Ears eher On-Ears sind – wie erwähnt aufliegen. Dabei halten die Linkbuds überraschend gut im Ohr, wobei Sony mit den Ohrhörern eine Auswahl an Plastikringen mit einer Ausbuchtung mitliefert, mit denen sie in der Ohrmuschel eingeklemmt werden können – was wirklich gut und vor allem komfortabel gelingt, wenn die passende Grösse mal gefunden ist. So lassen sich die Linkbuds problemlos den ganzen Tag tragen, ohne dass sie stören würden.
Obwohl: Für den ganzen Tag reicht der Akku bei weitem nicht.
Sony gibt als Laufzeit maximal fünfeinhalb Stunden an – im Test schafften wir knapp fünf Stunden. Das mitgelieferte und kompakte Case liefert weitere 12 Stunden Akkulaufzeit, und nach 10 Minuten Laden kann man wieder 90 Minuten Musik hören. Was am Case, das übrigens wie der Rest der Linkbuds aus rezykliertem Kunststoff ist, etwas stört, ist die Tatsache, dass der Deckel arg lotterig wirkt.
Die Kopfhörer können auch für den Sport verwendet werden, sie sind nach IPX4 gegen Spritzwasser und Schweiss geschützt. Allerdings: Beim Joggen beispielsweise sind sie uns permanent rausgefallen, dafür reichen die Befestigung mittels Silikonring dann doch nicht. Das ist schade, denn insbesondere beim Joggen schätzt man es, wenn man die Umgebung hört.
Mit dem Endgerät verbunden werden die In-Ears mittels Bluetooth 5.2, wobei Multipoint-Verbindungen – also die gleichzeitige Verbindung etwa mit dem Handy und dem PC – nicht unterstützt werden. Empfohlen sei die Installation der App Headphones Connect, die es für iOS und Android gibt und die man ohne Einrichten eines Accounts nutzen kann – keine Selbstverständlichkeit. Über diese App lassen sich zahlreiche Einstellungen vornehmen. So kann man beispielsweise die adaptive Lautstärkeregelung aktiveren, mit der die Kopfhörerlautstärke angehoben wird, wenn die Umgebungsgeräusche lauter werden. Allerdings: Nutzt man diese Feature beispielsweise in einem Café, wo eine Vielzahl Geräusche entstehen, pumpt das Ganze recht stark, wobei das Laut- und Leisermachen immer mit etwa Verzögerung passiert. Ebenfalls kann man via App festlegen, was durch Antippen gesteuert wird. Dies ist, sofern man die Option "Weitbereich-Antippen" aktiviert, auch möglich, indem man den Wangenknochen vor dem Ohr anstelle des eigentlichen Ohrhörers antippt, was ganz hervorragend funktioniert. Pro Seite können übrigens maximal zwei Funktionen (2- und 3-Mal antippen) definiert werden. Praktisch ist auch die Funktion Speak to Chat, mit der die Musik automatisch stoppt, sobald man spricht, und danach automatisch wieder startet.
Erhältlich sind die Sony Linkbuds (WF-L900) in Weiss und Anthrazit für 199 Franken.
(mw)