Nun zwingt die Politik in vielen Ländern die Unternehmen mittels Home-Office-Pflicht, ihre Mitarbeiter von Zuhause aus arbeiten zu lassen. Dies könnte sich schon bald rächen. Es gibt wahrscheinlich kaum ein Unternehmen, das sich in der aktuellen Zeit überhaupt nicht mit Digitalisierung beschäftigt. Durch die Coronapandemie sind Unternehmen seit einem Jahr praktisch gezwungen, ihre Prozesse und Abläufe anzupassen, gerade weil aktuell viele Personen nicht mehr im Grossraum-Office arbeiten. In der Schweiz rufen die meisten Personen nach Home Office und fordern dieses regelrecht, als wäre es ein Grundrecht in der Wirtschaft. Die Motivation dahinter kann verschieden sein. Ich habe bereits die unterschiedlichsten Antworten erhalten. Von «weniger arbeiten» bis zu «da muss ich mich nicht in den Anzug zwängen, sondern kann im Pyjama von der Couch aus arbeiten», gibt es alles. Was die meisten Schweizer jedoch nicht beachten, ist die langfristige Entwicklung. Was wird wohl geschehen, wenn nun ein Grossteil der Unternehmen sich so gut anpasst, dass sie es schaffen, einen Grossteil der Mitarbeitenden für immer ohne Probleme von zu Hause aus arbeiten zu lassen, ohne dass sie im Gegenzug Umsatzeinbussen hinnehmen müssen? Kann es sein, dass sich dann der eine oder andere Unternehmer/Executive überlegt, den teuren, anspruchsvollen Schweizer durch einen günstigeren, flexibleren Ausländer zu ersetzen? Meiner Meinung nach ist es nur eine Frage der Zeit, bis dies geschehen wird. Klar kann man nicht jeden Job outsourcen, aber vielleicht mehr, als Herr und Frau Schweizer denken. Nur schon, ob ein teurer Schweizer aus dem Home Office in Zürich die Buchhaltung macht oder jemand aus Stuttgart von Zuhause aus, kann eine immense Kostenersparnis herbeiführen. Geschweige denn, wenn jemand dies aus Indien macht.
Ein zweiter spannender Punkt zum Thema Home Office ist folgender: In den meisten Unternehmen haben die Leute zwei Jobs. Der erste Job ist ihre eigentliche Aufgabe und der zweite Job die Aufgabe, einen guten Eindruck zu hinterlassen und diesen Eindruck zu pflegen. Dies ist für das Unternehmen nicht optimal, da durch den zweiten unproduktiven Job viel Zeit und Energie verloren gehen. Durch das Home Office rückt dieser zweite Job immer mehr in den Hintergrund. Es kommt immer weniger darauf an, einen oberflächlichen, vordergründig guten Eindruck zu hinterlassen, denn am Ende des Tages zählt nur das Resultat. Da man sich nicht täglich die ganze Zeit sieht, kann man stärker an der tatsächlichen Aufgabe arbeiten, als ständig die Energie aufzubringen, um etwas vorzuspielen, damit der Chef, der gerade daneben sitzt, einen guten Eindruck hat.
Die Qualität der Arbeit in der Schweiz wird von den meisten Schweizern mit Arroganz überschätzt. Klar haben wir einen relativ hohen Standard, aber wir müssen uns bewusst sein, dass das Ausland stark aufgeholt und uns an vielen Orten überholt hat. Falls die Unternehmen «ihr Haus» nun so bauen, dass günstigere Personen den Job genau gleich gut oder sogar besser erledigen können, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich viele Schweizer Arbeitnehmer wünschten, dass sie sich nicht so weit aus dem Fenster gelehnt hätten.